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Autismus

    Kurzdefinition: Autismus ist eine angeborene Störung der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung im Gehirn, die häufig mit verminderter, sehr selten auch überdurchschnittlicher Intelligenz und Spezialbegabungen wie einem fotografischen Gedächtnis einhergeht. Die Erkrankung ist u.a. gekennzeichnet durch eine eingeschränkte soziale Interaktion, zwanghaft wiederholte Verhaltensweisen sowie eine gestörte Sprachentwicklung. Eine kausale Therapie von Autismus ist nicht möglich.

    Da es zahlreiche Varianten gibt, versucht man dem Phänomen unter dem Oberbegriff Autismus-Spektrum-Störungen der offensichtlichen Vielschichtigkeit und Komplexität gerecht zu werden. Auf Vorschlag von Markram, Rinaldi & Markram (2007) sollte man den Autismus aus neurologischer Sicht ganz anders als bisher betrachten, denn die Neurologie eines Autisten sei eher durch ein Zuviel als ein Zuwenig in der neurologischen Aktivität gekennzeichnet. Sie schlagen daher das Intense World Syndrome als neuen Ansatz vor, der durch neuere neurologische Forschungen gestützt wird. Manche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind auch der Ansicht, dass man nicht jede Form von Autismus behandeln sollte, selbst wenn es irgendwann die Möglichkeit dazu gibt, denn viele Betroffene sehen sich selber vor allem bei milden Formen nicht als krank. Man sollte bei solchen Ausprägungen einfach von einer bloß etwas anderen Form der Persönlichkeit sprechen.

    Autismus ist nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung des Gehirns, wobei jetzt meist der Begriff „Störung“ zunehmend vermieden und durch „Neurodiversität“ ersetzt wird. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass der Autismus keine Krankheit wie eine Schizophrenie oder eine Psychose darstellt. Wie etwa die Händigkeit ist der Autismus somit eine angeborene Eigenschaft der betroffenen Menschen, also eine von einer wie immer gearteten Norm abweichender Modus bei der Verarbeitung von Information ihrer Gehirne. Bei Autisten sind Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung gestört, wobei optische, akustische oder taktile Reize  nicht eingeordnet werden können, und sich die einzelnen Sinneseindrücke nicht zu einem Ganzen zusammenfügen. Autisten nehmen Reize wie Geräusche und Gerüche daher anders wahr als Nichtbetroffene und lernen, interpretieren und verhalten sich daher anders.

    Bei einer Autismus-Spektrum-Störung fällt es den Betroffenen schwer, soziale Signale richtig zu deuten, sie nehmen ihr Umfeld oft sehr chaotisch wahr, und ungewohnte Situationen überfordern sie schnell. In der Regel sind erste Auffälligkeiten bereits vor dem dritten Lebensjahr erkennbar. Diese Kleinkinder können oft nicht zurücklächeln, suchen selten Blickkontakt und tun sich schwer, in soziales Spiel einzusteigen. Bei weniger ausgeprägten Formen von Autismus-Spektrum-Störungen kann aber auch manchmal erst im Erwachsenenalter eine sichere Diagnose gestellt werden. Es gibt viele Betroffene, die gut durchs Leben kommen, solange sie in ihrer Nische bleiben, und erst wenn sie dort heraus müssen und es fordernd wird, machen sie sich Gedanken, ob mit ihnen alles stimmt. Da es bei Autismus-Spektrum-Störungen es sehr viele Arten von Beeinträchtigungen gibt, muss immer eine individuelle Therapie zusammengestellt werden. Bei Betroffenen etwa, die nie sprechen lernen, braucht es ganz andere Fördermaßnahmen als bei jenen, denen es schwerfällt, Emotionen bei anderen Personen zu erkennen und zu deuten. In der Regel gilt: Je früher mit einer Therapie begonnen wird, umso besser lässt sich der Verlauf einer Autismus-Spektrum-Störung steuern, doch gänzlich heilbar ist sie nicht.

    Der Begriff Autismus bezeichnet demnach eine tief greifende Entwicklungsstörung, wobei traditionell unterschieden wird zwischen dem Kanner-Syndrom und dem Asperger-Syndrom. Das Kanner-Syndrom beschreibt den frühkindlichen Autismus, der sich als Mangel in der sozialen Interaktion bis hin zur völligen Abkapslung eines Kindes von seiner Umwelt manifestiert, wobei auch die sprachliche Entwicklung oft gestört ist. Betroffene Kinder können keine meist Beziehung aufbauen, aber auch ihre Phantasie ist oft schwer beeinträchtig, und manche zeigen eine verzögerte oder prompte Echolalie, aber auch wenn die sprachlichen Fähigkeiten weitgehend normal scheinen, ist der nonverbale Anteil oft unangemessen ausgeprägt. Übrigens: Neben den häufigsten Formen Asperger und Kanner unterscheidet man auch einen atypischen Autismus, doch zunehmend zeit sich, dass Autismus überaus facettenreich ist und es eine Vielzahl von Übergangsformen gibt. Der Oberbegriff Autismus-Spektrum-Störungen versucht dabei dieser Vielschichtigkeit und Komplexität gerecht zu werden.

    Bei rund einem Prozent der Kinder wird heute Autismus diagnostiziert, wobei von einer autistischen Entwicklungsstörung Knaben viermal häufiger als Mädchen betroffen sind, wobei einige dieser Kinder schon von Geburt an autistische Verhaltenszüge zeigen, indem sie den Blickkontakt meiden und sich nicht gerne festhalten oder streicheln lassen. In den meisten Fällen treten autistische Verhaltensweisen aber erst mit etwa ein bis zwei Jahren auf, wobei die von diesem regressiven Autismus betroffenen Kinder dann viele der zuvor gelernten sozialen und geistigen Fähigkeiten wieder verlieren und sich zurück zu entwickeln scheinen. Amerikanische Untersuchungen bestätigen nun, dass autistische Kinder häufiger ein leicht vergrößertes Gehirn haben als Kinder, die sich normal entwickeln, wobei dies an der Veränderung des Schädelumfangs schon bei Säuglingen im Alter von vier bis sechs Monaten festgestellt werden kann, auch wenn das auffällige Gehirnwachstum aber nicht bei allen Formen des Autismus auftritt. Allerdings war dieses Wachstum nur bei Knaben zu beobachten, dass das Gehirn der sein Wachstum bereits in dieser Zeit beschleunigte, also lange bevor die ersten Symptome des Autismus auftreten. Insgesamt ist es kritisch, dass sich bisher der Großteil der Autismusforschung auf männliche Kinder konzentriert ha, denn wird eine Krankheit einseitig beschrieben, sind auch die Diagnosemethoden oft einseitig. Eine Studie von Forschern der Stanford University School of Medicine zeigte nun, dass die Organisation des Gehirns bei Buben und Mädchen mit Autismus unterschiedlich ist, und dass die Tarnung der Symptome bei Mädchen eine große Herausforderung bei der Diagnose von Autismus darstellt, wodurch es zu Verzögerungen bei der Diagnose und Behandlung kommt. Von den Kindern mit Autismus verfügen Mädchen in verschiedenen Gehirnzentren wie bei der Motorik, Sprache und der visuell-räumlichen Vorstellung über unterschiedliche Muster bei der Konnektivität. Die Unterschiede in einer Gruppe von motorischen Bereichen wie dem primären Motorcortex, dem ergänzenden motorischen Bereich und seitlichem okzipitalen Cortex sowie dem Gyrus temporalis medius und superior sind dabei am größten. Bei Mädchen mit Autismus stehen die Unterschiede in den motorischen Zentren mit der Schwere ihrer motorischen Symptome in Zusammenhang, wobei Mädchen, deren Gehirnmuster denen von betroffenen Buben am ähnlichsten sind, dazu neigen, unter den am stärksten ausgeprägten motorischen Symptomen zu leiden. Betroffene Mädchen zeigen übrigens allgemein weniger offenkundig repetitive Verhaltensweisen als Buben, was auch zu Verzögerungen bei der Diagnose beitragen kann. Dabei ist das Vorschulalter am besten für eine Behandlung geeignet, weil sich da die motorischen und sprachlichen Fähigkeiten des Gehirns besonders entwickeln.

