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Altruismus

    Tue so viel Gutes, wie du kannst, und mache so wenig Gerede wie nur möglich darüber.
    Charles Dickens

    Sind wir glücklich, weil wir gut sind, oder sind wir gut, weil wir glücklich sind?
    Victor Hugo

    Altruismus bezeichnet ein Verhalten, das „selbstlos“ und „uneigennützig“ erfolgt und damit im Gegensatz zum Egoismus steht. Ein Mensch, der altruistisch handelt, opfert sich oder seine Mittel im Sinne reiner Menschenliebe auf, um anderen zu helfen. Geprägt hat diesen Begriff der Mathematiker, Philosophen und Mitbegründer der Soziologie Auguste Comte. Während Charles Darwin den Altruismus mit der Evolutionstheorie als vereinbar sah und diese sogar für eine Ausbreitung altruistischen Verhaltens verantwortlich machte, war Bernard Mandeville der Meinung, jeglichem Altruismus lägen letztendlich egoistische Triebe und Affekte zugrunde. Altruismus erwies sich aber im Laufe der Evolution nach Ansicht von Experten wohl als wichtiger Faktor für die menschliche Entwicklung, denn je großzügiger sich die Mitglieder einer Gruppe untereinander verhielten, desto größer war der Überlebensvorteil der Gemeinschaft.

    Grundsätzliches: Menschen handeln häufig als Egoisten und das funktioniert für sie individuell oft auch sehr gut. Lerntheoretisch betrachtet sind Menschen meist sehr gut in der Lage, ihr Verhalten so einzurichten, dass sie negative Konsequenzen für sich selbst vermeiden können. Das gelingt Menschen allerdings vor allem dann, wenn solche Konsequenzen zeitnah eintreten, doch wenn Rückmeldungen verzögert eintreffen, können sie sich nur schwer darauf einstellen. Dies wird beispielsweise auch im Umgang mit dem Klimawandel, Flüchtlingsströmen oder Pandemien deutlich. Hinzu kommt, dass Menschen sehr dazu neigen, die Bedeutung negativer, aber eher unwahrscheinlicher Konsequenzen zu unterschätzen. Auch gelingt solidarisches Verhalten vielen Menschen meist nur dann gut, wenn sie sich gegenüber Nahestehenden empathisch verhalten sollen, hingegen ist es für sie schwerer umsetzbar, wenn sie Solidarität mit Menschen aufbringen sollen, die ihnen als abstrakte Gruppe wie Flüchtlinge oder Vulnerable gegenüberstehen.


    1. Definition
    [zu lat. alter > der andere] der, -, die dem → Egoismus entgegengesetzte sittl. Einstellung, >für andere zu leben<, Selbstlosigkeit im Denken, Fühlen und Handeln. Nach sozialpsychologischen Forschungen ist der Altruismus nicht immer durch die Erwartung einer Belohnung erklärbar, dagegen aber als prosoziales Verhalten meist abhängig von sozialen Normen sowie Persönlichkeitsfaktoren und Situationsvariablen (z.B. Unselbstständigkeit des anderen) (vgl. Ohne Autor, 1986, Band I S. 450).
    2. Definition
    Altruismus beinhaltet, daß man das Wohlergehen, die Interessen und das Überleben anderer über das Eigenwohl, Selbstinteresse und das eigenen Überleben stellt. Praktisch bedeutet Altruismus, daß man sich in riskanten Situationen so verhält, daß Sicherheit, Interesse oder Leben anderer begünstigt werden, möglicherweise zu Lasten der eigenen Person (Zimbardo, 1988, S. 434).
    3. Definition
    [lat.], Selbstlosigkeit im Denken und Handeln, Nächstenliebe. Das Wort wurde als rein innergesellschaftlicher Begriff von Auguste Comte (1798 – 1857) eingeführt (Ohne Autor, 1995, S. 22).
    4. Definition
    Altruismus (lat. alter ‚der Andere‘) ist definiert als eine Verhaltensweise, die einem Individuum mehr Kosten als Nutzen einbringt zugunsten eines anderen Individuums (vgl. Lenzen, 2003, S. 112).
    5. Definition
    Altruismus [lat. alter > der andere], im Ggs. zum → Egoismus stehende Rücksichtnahme auf andere. Selbstlosigkeit im Denken, Fühlen und Handeln. Die sozialps. exp. Forschung hat zu zeigen versucht, daß >>helfende Verhalten<< keineswegs immer auf unmittelbar triebabhängige Belohnung zurückgeführt werden kann. Kognitivistische und mediationstheoretische Erklärungen verweisen auf die Wirksamkeit von Normen und Situationsvariablen (vgl. Dorsch, 1976, S. 24).