    Das Asperger-Syndrom bei Erwachsenen zeigt Beeinträchtigungen im Sozialverhalten und wird meist erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Oft verfügen die Betroffenen über ungewöhnlich ausgeprägte Spezialinteressen, bewegen sich mit ihrer allgemeinen Intelligenz jedoch im Normbereich. Das Savant-Syndrom wird fälschlicherweise oft mit dem Autismus gleichgesetzt, da mehr als die Hälfte der Betroffenen auch an autistischen Störungen leiden, doch verfügen Menschen mit einer Insel-Begabung in einem kleinen Teilbereich über außergewöhnliche kognitive Fähigkeiten. Autismus hat also weniger mit Intelligenz zu tun, denn theoretisch ist jedes Intelligenzniveau bei den Betroffenen zu finden, doch bei etwa drei Viertel findet man eine testmäßig überprüfbare Intelligenzminderung. Im Gegensatz zu einer geistigen Behinderung liegt ein qualitativ anderer Entwicklungsverlauf vor, der sich vor allem in der Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Beziehungen äußert. Bis in die 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde Autismus als einheitliches Krankheitsbild mit den zwei genannten Grundtypen beschrieben, doch nun gelangt die Forschung mehr und mehr zu der Überzeugung, dass es sich um eine graduelle Störung handelt, bei der es eine Bandbreite von schwächeren Ausprägungen bis hin zu schweren sozialen und sprachlichen Problemen gibt.

    Autismus spezifische therapeutische Interventionskonzepte sind generell umfassende psychoedukative und/oder lerntheoretisch orientierte Programme wie TEACCH und die angewandte Verhaltensanalyse (Applied Behavior Analysis). Andere Therapieformen beinhalten kommunikationsfördernde Maßnahmen wie Picture Exchange Communication System, Förderung sozialer Fertigkeiten im Einzel- und Gruppensetting, Therapien, die am Spielverhalten und/oder der Bindung und Beziehung ansetzen wie Floortime und Relationship Development Intervention, Logopädie, Ergotherapie und Musiktherapie.


    1. Definition
    „Autismus von E. Bleuler (1911) in die Psychatrie eingeführte Bezeichnung für psychotische (meist schizophrene) Persönlichkeitsstörungen, die durch extreme Selbstbezogenheit und Insichgekehrtheit sowie durch phantastisch-traumhaftes, frei-assoziatives und affektiv-impulsives Denken und Sprechen gekennzeichnet sind; später auch auf ähnliche nichtpsychotische Verhaltensformen ausgedehnt“ (Brockhaus, 1987, S. 401).

    2. Definition
    „Die autistischen Störungen werden aufgrund ihres wesentlichen Merkmals, als schwere qualitative Veränderungen in der Entwicklung bestimmter Verhaltensbereiche, als ‚tiefgreifende Entwicklungsstörungen’ bezeichnet. Man gebraucht den Begriff ‚autistische Störung’, da es sich um Störungen in einem breiten Verhaltensspektrum handelt“ (Kusch & Petermann, 1991, S. 15).

    3. Definition
    „Beim autistischen Syndrom handelt es sich gemäß allgemein akzeptierter Definition um eine schwere Verhaltensstörung, die sich insbesondere als tief greifende Kontakt- und Beziehungsstörung äußert. Sie beginnt in der frühen Kindheit und erreicht den Höhepunkt der typischen Symptome offensichtlich zwischen dem fünften und achten Lebensjahr“ (Lösche, 1992, S. 3).

    4. Definition
    „Demnach wird hier unter Autismus ein Zustand verstanden, der von Eigenempfindungen beherrscht wird und in dem sich die Aufmerksamkeit fast ausschließlich auf Körperrhythmen und – empfindungen richtet. Objekte der äußeren Welt werden zwar beachtet (offenbar häufiger sogar aufmerksam und minutiös); doch wird bei näherer Betrachtung klar, daß sie als Teile des Körpers oder als ihm doch sehr eng verbunden betrachtet werden,äußerenPersonen oder Dingen wird selten eine gesonderte Existenz zugestanden. Statt dessen werden sie als Erweiterung der körperlichen Aktivitäten aufgefasst, und zwar im Rahmen sinnlicher, vor allem taktiler Erfahrungen mit ihnen, kurz, bei Autismus handelt es sich um einen Zustand, in dem Erfahrungen weder nennenswert differenziert noch objektiviert ist“ (Tustin, 1989, S. 13f).

    5. Definition
    „Die vorliegende Untersuchung verdeutlicht, daß die Verhaltensweise autistisch gestörter Kinder – als Resultat einer Störung des Zusammenspiels von Assimilation und Akkomoldation – nicht als statische Symptome eines Krankenbildes, sondern als Teil und Ausdruck eines unter spezifischen, unterschiedlich ausgeprägten Beeinträchtigungen ablaufenden Sozialisationsprozesses zu verstehen sind“ (Wilmert, 1991, S. 3f).

    6. Definition
    Eine wesentliche Leistung des menschlichen Gehirnes ist die Fähigkeit, Informationen aus der Umwelt zu filtern und zu gruppieren, denn pro Sekunde stürmen rund eine Milliarde Reize auf das Gehirn, von denen es allerdings nur knapp zehn verarbeiten kann. Beim autistischen Gehirn fehlt dieser Filter weitgehend, denn ein Autist sieht zwar jeden einzelnen Baum, kann ihn aber nicht zu einem Wald gruppieren. In einer Therapie sollen Autisten daher lernen, Reize zu werten und wenn nötig auszuschalten, um dieser für sie manchmal unerträglichen Reizüberflutung Herr zu werden. Schon ab dem Alter von 18 Monaten lässt sich eine Autismus-Diagnose stellen, wobei je früher diese Störung erkannt wird, desto früher kann mit einer Therapie begonnen werden, sodass ein autistischer Mensch durchaus selbstständig leben kann. Da bei autistischen Kindern auch Beziehungen über das Gehirn laufen und manchmal weder Empathie noch anderes übliches Sozialverhalten zu beobachten sind, wird bei betroffenen Kindern häufig das ADHS-Syndrom diagnostiziert oder oder die Eltern werden für Erziehungsfehler verantwortlich gemacht.


    Was zum Autismus führt, ist noch nicht gänzlich geklärt, wobei allgemein Genmutationen, die sich auf neuronale Schaltkreise auswirken, zumindest als wahrscheinliche Risikofaktoren gelten. Eine mögliche Ursache für Autismus liegt in der Synapsenfunktion, denn damit Gehirnzellen kommunizieren können, müssen ihre Kontakte untereinander funktionieren, wobei das Eiweißmolekül Neuroligin-1 eine wichtige Rolle spielt, da es die notwendigen Reifungsprozesse an den Synapsen stimuliert. Ein voll funktionsfähiger Kontakt kommt nämlich nur dann zustande, wenn sich Sender und Empfänger der Information am Reifungsprozess beteiligen, d.h., wird kein Neuroligin-1 gebildet, bleiben die Nervenendigungen in unreifen Stadien und setzten weniger Botenstoff frei, der Informationsfluss ist somit gestört. Nach neuesten Forschungen vermutet man, dass eine Störung dieser Synapsenreifung an der Entstehung von Autismus beteiligt sein könnte.

    Nach der Theorie des Predictive Coding kann man einige wesentliche Merkmale des Autismus als die Unfähigkeit des Gehirns verstehen, Fehler in der Vorhersage sensorischer Signale auf der untersten Ebene der Verarbeitungshierarchie zu ignorieren. Die Betroffenen legen viel zu viel Gewicht auf Sinneserfahrungen, die ein Bedürfnis nach Wiederholung und Vorhersehbarkeit erzeugen und eine besondere Empfänglichkeit für bestimmte Illusionen mit sich bringen.

    Genetische Ursachen

    Beim Autismus werden viele verschiedene Funktionsstörungen in einen Topf geworfen, denn man weiß, dass es Hunderte von Mutationen und Gene gibt, die zum Risiko beitragen.Oft haben zwei oder drei solcher Gene zwar eine ähnliche Funktion, sodass es wahrscheinlich kaum einen Unterschied macht, welches davon verändert ist, aber die Funktionsbandbreite von Hunderten Genen ist dennoch naturgemäß groß. Mit der „CHOOSE“-Technik an Organoiden konnte man jüngst zeigen, wie Autismus entsteht. Mit dieser neuen Methode gelang es Li et al. (2023), detaillierte Einblicke in die Entstehung von Autismus zu gewinnen, indem sie die Auswirkungen bestimmter Genmutationen in künstlichen Mini-Gehirnen analysierten. Sie wandten die „CHOOSE“-Technik (CRISPR-human organoids-single-cell RNA sequencing) auf die künstlichen Gehirnzellen im Labor an und konzentrierten sich dabei auf 36 Genmutationen, die allgemein als problematisch gelten. Alle diese Gene wurden in einem Organoid zerstört, in jeder Zelle eines, und man ließ das Organoid wachsen, während man untersuchte, welche Gene in jeder einzelnen Zelle aktiv oder inaktiv waren. Mit Hilfe von maschinellen Lernverfahren und komplexen Rechenprogrammen analysierten sie die Auswirkungen jeder einzelnen Mutation auf jede einzelne Zelle jedes Zelltyps und konnten so den Entwicklungsverlauf darstellen. So entstand ein frei zugänglicher Datensatz, in dem andere Wissenschaftler nachschauen können, was ein bestimmtes Gen im menschlichen Gehirn macht. Unterscheidet man nicht zwischen an- und abgeschalteten Genen, sondern nur zwischen Mutanten und Nichtmutanten, ermöglicht diese neue Methode auch die Suche nach gemeinsamen Merkmalen von Autismus. Es zeigte sich, dass es bestimmte Prozesse in der Gehirnentwicklung gibt, die besonders empfindlich auf defekte Gene und Genmutationen reagieren, zum Beispiel die Entwicklung der oberen Nervenzellschichten des Großhirns, eine Art Achillesferse des Gehirns in Bezug auf Autismus. Die Ergebnisse konnten durch in vitro Beobachtungen an Organoiden von zwei Betroffenen validiert werden, d.h. die Organoiddaten stimmten eng mit den klinischen Beobachtungen überein.

    Eine Studie aus Israel an Jugendlichen belegte, dass das Risiko eines Mannes, ein autistisches Kind zu bekommen, bis zum fünfzigsten Lebensjahr von 6 zu 10000 auf 5 zu 1000 wächst, d. h., von den Kindern älterer Väter erkrankt im Durchschnitt eines von 200 an Autismus. Man vermutet übrigens auch, dass von älteren Vätern gezeugte Kinder in der Intelligenzentwicklung zurückbleiben, denn bei IQ-Messungen schnitten diese bis zum Alter von sieben Jahren im Durchschnitt schlechter ab als Kinder von zwanzigjährigen Männern.

    Auch wenn einige Genvarianten, die mit Autismus assoziiert sind, bereits identifiziert wurden, beginnt man erst langsam zu verstehen, welche genetisch bedingte Mechanismen die Krankheit  auslösen. Ob Individuen autistische Verhaltensweisen entwickeln oder nicht, hängt nach neuesten Forschungen an Mäuseembryonen auch von der Gehirnentwicklung ab, denn ein veränderter Genabschnitt auf dem X-Chromosom („Fragiles X-Syndrom“) kann dazu führen, dass sich schon im Mutterleib wichtige Verbindungen zwischen Gehirnzellen nicht richtig entwickeln. Diese vererbbare Genvariante tritt bei einer von 8000 Frauen und einem von 4000 Männern auf, wobei Menschen mit diesem Syndrom schon als Kinder und Jugendliche auffälliges Verhalten entwickeln. Konkret schrecken sie vor Körperkontakt zurück und sehen anderen nicht in die Augen, umarmen die Eltern nicht und reagieren überempfindlich auf Berührung und Lärm. Es gibt also deutliche Hinweise, dass Fehler im Bauplan des Proteins FOXP1 bei Autismus und geistiger Behinderung eine Rolle spielen. Anhand eines Mausmodells entdeckte man, dass bei Mäuse zwar mit einem weitgehend normal entwickelten Gehirn zur Welt kommen, doch im Verlauf der ersten Lebenswochen degeneriert das für Wahrnehmung und Verhalten wichtige Striatum. Auch in einer zentral gelegenen Hirnstruktur, dem Hippocampus, unverzichtbar für die Ausbildung von Langzeitgedächtnis und Erinnerung, treten mikroskopisch sichtbare Veränderungen auf, die außerdem Auswirkungen auf die Signalverarbeitung haben. So konnte nachgewiesen werden, dass sich in den betroffenen Nervenzellen die Erregungsleitung verändert, durch die Signale zwischen Nervenzellen weitergegeben werden. Zusätzlich zum degenerierten Striatum sind bei den Mäusen benachbarte Hirnstrukturen, die Ventrikel, vergrößert, wobei sich vergrößerte Ventrikel sich auch bei Menschen mit einer FOXP1-Mutation nachweisen lassen. Diese Veränderungen lösen im Experiment mit Mäusen Verhaltensauffälligkeiten aus, die mit den Symptomen bei autistischen Menschen vergleichbar sind, denn die Mäuse nehmen kaum Notiz von ihren Artgenossen und versuchen auch nicht, mit diesen in Kontakt zu treten. Dazu kommen stereotype, zwanghaft wiederholte Verhaltensweisen, Hyperaktivität sowie ein gestörtes Nestbauverhalten (Bacon et. al, 2014).