    Anmerkung: Der Mensch ist eigentlich von Natur aus sozial und bereit zu helfen, wobei die menschliche Kultur vor allem durch Kooperation entstanden ist. Allerdings ist der Mensch von der Evolution her nicht auf Situationen angelegt, in denen er auf Fremde trifft, sondern er ist darauf angelegt, vor allem jenen Menschen zu helfen, die er gut kennt. Dabei dürfen das auch nicht zu viele sein, denn der Mensch hat sich in überschaubaren Gruppen entwickelt, wie es sie etwa noch auf dem Land gibt. Das Leben in der Stadt läuft unter völlig anderen Bedingungen ab, sodass die menschliche Hilfsbereitschaft in Extremsituationen auf engere Beziehungen beschränkt bleibt.


    Altruismus und sozialer Status

    Psychologische Untersuchungen zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen dem sozialen Status und den sozialen Überzeugungen und Handlungen von Menschen besteht, wobei Menschen mit geringem Prestige eher gemeinschaftliches Verhalten zeigen und an sozialer Gleichheit orientierte Werte vertreten, als solche, die einen hohen Status innehaben. Dieser Zusammenhang findet sich schon bei Kleinkindern, denn Vorschüler mit geringem Sozialprestige waren in Versuchen eher bereit, anderen Kindern zu helfen, selbst wenn das mit größerem Aufwand verbunden war. Dieses Muster der Beziehung zwischen sozialer Hierarchie und Altruismus taucht nach Untersuchungen von Guinote et al. (2015) auf, bevor die Kinder lesen können und bevor sie komplexe moralische Überlegungen und soziale Wahrnehmungen anstellen können. In einem Experiment wurden Kindern von durchschnittlich 4,7 Jahren jeweils zwei gleichaltrigen Kindern desselben Geschlechts zwei Spielzeuge zur Auswahl präsentiert: ein beliebtes und ein weniger beliebtes. Wer sich im Wettbewerb um das beliebtere Spielzeug durchsetzte, kann daher als höher stehend gelten. Danach wurden die Kinder gefragt, ob sie von Stickern, die sie erhalten hatten, einige an ein angebliches Kind im Krankenhaus ohne Sticker abgeben möchten, wobei die „Verlierer“ im Schnitt häufiger und mehr Sticker an vermeintlich kranke Kinder abgaben als die Gewinner. Für Erwachsene gilt Ähnliches, denn Menschen mit niedrigem Status helfen eher und zeigen eher altruistische Züge als Menschen mit höherem Prestige, die mehr Wert darauf legen, kompetent zu erscheinen als hilfsbereit. Das kann man auch im Alltag leicht beobachten, dass Bettler eher von jenen Menschen Geld erhalten, die selber nicht so weit von diesen im Hinblick auf ihren sozialen Status entfernt sind. Erwachsene mit geringerem Status ergreifen im übrigen auch häufiger einen Beruf, der der Gemeinschaft dient, und vertreten sozialere und universellere Werte als Menschen mit hohem Status. Man vermutet, dass Hilfsbereitschaft und partnerschaftliches Verhalten eine evolutionär begründete Anpassungsstrategie für Menschen in niedriger Position darstellt.

    Es ist in der Psychologie daher umstritten, ob Altruismus angeboren oder anerzogen ist, doch ist es sehr wahrscheinlich, dass Kinder diesen Einstellung auch auf eine nonverbale Weise etwa über Modelle lernen. In Untersuchungen konnte man zeigen, dass schon Kleinkinder ab einem Alter von 15 Monaten einen Sinn für Fairness und Gerechtigkeit entwickeln, denn sie waren bereit, ihr Lieblingsspielzeug zu teilen oder bemerkten, wenn jemand weniger zu essen bekam als ein anderer, und reagierten darauf mit Überraschung.