    Deliu et al. (2018) gehen den molekularbiologischen Grundlagen von Autismus-Spektrum-Störungen und auch anderen neurologischen Entwicklungsstörungen nach. Ein paar Hundert dieser DNA-Codes stehen damit in Verbindung, und davon sind etwa hundert potenzielle Risikogene. Solche Störungen treten häufig zusammen mit anderen Erkrankungen wie Epilepsie oder geistiger Behinderung auf, wobei Assoziationen wertvolle Hinweise für die Ursachenforschung liefern können, denn was gemeinsam vorkommt, hat möglicherweise auch gemeinsame Wurzeln. Davon ist SETD5 offenbar ein Schlüsselgen, denn nach bisherigen Studien führen Mutationen in dieser Erbgutsequenz zu Intelligenzminderung und auch zu Autismus, sodass Experten inzwischen vom SETD5-Syndrom sprechen. Die durch dieses Gen verursachten Störungen setzen bereits in der Embryonalentwicklung ein, nicht selten kommt es dabei auch zu Verformungen im Gesichtsaufbau und gehemmtem Wachstum. In dieser neuen Studie ist es gelungen, die Auswirkungen von SETD5-Defekten genauer nachzuvollziehen, und zwar an genetisch modifizierten Mäusen. Die Tiere verfügten jeweils über eine geschädigte und eine intakte Kopie des Gens (Tiere mit zwei mangelhaften SETD5-Sequenzen sind nicht lebensfähig und sterben bereits im Mutterleib). Die Versuchsmäuse zeigten eine Reihe von Verhaltensauffälligkeiten, so wareb die Weibchen nicht in der Lage, richtige Nester zu bauen, und beide Geschlechter schnitten auch bei Lerntests schlechter ab als ihre Tiere mit gesunden SETD5-Genen. Mutanten-Jungtiere begannen zudem im Schnitt erst vier Tage später mit der für Mäuse typischen Ultraschall-Kommunikation. Eine weitere Beobachtung war der langanhaltende Schreckreflex als Reaktion auf eine potenziell unangenehme Erfahrung. Tiere mit einem SETD5-Defekt schaffen es anscheinend nur langsam, sich von einer beängstigenden Erinnerung zu lösen, was eine mögliche Parallele zu Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen sein könnte, denn auch bei diesen kann eine persistente Prägung zu der typischen Verhaltensstarre führen. Normalerweise wird das Gedächtnis im Hippocampus durch mehrere Botenstoffe zugunsten einer größeren Flexibilität reguliert, doch dieser Mechanismus dürfte bei SETD5-Defekten nicht intakt sein. Bei einer molekularbiologischen Analyse der Gehirne der Versuchsmäuse fanden man unter anderem eine Wechselwirkung zwischen Setd5, dem Produkt von SETD5, und den Proteinkomplexen Hdac3 und Paf1. Das Zusammenspiel hat vermutlich einen steuernden Einfluss auf die Gentranskription und damit auf alle Wachstumsprozesse, was wiederum die Entwicklungsstörungen von Menschen und Tieren mit SETD5-Defekten erklären würde.

    Nach neueren Vermutungen kann das für Autisten typische in sich gekehrte, beharrliche Handeln sich auch deshalb im Laufe der Evolution in den Genen erhalten haben, da es als eine von verschiedenen menschlichen Verhaltensweisen durchaus einen Selektionsvorteil bringen kann. Die Neigung zum Zwanghaften, Wiederholten und Systematischen beim Autismus, die sich heute fälschlicherweise auf Aktivitäten wie Türmchenbauen oder Streichhölzerzählen richtet, könnte in der Vorzeit durch Hunger und Durst auf erfolgreiche Nahrungssuche fokussiert worden sein. Schließlich sind Autisten körperlich und geistig durchaus in der Lage, die Fertigkeiten eines Jägers und Sammlers zu erlernen und zu verfeinern. Da autistische Kinder aber heute ihre Nahrung vorgesetzt bekommen, richtet sich ihre Lernfähigkeit und das systematische Tun zunächst auf weitgehend sinnfreie Aktivitäten wie Türmchenbauen, Lichtschalter-Knipsen oder das Sammeln und Ordnen von Flaschendeckeln. Auch in der Tierwelt gibt es zahlreiche Arten, die ihr Leben außerhalb der Paarungszeit weitgehend als Einzelgänger verbringen.

    Übrigens: Von den Genen, die für das Sprechen des Menschen verantwortlich ist, hat man man bisher nur eines identifiziert, Foxp2, das im Gehirn bei der Grammatik und im Sprechapparat bei der Feinsteuerung des Artikulierens mitwirkt. Auch Vögel singen damit, Mäuse fiepsen damit, auch wenn diese leicht andere Gen-Varianten besitzen, und schon Neandertaler hatten exakt die gleiche Gen-Variante wie Menschen.

    Hirnorganische Ursachen

    Neurobiologen versuchen schon seit geraumer Zeit die unterschiedlichen Merkmale von Autisten über Auffälligkeiten im Gehirn zu erklären, wobei eine Analyse von EEG-Hirnstrommessungen autistischer Kinder und Jugendlicher zeigte, dass in ihren Gehirnen vor allem die Kommunikation weiter auseinander liegender Gehirnareale eingeschränkt ist. Das zeigt sich vor allem an deren Problemen, Emotionen bei anderen Menschen richtig zuzuordnen, denn Menschen mit Autismus bleibt die Bedeutung emotionaler Mimik oft deshalb verborgen, weil sie nonverbale Zeichen wie einen bestimmten Blick oder einen bestimmten Gesichtsausdruck nicht richtig interpretiere können. Man entdeckte, dass bei Autisten lokal benachbarte Gehirnareale stärker über ihre Funktionen verknüpft sind als Areale, die weiter voneinander entfernt liegen, was bedeuten könnte, dass Informationen zwar lokal in spezialisierten Gebieten verarbeitet werden, allerdings diese offenbar nicht in andere Areale projiziert werden können, wo die Informationen zu einem komplexeren Eindruck zusammengesetzt werden. Das aber ist unbedingt notwendig, wenn es darum geht, Informationen zu integrieren, die an sozialen oder sprachlichen Ereignissen beteiligt sind.

    Bei Menschen mit Autismus ist der für das Vergessen zuständige molekulare Prozess im Gehirn häufig eingeschränkt, d. h., sie besitzen oft ein ausgeprägtes, memorierendes Gedächtnis. Dass sie nicht ausreichend vergessen können, macht ihr Gehirn unflexibel und wünschen sich verzweifelt, dass in ihrer Umgebung alles so bleibt, wie es ist, um das drohende beängstigende Chaos auf der kognitiven Ebene einzudämmen.

    Die Gehirnanatomie von Autisten unterscheidet sich je nach Geschlecht deutlich, insbesondere sind bei erwachsenen Frauen mit Autismus besonders Hirnregionen atypisch ausgeprägt, die sich normalerweise bei Männern und Frauen unterscheiden, ein Hinweis auf eine Art Vermännlichung bei autistischen Frauen. Man vermutet daher, dass physiologische Mechanismen geschlechtliche Dimorphismen bedingen, beispielsweise pränatale Geschlechtshormone und geschlechtsspezifische genetische Faktoren. Da Autismus-Spektrum-Störungen deutlich häufiger bei Männern vorkommen, ist der bisherige neurobiologische Wissenstand männerorientiert.

    Bei der Analyse und dem Vergleich von Gehirnen verstorbener autistischer und nicht autistischer Kinder (Stoner et al., 2014) im Alter von 2 bis 15 Jahren zeigte sich, dass bei zehn der elf autistischen Kinder Marker für diverse Schichten des Hippocampus fehlten, wobei sich die Veränderungen nicht gleichmäßig über die Hirnrinde verteilten, sondern auf kleine Stellen von fünf bis sieben Millimetern Länge beschränkt waren, die über mehrere Schichten reichten. Die Lage der veränderten Bereiche unterschied sich zwar, betraf aber generell Stirnlappen und Schläfenlappen, nicht aber den Hinterhauptslappen, wobei diese Areale an Kommunikation, Sozialverhalten oder der Verarbeitung von Gefühlen beteiligt sind. Da dieser Prozess lange vor der Geburt einsetzt, unterstreicht dieses Forschungsergebnis die Bedeutung einer früher Diagnose und Behandlung, denn eine frühe Therapie ermöglich unter Umständen, dass sich das sich entwickelnde Gehirn umorganisieren und so die Defizite ausgleichen kann.

    Wan et al. (2023) untersuchten die inter- und intrahemisphärische Asymmetrie der intrinsischen funktionellen Gradienten, die die Konnektomorganisation entlang dreier Achsen erfassen, die sich zwischen sensorisch-default, somatomotorisch-visuellen und default-multiple demand Netzwerken erstrecken, um Ungleichgewichte auf Systemebene in den Hemisphären bei Autismus zu untersuchen. Man beobachtete dabei eine verringerte funktionelle Asymmetrie der Organisation des Sprachnetzwerks auf der linken Seite bei Menschen mit Autismus im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe. Während die Asymmetrie der Sprachnetzwerke bei diesen über die Altersgruppen hinweg variierte, war dies bei Autismus nicht der Fall, was darauf hindeutet, dass die atypische funktionelle Lateralität bei Autismus aus veränderten Entwicklungsverläufen resultieren könnte. Außerdem stellten man fest, dass Merkmale, die innerhalb einer Hälfte des Gehirns liegen, den Schweregrad der autistischen Merkmale bestimmen, da es große Unterschiede in der Asymmetrie der funktionellen Organisation bei autistischen und nicht-autistischen Menschen gibt, wobei solche Unterschiede in atypischen Entwicklungsverläufen der Asymmetrie der funktionellen Organisation bei Autismus begründet sein könnten.

    Autismusdiagnose bei Kindern über den Geruchssinn

    Für ein Experiment ließen Rozenkrantz et al. (2015) 18 gesunde und 18 autistische Kinder im Alter von sieben Jahren an vier verschiedenen Gerüchen schnuppern, wobei über ein Rohr den Kindern Rosenduft, der Duft eines Haarshampoos, das Geruch saurer Milch oder von verdorbenem Fisch geboten wurde. Gleichzeitis wurde gemessen, wie sich das eingezogene Luftvolumen, der Atemfluss und die Dauer des Einatmens bei den Kindern veränderte. Gesunde Kinder reagierten sofort, denn wenn der Geruch unangenehm war, veränderte sich ihre Atmung innerhalb von 305 Millisekunden nach dem Einleiten des Geruchs, und sie zeigten auch die typische unwillkürliche Abwehrreaktion. Autistische Kinder atmeten völlig normal weiter, welcher Geruch auch immer ihrer Nase angeboten wurde, wobei diese Reaktion umso schwächer war, je weniger die Autismussymptome bei dem Kind ausgeprägt waren. Selbst wenn die Beobachter nicht wussten, welches Kind sie vor sich hatten, konnten sie in mehr als achtzig Prozent der Versuche die Autisten allein anhand ihrer Riechreaktion korrekt erkennen. Offensichtlich ist der Geruchssinn bei Autismus tiefgreifend verändert, und das schon früh in der Kindheit. Man vermutet, dass Veränderungen der Verknüpfungen im Gehirn für diesen Effekt verantwortlich sind, denn Reaktionen auf Gerüche hängen von Verbindungen zwischen dem Riechhirn, in dem der Duft identifiziert wird, und Arealen im Kleinhirn ab, von denen die unwillkürliche Reaktion gesteuert wird. Da diese Reaktion unabhängig von der Sprachfähigkeit ist, könnte sich ein solcher Riechtest eignen, um bei kleineren Kindern autistische Störungen früh zu erkennen, was deren frühe Behandlung ermöglichen könne.

    Rituale geben Sicherheit

    Rituale geben Autisten Sicherheit, denn zu den wichtigsten Bedürfnissen von Autisten zählen Ruhe und eine strukturierte Umgebung, d. h., es werden Objekte aneinanderreiht, starre Tagesabläufe verfolgt, detailreiches Wissen angehäuft, Pflastersteine gezählt und Legosteine aufgetürmt. Solche Wiederholungen beruhigen, bauen Ängste und Stress ab, sodass man daher solche ungewöhnlichen Rituale zulassen muss, um Autisten zu helfen. Autisten sind übrigens sehr verschieden, denn der eine braucht permanent Pflege, der andere wird als Genie gehandelt, und ein anderer gilt als Sonderling. Wegen der vielen Ausprägungen und Schweregrade von Autismus spricht man seit einigen Jahren von einem Autismus-Spektrum, das von leichten bis zu sehr schweren Störungen reicht. Zu den Hauptmerkmalen von Autismus-Spektrum-Störungen wird Empathiemangel gezählt, denn in den ersten Lebensjahren entwickeln Kinder erst sehr langsam eine Theory of Mind, sodass sie große Schwierigkeiten haben, sich in die Lage anderer Menschen hinein zu versetzen, was in Folgenatürlich  zu Problemen im Umgang mit den Mitmenschen führt. Henry Markram (Intense World Theory) – selbst Vater eines autistischen Kindes – geht nicht von einem solchen Defizit aus, denn Autisten sind ihm zufolge nicht gefühlsarm sondern gefühlsüberladen, d. h., sie spüren nicht zu wenig, sondern zu viel, sodass sie deshalb Ängste entwickeln und sich abschotten. Der Rückzug von Autisten ist seiner Meinung nach daher eine Reaktion auf das Zuviel, die Überforderung durch plötzliche Informationsflut, vor allem reagiert das autistische Hirn in solchen Situationen über, dabei ist die Hirnrinde übermäßig aktiv, weshalb die Eindrücke aus der Umwelt verstärkt wahrgenommen werden.

    Selbsterkenntnis bei Autisten gestört

    Autistische Menschen scheinen sich ausschließlich mit sich selbst zu beschäftigen, aber dabei interessiert sie die eigene Person ebenso wenig wie die Menschen in ihrer Umgebung. Durch bildgebende Verfahren entdecken Wissenschaftler der Universität von Cambridge, dass autistische Gehirne kaum aktiv werden, wenn sie zur Selbstreflexion aufgefordert werden. Michael Lombardo et al. (2009) untersuchten die Hirnaktivität von Menschen mit und ohne autistische Störung, indem sie alle Probanden dazu aufforderten, über eigene Meinungen, Vorlieben oder äußerliche Besonderheiten nachzudenken. Danach sollten die Versuchsteilnehmer nach denselben Kriterien über eine andere Person reflektieren. Bei den gesunden Probanden reagierte der präfrontale Cortex intensiver, wenn sie über sich selbst nachdachten als über eine dritte Person, bei den Autismuspatienten hingegen blieb die Gehirnregion aber gleichermaßen inaktiv, ob sie nun über sich selbst oder eine dritte Person nachdenken sollten. Ein autistisches Gehirn verarbeitet selbstbezogene Informationen offensichtlich nicht wie ein normales. Im Umgang mit anderen Menschen ist es allerdings wichtig, Informationen über das eigene Ich und über andere auf die gleiche Art und Weise zu verarbeiten.

    Bekanntlich ist die Kommunikationsfähigkeit von Autisten mit Mitmenschen eingeschränkt, d. h., sie nehmen kaum Augenkontakt auf und konzentrieren sich auf den eigenen Körper, oft zerstörerisch, in repetitiven Bewegungen. Autisten haben auch generell Probleme, direkten Augenkontakt mit anderen Menschen herzustellen und zu halten, weil er ihnen offensichtlich unangenehm ist. Das hat dann aber auch zur Folge, dass sie nur sehr selten emotional ihr Gegenüber spiegeln, und deshalb Schwierigkeiten damit haben, sich in sozialen Situationen zurechtzufinden, denn in solchen ist ein Mindestausmaß an emotionaler Spiegelung eines Kommunikationspartners notwendig. Das emotionale Spiegeln hilft Menschen, die Stimmungen von anderen Menschen schnell zu erfassen und so zu wissen, welche Handlungen in einer bestimmten Situation angebracht sind und welche nicht. Oft geht diese reduzierte Kommunikationsfähigkeit mit anderen Menschen mit einer mangelnden Kommunikationsfähigkeit mit sich selbst einher, wobei man vermutet, dass die Verschaltung der Neuronen zu schwach und zu wenig konzentriert ist, indem permanent zu viele von ihnen dauernd im Gespräch untereinander sind. Hinter diesem scheinbaren Paradox stehen die Mikroglia, das sind Zellen im Gehirn, die keine Gehirnzellen sind, sondern Zellen des Immunsystems, die  früh in das sich entwickelnde Gehirn einwandern und dort die Abwehr organisieren. Diese wenden sich nicht nur gegen Antigene, sondern sie gehen auch auf körpereigene Zellen wie die Neuronen los bzw. auf deren Verbindungen, die Synapsen. Viele von ihnen schalten sie aus, aber dadurch werden die verbliebenen gestärkt, zu Datenautobahnen zurechtgeschnitten (pruning). Im Autistengehirn sorgen aber zu wenige Mikroglia für Konzentration, der Datenverkehr verliert sich deshalb auf Nebenstraßen.