    Spiegelneuronen als weitere Basis von Altruismus und Empathie

    2004 hatte Tania Singer erstmals nachgewiesen, dass das menschliche Gehirn mit den Gefühlen von anderen Menschen mitschwingt, indem etwa Frauen, deren Männer einen Schmerzreiz erhielten, Aktivität in denselben Gehirnregionen zeigten, wie wenn ihnen der Schmerz selbst zugefügt worden wäre. Diese Forschung basierte auf dem Konzept der Spiegelneuronen, das Neurobiologen in den 1990er-Jahren bei Makaken entdeckt hatten, wobei sie beobachteten, dass bestimmte Nervenzellen nicht nur feuerten, wenn ein Affe eine Bewegung selbst machte, sondern auch dann, wenn er dabei zusah, wie die Bewegung ein anderer ausführte. Ob Menschen altruistisch handeln, hängt im Übrigen auch stark von der individuellen Persönlichkeit und der Situation ab, denn allein Empathie führt noch nicht zu prosozialem Verhalten, schließlich kann sich auch ein Soziopath auch in die Lage eines anderen versetzen, nutzt dies aber zu seinen eigenen Zwecken. Ein wesentlicher Faktor für Altruismus ist nämlich auch, wie gut man sein Gegenüber kennt bzw. wie viele Gemeinsamkeiten mit diesem vorhanden sind.
    Echte Empathie geht daher über den Prozess eines automatischen Kopierens hinaus und kann durchaus auch aktiv gesteuert werden, wobei es darum geht, zwischen den eigenen und den fremden Emotionen zu unterscheiden. Ob ein Zeuge eines Autounfalls Hilfe leistet oder sich aus einer Stressreaktion heraus abwendet, hängt davon ab, inwieweit die Person die negativen Eindrücke mit seinen eigenen Gefühlen vermischt. Im Gehirn ist der rechte temporoparietale Übergangskortex für die Abgrenzung zwischen Selbst und Anderem zuständig, dann ist er aktiv, dann gelingt die Unterscheidung zwischen eigenen und fremden Empfindungen. Ein solcher konstruktiver Umgang mit Emotionen, ohne die Empathie zu verlieren, muss und kann trainiert werden, denn schließlich darf sich auch ein Arzt oder Psychotherapeut nicht von seinem Mitgefühl für den Klienten überwältigen lassen.

    Es gibt auch negative Auswirkungen des Altruismus: Menschen, die überzogen selbstlos und altruistisch sind, die helfen, weil sie hoffen, dadurch von anderen Anerkennung zu bekommen, sind gefährdet, an Depressionen, einem Helfersyndrom und Burnout zu erkranken, da sie eigene Bedürfnisse völlig vernachlässigen, sich selbst ausbeuten und sich überfordern.

    Modelle zur Erklärung des menschlichen Altruismus

    • Modelle für Verhalten in Notfallsituationen bzw. in Nicht-Notfallsituationen, d. h., in Notfällen müssen unter Zeitdruck Hilfeentscheidungen getroffen werden, die langfristige Konsequenzen für den Hilfeempfänger haben können.
    • Situationsspezifische Modelle machen das Auftreten altruistischer Verhaltensweisen von situativen Determinanten abhängig, wie Stimmungen, Zeitdruck, Umgebungsvariablen.
    • Lerntheoretische und sozialisationstheoretische Modelle versuchen, hilfreiches Verhalten durch die Aktivierung sozialer Normen und Standards zu erklären (z.B. Norm der Verantwortung (soziale Verantwortung), der Gegenseitigkeit).
    • Persönlichkeitsspezifische Ansätze postulieren Altruismus als Disposition.
    • Austauschtheoretische Modelle basieren auf Kosten-Nutzen-Analysen (Kosten-Nutzen-Kalkulation) und sind im Prinzip mit den definitorischen Merkmalen des A. nicht vereinbar;
    • Prozessmodelle des Altruismus umfassen eine Abfolge einzelner Schritte, die erfolgreich abgeschlossen sein müssen, damit es zu einer Hilfeleistung kommt, wie z.B. die Interpretation einer Notlage, die erforderliche Kompetenz zur Hilfe etc.
    • Soziobiologische Modelle stellen den funktionalen Stellenwert des hilfreichen Verhaltens für die nächsthöhere Einheit in den Vordergrund, wie z.B. Weiterleben der Familie, der Gruppe, der Art etc.
    • Modelle zur Erklärung des Verhaltens von Hilfeempfängern konzentrieren sich auf die Situation des Hilfeempfängers, der sowohl durch die Notlage, aus der er sich ohne Hilfe nicht befreien kann, als auch durch das unmissverständliche, erlebte Gefühl der Abhängigkeit von anderen möglicherweise sein Selbstwertgefühl bedroht sieht.