    Seit einiger Zeit wird daher der Frage nachgegangen, welche Rolle Spiegelneuronen bei der Entstehung von Autismus spielen, wobei vieles noch unklar ist, auch wenn eine neue Studie bestätigt hat, dass die Funktion der Spiegelneuronen bei Menschen mit Autismus zumindest zum Teil eingeschränkt ist. Generell sind aber bisherige Forschungen zu widersprüchlichen Ergebnissen gekommen. Oberman & Ramachandran (2007) entdeckten, dass bei Autisten die My-Welle nur bei eigener Bewegungsausführung unterdrückt wird, nicht jedoch, wenn diese beoabachten, wie ein anderer Mensch die Bewegung ausführt. Sie folgern daraus, dass Autisten defekte Spiegelzellen haben, wobei sich auch gezeigt hat, dass das Gesichtserkennungsareal im Gehirn, das aktiv wird, wenn man einen Menschen erkennt, bei einigen Autisten stumm bleibt. Stattdessen wird bei den Betroffenen ein Bereich aktiviert, der normalerweise für die allgemeine Objekterkennung genutzt wird. Das scheint darauf hinzudeuten, dass sich für Autisten Gesichter und der Mimiken nicht von anderen Objekten unterscheiden, also nichts „Besonderes“ sind, sodass das intuitive Erkennen von Gefühlen unterdrückt ist. Allerdings können Spiegelzellen nicht alle Aspekte von Autismus erklären, wie etwa das typische Vermeiden von Blickkontakt, das stereotype Wiederholen von Bewegungen oder eine Überempfindlichkeit gegen bestimmte Geräusche. Menschen mit autistischen Störungen scheint allgemein die Fähigkeit zu fehlen, sich vor der Überflutung durch äußere Reize zu schützen, sodass sie auf scheinbar unbedeutende Ereignisse oder Objekte überschießend reagieren. Daher handelt es sich bei Autismus wohl um eine vielschichtige und äußerst komplexe Entwicklungsstörung.


    Eine Betroffene berichtet unter der Überschrift „Die Stunde null“, was eine Autismus-Diagnose mit ihr gemacht hat
    Es gibt ein Davor und ein Danach. Das Davor und das Danach wird durch meine Diagnose als Asperger-Autistin im Alter von 47 Jahren markiert. In dem Moment, als mir die Diagnose mitgeteilt wurde, verlor ich meine Sicherheit und gewann sie gleichzeitig wieder. Es war die Stunde null, in der sich mein »Normal-Sein« verabschiedete und mein »Anders-Sein« die Bühne betrat. Wer oder was bin ich jetzt? Jetzt, wo ich nicht mehr »normal« bin, »anders« bin? Was bedeutet eigentlich Autismus? Was ist das? Was ist das Asperger-Syndrom? Wer war, wer bin ich? Kann ich das selbst bestimmen? Selbstbestimmt, unabhängig, frei? Oder ist es nicht doch vielmehr so, dass mir ein Sein von außen übergestülpt wird?
    Die Autismusdiagnose machte, macht immer noch etwas mit mir. Ob es mir passt oder nicht, ich muss mich mit ihr auseinandersetzen. Im Wirrwarr der verschiedenen Autismusbilder muss ich mich selbst orten und gleichzeitig bei jeder Begegnung mit anderen Menschen herausfinden, welche Vorstellung über Autismus sie in sich tragen, um meine innere Schutzarmee in Bereitschaft zu versetzen und die Rechtfertigungstruppen in Position zu bringen. Es sind stets Kämpfe darum, nicht verletzt, herabgesetzt, in der Existenz bedroht zu werden. Na, jetzt übertreibe ich aber! Nein, ich übertreibe nicht, leider. Wer bin ich, ich »unnormaler« Mensch?
    Quelle: https://www.spektrum.de/leseprobe/wie-sich-autismus-anfuehlt-und-was-die-wissenschaft-darueber-weiss/2197562


    Humanoide Roboter sollen Zugang zu autistischen Kindern erleichtern

    de-enigmaDer Lehrstuhl für Complex and Intelligent Systems der Universität Passau ist an dem EU-Forschungsprojekt DE-ENIGMA beteiligt, das im Februar begonnen hat und sich mit multimodaler Mensch-Roboter-Interaktion zur Erweiterung der sozialen Vorstellungskraft bei autistischen Kindern beschäftigt. Bei autistischen Kindern lassen sich bestimmte Fähigkeiten im Umgang mit regelbasierten, vorhersagbaren Systemen beobachten, wie sie Roboter darstellen. Dies hängt damit zusammen, dass die Kommunikation auch mit humanoiden, also menschenähnlichen, Robotern von ihnen als weniger kompliziert und bedrohlich empfunden wird als die Kommunikation mit Menschen. Die entwickelte Technologie soll eine natürliche Mensch-Roboter-Interaktion bereitstellen, die multimodal – per Spracheingabe, Mimik oder Gestik genutzt und kulturspezifisch an die Benutzerinnen und Benutzer angepasst werden kann.

    Link: http://de-enigma.eu/ (16-03-03)

    Computerspiel mit Neurofeedback

    Seit Neuestem gibt es ein Neurofeedbackspiel auf dem Markt, das Kindern mit Autismus helfen soll, ihr Gehirn gezielt zu trainieren. Sie lernen mit der Trainings-App ihre Konzentrations- und Entspannungsfähigkeit zu erhöhen, aber auch ihre Lernfähigkeit und soziale Interaktion soll sich dadurch verbessern. Das Produkt besteht aus einem mobilen EEG-Gerät, das mit dem Smartphone oder dem Tablet über Bluetooth verbunden ist, und der Trainings-App. Die Kinder steuern das Training mit ihrer Gehirnaktivität und dem Wechselspiel von Konzentration und Entspannung. Das mobile EEG misst dabei den Stromlevel an der Oberfläche des Kopfes, wobei die Stärke dieser Ströme ein Indiz dafür ist, ob man sich in einem gewissen Bereich im Gehirn anstrengt oder nicht, je nachdem, an welcher Stelle letztlich diese Schwankungen in der elektrischen Aktivität mittels einer Elektrode gemessen werden. Auf dem Bildschirm fliegt eine Spielfigur nach oben, wenn das Gehirn konzentriert ist, und nach unten, wenn es entspannt ist. Das Gehirn eines Kindes weiß mit der Zeit, was zu tun ist, damit die Spielfigur nach oben oder nach unten fliegt.

    Link: https://brainhero.life/ (20-12-21)

    Adipositas bei Müttern

    Es zeigte sich in einer Studie von Krakowiak et al. (2012), dass adipöse werdende Mütter ein um 60 % erhöhtes Risiko aufweisen, ein Kind mit autistischen Symptomen zur Welt zu bringen. Das Risiko für andere kognitive oder Verhaltensstörungen beim Kind ist bei übergewichtigen Müttern noch doppelt so hoch. Noch ausgeprägter trat der Zusammenhang bei Müttern mit hohem Blutdruck oder Diabetes vor oder während der Schwangerschaft. Die Ergebnisse legen nahe, dass Fettleibigkeit und andere Stoffwechselfaktoren bei den Müttern ein allgemeines Risiko für Autismus und andere Entwicklungsstörungen darstellen.  Das kindliche Gehirn wird grundsätzlich von allem beeinflusst, was sich während der Schwangerschaft im Körper der Mutter abspielt. Möglicherweise spielt der Insulinspiegel über den Zuckerhaushalt im Körper der Mutter dabei eine Rolle.

    Kim Peek, das Vorbild des Rain Man

    2009 starb das Gedächtnis-Genie Kim Peek im Alter von 58 Jahren, dessen außergewöhnlichen intellektuellen Fähigkeiten als Vorlage für den Autisten im Film „Rain Man“ dienten. Peek war kurz nach seiner Geburt 1951 als behindert und geistig zurückgeblieben eingestuft worden, doch mit 16 Monaten begann Kim Peek zu lesen und Bücher wie alle Shakespeare-Dramen und das Alte und Neue Testament auswendig zu lernen. Eine Gehirnuntersuchung ergab, dass bei Peek das Corpus callosum fehlte, die als Gedächtnisfilter dient, wodurch Peek etwa 98 Prozent all dessen, was er las, hörte oder sah, im Gedächtnis behalten konnte. Peek war extrem schüchtern und zurückgezogen und hielt sich am liebsten in Büchereien auf, wo er Literatur verschlang. 1984 lernte ihn Drehbuchautor Barry Morrow kennen, der danach das Drehbuch für den Film „Rain Man“ schrieb. Bis zu seinem Tod hatte Peek etwa 9000 Bücher komplett auswendig gelernt, und er verfügte über eine große Tiefe und Breite an Wissen und Erinnerung.

    Im Film „Rain Man“ aus dem Jahr 1988 spielt Dustin Hoffmann den hochbegabten Autisten Raymond, der aussergewöhnliche Fähigkeiten besitzt, aber in alltäglichen Situationen auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Raymond kann nicht nur alle Flugzeugabstürze mit Flugnummern und Todesopfern auswendig aufzählen, sondern auch das Telefonbuch innerhalb einer Nacht auswendig lernen. Er hat ein Hochleistungsgedächtnis und ist das lebende Beispiel dafür, zu welchen Leistungen das menschliche Gedächtnis fähig ist.

    Tim ter Wal

    Der niederländische Künstler Tim ter Wal begreift seinen Autismus als Geschenk und entwickelt die Präzisionszeichnungen aus seinem nahezu fotografischen Gedächtnis. Tim ter Wal zeichnet seitdem er drei Jahre alt ist und schon bevor er reden konnte, drückte er sich mithilfe seiner Stifte aus. Später als Schulkind verarbeitete er die Eindrücke, die er im Alltag aufgenommen hatte, mit Kreide auf einer Tafel. Der autistische Künstler ist fasziniert von labyrinthischen Industrielandschaften, detailreichen Gebäudeansichten und komplexen Stadtarchitekturen, die sich häufig am Horizont verlieren. Zeichnen ist für ihn wie meditieren, d. h., er verschmilzt mit dem, was er tut.

    [Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=0sYSP_ee-K4]


    Stell dir vor, dich an jeden Streit erinnern zu können, den du je mit einem Freund hattest; an jedes Mal, als dich jemand enttäuschte; an all die Fehler, die du gemacht hast. Und nun stell dir vor, das alles nicht aus deinem Kopf zu bekommen, so sehr du es auch versuchst.
    Jill Price, die sich seit ihrem 14. Lebensjahr an jeden Tag ihres Lebens detailliert erinnern kann.


    Autismus als Modediagnose

    Zwar ist es positiv, dass öffentlich über psychische Erkrankungen gesprochen wird, aber es gibt auch eine Schattenseite dieser Entwicklung, denn mit steigender Akzeptanz mentaler Krankheiten und ihrem Eintritt in den allgemeinen Diskurs steigt auch die Anzahl der Selbstdiagnosen. So kommt es dazu, dass immer mehr Menschen glauben, sie hätten eine psychische Krankheit. So hat sich nach Ansicht von Experten in den letzten Jahren die Anzahl der Diagnosen von Autismus-Spektrum-Störungen verfünffacht. Die Entstigmatisierung hat noch den zusätzlichen Aspekt, dass es dabei nicht ausschließlich um „krank oder gesund“ geht, sondern einige Menschen sehen das als eine Art Lifestyle-Diagnose und bedenken dabei nicht, dass es sich um etwas Pathologisches handelt und durchaus einschränkend ist. Das liegt auch daran, dass viele Menschen eine falsche Vorstellung haben, was eine Autismus-Spektrum-Störung ist, denn sie denken dann an Rain Man oder das Mercury Puzzle, und diese Vorstellung von Genies ist für einige sehr attraktiv. Es gibt aber nur einen sehr kleinen Anteil an Autisten mit Inselbegabungen (Savants), die diese Kriterien von einem erhöhten Leistungsniveau erfüllen.
    Quelle: Ahmed El-Kordi in einem Interview mit Ana Lagger, DocCheck Team.

    Hinter den Begriffen „autistische Störungen“, „autistische Syndrome“, „Autismus“ und „Autismus- Spektrum“ verbergen sich eine Vielzahl an Symptomen, ein weites Spektrum an klinischen Manifestationen und eine große Variationsbreite von Ausprägungsgraden, die eine genaue Diagnostizierung dieser Störungen oft erschweren. Man findet heute drei Gruppen von Diagnosen: Frühkindlicher Autismus, atypischer Autismus und Asperger-Syndrom, wobei sich diese Typen die Diagnosen zu etwa gleich grossen Teilen finden. Zwar spricht man bei allen Formen von Autismus, jedoch unterscheidet sich die Art der Betroffenheit zum Teil ziemlich stark. Manche Experten wie die Marburger Kinder- und Jugendpsychologin Inge Kamp-Becker (Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie) warnen daher davor, dass die Diagnose hochfunktioneller Autismus auf dem besten Weg ist, eine Modediagnose zu werden, wie das bei Burnout schon der Fall war. Die Zunahme der Diagnosen betrifft in erster Linie die Gruppe der meist nicht näher bezeichneten autistischen Störungen, also jene, die nicht alle Kriterien der Störung in vollem Umfang erfüllen. Vor allem das Kriterium der durchgängigen, seit früher Kindheit an bestehenden Beeinträchtigungen wird immer mehr aufgeweicht. Besonders bei Kindern, die nur in sich gekehrt oder sonst wie eigenartig erscheinen, trifft die Diagnose häufig nicht zu, wobei das Problem ist, dass die als krank etikettiert werden, was eine Schonhaltung fördert, die ihrer weiteren Entwicklung schadet.