    Altruismus bei Menschenaffen

    In einer Studie (Steve Chang et al., 2012) an Menschenaffen konnte gezeigt werden, dass Altruismus ofenbar im Gehirn verankert ist, d. h., im Gehirn von Affen gibt es Nervenzellen, die auf Uneigennützigkeit spezialisiert sind: Sie sitzen in einem kleinen, gefurchten Bereich hinter den Augen und werden vor allem dann aktiv, wenn ein Tier einem anderen bewusst eine Belohnung zukommen lässt. Frühere Studien hatten gezeigt, dass altruistische Entscheidungsprozesse im vorderen Teil des Gehirns stattfinden, vor allem im orbitofrontalen Cortex. Allerdings entscheidet diese Region nicht allein darüber, wie uneigennützig ein Affe handelt, sondern zwei weitere Areale in direkter Nachbarschaft (der tiefer liegende Gyrus cinguli und der direkt darüber liegende Sulcus cinguli) bewerten zusätzlich, wie wichtig diese Belohnung für die Gemeinschaft bzw. wie der Wert für das persönliche Wohlergehen einzuschätzen ist. Man vermutet, dass auch beim Menschen ein ähnliches Zusammenspiel von Gehirnarealen über den Grad an sozialem oder antisozialem Verhalten entscheidet.

    Hilfsbereitschaft gegenüber Einzelnen und Gruppen

    Studien haben übrigens gezeigt, dass das Schicksal eines Einzelnen zu größerer Hilfsbereitschaft motiviert als das Unglück vieler, sodass Hilfsorganisationen immer das Schicksal einzelner Kinder in ihren Spendenaufrufen thematisieren und nicht das einer ganzen Gruppe. Es zeigte sich in Experimenten, dass ein Kind mehr Spenden erhielt als im Vergleich zwanzig Buben und Mädchen mit einem ähnlichen Schicksal zusammen. Offenbar rühren Zahlen oder das Schicksal großer Gruppen wenig an die Gefühle und wecken kaum Empathie, da man angesichts so vieler Hilfsbedürftigen eher ein Gefühl der Ohnmacht entwickelt. Vermutlich müssen Spender das Gefühl entwickeln können, durch ihre Spende etwas konkret zu bewirken, d. h., je machtloser ein Spender sich angesichts massenhaften Elends fühlt, desto eher verzichtet er darauf, überhaupt zu spenden. Umfragen haben übrigens gezeigt, dass jene Menschen eher glücklich mit sich und ihrem Leben sind, die regelmäßig für gute Zwecke spenden.

    Altruismus und Gehirn

    Frühere Studien haben gezeigt, dass soziale Kategorien wie Geschlecht, Einkommen oder Ausbildung unterschiedliches altruistisches Verhalten kaum erklären können. Neuere neurowissenschaftliche Studien (Morishima et al., 2012) legen nahe, dass Unterschiede in der Hirnstruktur mit Unterschieden in Persönlichkeitsmerkmalen und Fähigkeiten zusammenhängen können. Es zeigte sich, dass Menschen, die sich altruistischer verhalten, auch mehr graue Hirnsubstanz in der Übergangsregion zwischen Scheitel- und Schläfenlappen aufweisen. Bei egoistischen Menschen ist dieses kleine Areal schon bei geringen Kosten einer altruistischen Handlung aktiv, bei altruistischen hingegen wird diese Hirnregion erst dann aktiv, wenn die Kosten bereits sehr hoch sind. Die Hirnregion ist folglich dann besonders stark aktiv, wenn Menschen an die Grenzen ihrer Bereitschaft gelangen, altruistisch zu handel, da zu diesem Zeitpunkt, die grösste Notwendigkeit besteht, den natürlichen Egozentrismus des Menschen durch Aktivierung dieser Hirnregion zu überwinden.
    Neuere Untersuchungen (Obeso et al., 2018) in Bezug auf das menschliche Gehirn zeigen, dass der rechte temporoparietalen Cortex, eine Hirnregion eine Schlüsselrolle bei der Steuerung sozialer Entscheidungen hat, denn in einem Versuch mussten Probanden entscheiden, ob und in welcher Höhe sie Geld an unterschiedliche Organisationen spenden wollten. Dabei stimulierte man den rechten temporoparietalen Cortex elektromagnetisch, um festzustellen, welcher Beweggründe – grundsätzliche Hilfsbereitschaft, Reputationsüberlegungen oder das Abwägen von moralischen und materiellen Motiven – in diesem Gehirnareal angelegt ist. Es zeigte sich, dass die Studienteilnehmer naheliegenderweise grundsätzlich dazu tendierten, gute Zwecke zu unterstützen und schlechte Zwecke abzulehnen. War der finanzielle Anreiz jedoch genügend groß, gingen sie von altruistischem zu egoistischem Verhalten über. Länger standhaft – und somit moralischer – blieben die Probanden, wenn die Forscher die Aktivität des rechten temporoparietalen Cortex mittels elektromagnetischer Stimulation senkten. Wird also dem Gehirn die Fähigkeit genommen, eigene Wertvorstellungen und finanzielle Anreize gegeneinander abzuwägen, halten Menschen offenbar eher an ihren moralischen Überzeugungen fest, und auch höhere finanzielle Anreize haben dann weniger Einfluss. Wussten die Probanden und Probandinnen, dass ihre Entscheidungen beobachtet wurden, handelten sie sozialer, als wenn sie im Geheimen entscheiden konnten, wobei auf diese Überlegungen zur eigenen Reputation die elektromagnetische Stimulation der untersuchten Hirnregion keinen Einfluss zeigte, ebensowenig wie auf die grundsätzliche Motivation, sich hilfsbereit zu verhalten. Daraus folgert man, dass der rechte temporoparietale Cortex nicht der Sitz altruistischer Motive an sich ist, sondern Menschen die Fähigkeit vermittelt, moralische und materielle Werte gegeneinander abzuwägen.