    Empfehlenswerte Bücher zum Thema „Autismus“

    Literatur

    Bacon, C. & Rappold, G.A. (2012). The distinct and overlapping phenotypic spectra of FOXP1 and FOXP2 in cognitive disorders. Hum Genet., 2012, 1687-1698.
    Bacon, C., Schneider, M., Le Magueresse, C., Froehlich, H., Sticht, C., Gluch, C., Monyer, H. & Rappold, G.A. (2014). Brain-specific Foxp1 deletion impairs neuronal development and causes autistic-like behaviour. Mol Psychiatry. 2014 Sep 30. doi:10.1038/mp.2014.116.
    Brockhaus-Enzyklopaedie (1987). Deutsches Wörterbuch. Mannhein: Verlag Brockhaus.
    Deliu, Elena, Arecco, Niccolò, Morandell, Jasmin, Dotter, Christoph P., Contreras, Ximena, Girardot, Charles, Käsper, Eva-Lotta, Kozlova, Alena, Kishi, Kasumi, Chiaradia, Ilaria, Noh, Kyung-Min & Novarino, Gaia (2018). Haploinsufficiency of the intellectual disability gene SETD5 disturbs developmental gene expression and cognition. Nature Neuroscience, 21, 1717-1727.
    Krakowiak, Paula, Walker, Cheryl K., Bremer, Andrew A., Baker, Alice S., Ozonoff, Sally, Hansen, Robin L. & Hertz-Picciotto, Irva (2012). Maternal Metabolic Conditions and Risk for Autism and Other Neurodevelopmental Disorders. Pediatrics.
    WWW: http://pediatrics.aappublications.org/content/early/2012/04/04/peds.2011-2583 (12-04-10).
    Kusch, M. & Petermann, F. (1991). Entwicklung autistischer Stoerungen, 2. erweiterte Auflage. Bern, Stuttgart, Toronto: Verlag Hans Huber.
    Li, Chong, Fleck, Jonas Simon, Martins-Costa, Catarina, Burkard, Thomas R., Themann, Jan, Stuempflen, Marlene, Peer, Angela Maria, Vertesy, Ábel, Littleboy, Jamie B., Esk, Christopher, Elling, Ulrich, Kasprian, Gregor, Corsini, Nina S., Treutlein, Barbara & Knoblich, Juergen A. (2023). Single-cell brain organoid screening identifies developmental defects in autism. Nature, 621, 373-380.
    Loesche, G. (1992). Entwicklung autistischer Kinder in den ersten dreieinhalb Lebensjahren. Weinheim: Verlag Psychologie Verlags Union.
    Michael V. Lombardo, Bhismadev Chakrabarti, Edward T. Bullmore, Susan A. Sadek, Greg Pasco, Sally J. Wheelwright, John Suckling, & Simon Baron-Cohen (2009). Atypical neural self-representation in autism. Brain, doi:10.1093/brain/awp306. Brain scanning study reveals that the brains of people with autism are less active when engaged in self-reflective thought.
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    Markram, H., Rinaldi, T & Markram, K. (2007). The Intense World Syndrome – an Alternative Hypothesis for Autism. Frontiers in Neuroscience, 87, 77–96.
    Oberman, Lindsay M. & Ramachandran, Vilayanur S. (2007). Broken Mirrors: A Theory of Autism. Scientific American.
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    Plener, P. (2022). Was sind ADHS und Autismus? Die Presse vom 5. Februar 2022.
    Rich Stoner, Maggie L. Chow, Maureen P. Boyle, Susan M. Sunkin, Peter R. Mouton, Subhojit Roy, M.D., Anthony Wynshaw-Boris, M.D., Sophia A. Colamarino, Ed S. Lein, & Eric Courchesne (2014). Patches of Disorganization in the Neocortex of Children with Autism. New England Journal of Medicine, 370, 1209-1219.
    Rozenkrantz, Liron, Zachor, Ditza, Heller, Iris, Plotkin, Anton, Weissbrod, Aharon, Snitz, Kobi, Secundo, Lavi & Sobel, Noam (2015). A Mechanistic Link between Olfaction and Autism Spectrum Disorder. Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2015.05.048.
    Stangl, W. (2023, 26. August). Funktionale Gehirnorganisation bei Autismus. Psychologie-News.
    https:// psychologie-news.stangl.eu/4666/funktionale-gehirnorganisation-bei-autismus.
    Stangl, W. (2023, 14. September). Mit der „CHOOSE“-Technik an Organoiden zeigen, wie Autismus entsteht. arbeitsblätter news.
    https:// arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/mit-der-choose-technik-an-organoiden-zeigen-wie-autismus-entsteht/.
    Tustin, F. (1989). Autistische Zustände bei Kindern. Stuttgart: Verlag Klett-Cotta.
    Wan, Bin, Hong, Seok-Jun, Bethlehem, Richard A. I., Floris, Dorothea L., Bernhardt, Boris C. & Valk, Sofie L. (2023). Diverging asymmetry of intrinsic functional organization in autism. Molecular Psychiatry, doi:10.1038/s41380-023-02220-x.
    Wilmert, H. (1991). Autistische Störungen. Frankfurt am Main, Bern, New York, Paris: Verlag Perter Lang.
    http://www.medizinische-fakultaet-hd.uni-heidelberg.de/Institut-fuer-Anatomie-und-Zellbiologie.102626.0.html (10-01-02)
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    http://www.uni-marburg.de/fb20/kjp/forschung/aut/ass (13-02-02)
    http://diepresse.com/home/science/1557834/Autismus_Gehirn-zu-beredt (14-02-03)
    http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/gehirn/news/autismus-kein-interesse-am-ich_aid_462870.html (09-12-14)
    https://www.style.at/contator/style/news.asp?nnr=79666 (22-02-21)


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    2 Gedanken zu „Autismus“

    1. Eugen Bleuler

      „Autismus, Geprägt wurde der Begriff „Autismus“ 1911 durch den schweizer Psychiater Eugen Bleuler. Autismus nannte er ein Grundsymptom der Schizophrenie, das die Zurückgezogenheit in die innere Gedankenwelt bei an Schizophrenie erkrankten Menschen meinte. Leo Kanner (Lit.: Kanner 1943) und Hans Asperger (Lit.: Asperger 1944) nahmen diesen Begriff auf und benannten so ein Störungsbild eigener Art. Im Unterschied zu Menschen mit Schizophrenie, die sich aktiv in ihr Inneres zurückziehen, beschrieben Kanner und Asperger Menschen, die von Geburt an in einem Zustand der inneren Zurückgezogenheit leben. Damit unterlag der Begriff „Autismus“ einem Bedeutungswandel. Heutzutage wird der Begriff „Autismus“ zur Bezeichnung des von Kanner und Asperger beschriebenen Störungsbildes gebraucht. Kanners Nachforschungen, die den Begriff „Autismus“ eng fassten und im wesentlichen den heute so genannten frühkindlichen Autismus beschrieben, erlangten internationale Anerkennung und wurden zur Grundlage der weiteren Autismusforschung. Die Veröffentlichungen Aspergers hingegen, die den Begriff „Autismus“ weiter fassten und auch leichtere Fälle mit einbezogen, wurden zunächst international kaum rezipiert, zum einen wegen des Zweiten Weltkriegs und zum anderen, weil Asperger auf deutsch publizierte. Erst in den 1990er Jahren erlangten die Forschungen Aspergers internationale Bekanntheit in Fachkreisen. Die englische Psychologin Lorna Wing (Lit.: Wing 1981) führte in den 1980erJahren die Forschungen Aspergers fort und definierte die von Asperger beschriebenen leichteren Fälle von Autismus als Asperger-Syndrom.“ (Im Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Autismus)

      Quelle: http://www.stangl.eu/psychologie/definition/Autismus.shtml
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    2. Frühkindlicher Autismus ist eine schwere Entwicklungsstörung, die Kanner 1943 als „frühkindliche Störung des affektiven Kontakts“ beschrieb, sodass sie noch heute als „Kanner-Syndrom“ bekannt ist. Früher führte man diese Entwicklungsstörung vielfach auf ein falsches Verhalten der Mutter zurück, doch ist die Veranlagung zum Autismus genetisch bedingt, wobei auch Infektionen und andere schädigende Ereignisse vor, während oder nach der Geburt die Entwicklung des Nervensystems beeinträchtigen können.

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