    Beziehung vor Gerechtigkeit bei Kindern

    In drei Experimenten an  Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren prüfte Paulus (2016), nach welchen Kriterien das Teilen von Besitztümern – hier in Form von Stickern –  vor sich geht. Die Kinder sollten dabei entscheiden, wie sie die Aufkleber entweder zwischen sich selbst, einem guten Freund und einem unbeliebten Spielkameraden teilen, oder nur zwischen einem beliebten und einem unbeliebten Kameraden, oder zwischen einem guten Freund und einem fremden Kind. Es zeigte sich, dass sie dabei beim Teilen der Sticker selbst fremden Kindern mehr Aufkleber gaben als einem unbeliebten Kameraden, insbesondere im Alter zwischen fünf und sechs Jahren. Das liegt vermutlich daran, dass Kinder in diesem Alter schon festere Freundschaften schließen und daher auch besser verstehen, dass Kameraden ihr großzügiges Verhalten vermutlich irgendwann erwidern werden, während sie das von Unbeliebten eher nicht erwarten. Den Kindern war demnach Freundschaft wichtiger als Fairness.

    Siehe dazu auch der Gerechte-Welt-Glaube.

    Literatur

    Chang, S. W. C., Gariépy, J.-F. & Platt, M. L. (2012). Area of Monkey Brain Keeps Tally of Altruistic Acts. Nature Neuroscience dx.doi.org/10.1038/nn.3287.
    Dorsch, F. (1976). Psychologisches Wörterbuch. Bern: Verlag Hans Huber.
    Guinote A. P. S., Guinote A., Cotzia I., Sandhu S. & Siwa P. (2015). Social Status Modulates Prosocial Behavior and Egalitarianism in Preschool Children and Adults. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America.
    Lenzen, M. (2003). Evolutionstheorien in den Natur- und Sozialwissenschaften. Frankfurt/Mainz: Campus Verlag.
    Morishima, Yosuke, Schunk, Daniel, Bruhin, Adrian, C Ruff, Christian & Fehr, Ernst (2012). Linking Brain Structure and Activation in Temporoparietal Junction to Explain the Neurobiology of Human Altruism. Neuron, 75, doi:10.1016/j.neuron.2012.05.021.
    Obeso, Ignacio, Moisa, Marius, Ruff, Christian C. & Dreher, Jean-Claude (2018). A causal role for right temporo-parietal junction in signaling moral conflict. eLife, doi:10.7554/eLife.40671.
    Ohne Autor (1986). Enzyklopädie (Band I S. 450). Mannheim: Brockhaus Verlag.
    Ohne Autor (1995). Lexikon der Psychologie (S. 22). Gütersloh: Bertelsmann Lexikon Verlag.
    Paulus, M. (2016). Friendship trumps neediness: The impact of social relations and others’ wealth on preschool children’s sharing. Journal of Experimental Child Psychology, 146, 106–120.
    Zimbardo, P. (1988). Psychologie. Berlin: Springer Verlag.
    DER STANDARD vom 21. Dezember 2011.
    http://www.berliner-zeitung.de/25002272 (16-11-01)
    http://www.sueddeutsche.de/wissen/psychologie-die-welt-liegt-in-asche-aber-lachen-muss-sein-1.3796744 (17-12-21)
    https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2019/Moral.html (19-03-14)


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