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choking under pressure

    Choking under pressure bezeichnet das Versagen mancher Menschen in Drucksituationen, etwa in einem Wettkampf, was bedeutet, dass etwa Sportler oder Sportlerinnen das aktuelles Leistungsniveau nicht abrufen können, obwohl ein hoher Anreiz dazu besteht, eine optimale Leistung zu erbringen. Typisch ist bei Spitzensportlern etwa, dass die subjektive Wahr­nehmung von Druck und die daraus resultierenden Folgen auf das Leistungsniveau nicht schon zu Beginn eines Wettkampfs vorliegen müssen, sondern diese sich erst im Verlauf eines Wettkampfs entwickeln, etwa wenn bei einem Golfturnier ein Spieler zunächst kontinuierlich seinen Vorsprung ausbaut, um dann in der zweiten Hälfte, also den letzten neun Löchern, Leistungseinbußen hat, die den Sieg kosten können. Ein anderes Beispiel ist die Niederlage bei einem Tennisspiel, die nach zunächst klarer Führung eintritt und auf einem Leistungseinbruch der späteren Verliererin bzw. des späteren Verlierers basiert – man spricht hier manchmal von der Angst vor dem Sieg. Ebenfalls typisch ist das auch beim Fußball, wenn in entscheidenden Momenten von Profifußballspielern Elfmeter verschossen werden. Psychologische Faktoren wie Angst und Druck gehören dabei zu den entscheidenden Ursachen für diesen Fehler.

    Unter Choking under pressure wird also jener abrupter Leistungsabfall von SportlerInnen in Stresssituationen verstanden, in denen eine Bewegung, die durch intensives Training eigentlich automatisiert sein müsste, in einer entscheidenden Wettkampfsituation nicht abgerufen werden kann.

    In Drucksituationen kann es aber generell bei Menschen zum choking kommen, was man dann allgemein als Prüfungsangst oder Versagensangst, manchmal auch als Lampenfieber bezeichnet. Die fachliche Unsicherheit läßt sich mit einer guten und gründlichen Vorbereitung und verschiedenen Hilfsmitteln recht gut in den Griff bekommen, doch etwas schwieriger aber nicht unmöglich ist es, sinnvoll mit Lampenfieber, dieser im Nachhinein scheinbar meist unbegründeten Angst umzugehen. Angst ist eine sehr sinnvolle Einrichtung der Evolution, denn sie signalisiert den Menschen Gefahren und man kann sich natürlich fragen, wo die Gefahr beim Vortragen einer Rede liegen kann. Bei einem Vortrag geht es jedoch nicht um eine existentielle Bedrohung, sondern vielmehr um Selbstwert, Prestige, um die Angst, das Gesicht zu verlieren oder sich vor anderen Menschen bloßzustellen. Es ist in jedem Fall sinnvoll, sich diese Angst bewusst zu machen, um sich ihr auch stellen zu können. Vor einem kleinen oder großen Publikum zu stehen und die Aufmerksamkeit aller Anwesenden zu erhalten ist eine Aufgabe, die man nicht alle Tage zu bewältigen hat. Doch es gibt viele Tipps, wie man Redeangst, Lampenfieber sowie etwaige Hemmungen und Schüchternheit überwinden kann, in manchen extremen Fällen auch durch Coaching, Verhaltenstherapie oder durch Hypnose.

    Mit choking wird in der Psychologie das Verkrampfen und Ersticken des eigenen Könnens gemeint, wenn man unter dem Druck steht, in einer konkreten Situation alles richtig machen zu müssen. Hinter dem Choking verbergen sich zahlreiche psychologische und neuronale Mechanismen, wobei etwa bei der klassischen Prüfungsangst der empfundene Druck vor allem Teile des Arbeitsgedächtnisses blockiert, das dann die durchaus mögliche gute Leistung verhindert. Auf Versagensängste reagiert der Körper bekanntlich mit einschlägigen Signalen, indem man schwitzt, sich der Puls beschleunigt, Stresshormone wie Cortisol  ausgeschüttet werden. Allerdings kommt es in manchen Fällen weniger auf diese körperlichen Prozesse an sich an, sondern darauf, wie Menschen diese körperlichen Reaktionen interpretieren. Interpretiert man diese als Zeichen der Angst, steigt das individuelle Risiko, Versagensangst zu entwickeln, vor allem dann, wenn Menschen schon von vornherein Ängste vor ähnlichen Situationen entwickelt haben. Wenn man die Erregung hingegen als Motivationsschub deutet, beeinflusst das erheblich den Erfolg. Dieses Verkrampfen lässt sich mit einfachen Maßnahmen bekämpfen, etwa dadurch, indem man über die eigenen Ängste schreibt oder dadurch, in dem man sich daran erinnert, dass solche Erregungen auch positive Erlebnisse begleiten, So kann man sich bewusst an Situationen erinnern, die man erfolgreich bewältigt hat. Schreiben hilft Menschen mit einer solchen positiven Strategie entlasten damit das von ihren Ängsten überlastete Arbeitsgedächtnis.

    Wenn man unter Druck zu einer erhöhten Selbstaufmerksamkeit neigt und diese einen Leistungsabfall verursachen kann, ist auch eine Aufmerksamkeitsablenkung durch die Anwendung von Vorhandlungsroutinen sinnvoll. Dabei handelt es sich darum, dass etwa SportlerInnen lernen, vor Handlungs- bzw. Bewegungsausführung regelmäßig gedankliche oder motorische Routinen durchzuführen. Beim Tennisspielen etwa ist es günstig, vor dem Aufschlag, dem Freiwurf usw. den Ball auf den Boden zu prellen, vor dem Elfmeterschuss das Machen einer ermutigenden Bemerkung (los, rein), vor dem Return im Tennis eine Routineschleife durchlaufen, die darin besteht, nach Beendigung des Ballwechsels zunächst zum Platzende zu gehen, kurz zu entspannen, den Blick auf den Schlägerkopf zu richten, eine ermutigende Selbstinstruktion zu geben und sich dann zurück zur Grundlinie zu begeben bzw. sich für den Aufschlag oder den Return zu positionieren und darauf zu konzentrieren. Vorhandlungsroutinen müssen gut gelernt und automatisiert sein, denn nur dann  führen sie dazu, dass man den Druck weniger stark empfindet und zugleich die Aufmerksamkeit fokussiert. Auch kann gelernt werden, mit ablenkenden Reizen umzugehen, wobei es wichtig ist, Drucksituationen zu simulieren und sich dadurch an den Umgang mit Druck zu gewöhnen. Je nach Sportart kann man beispielsweise unter simuliertem Zuschauerlärm, Flugzeuglärm oder in großen Stadien oder Hallen trainieren, um sich an Lärm oder an die Weite der Arenen zu gewöhnen.

    Eine interessanten Methode, dem Druck in Extremsituationen standzuhalten, zeigten in einem Experiment Berleant et al. (2018). Sie ließen Versuchspersonen im Gehirnscanner eine Aufgabe vollführen, die einiges an motorischem Geschick und Koordinationsfähigkeit erforderte. Je höher die versprochene Belohnung ausfiel, desto höher war auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Probanden plötzlich dem choking zum Opfer fielen und nichts mehr gelang. Um die Gefahr des choking zu reduzieren, sollten die Teilnehmern in einem zweiten Versuch sollten sich die Probanden vorstellen, sie wären bereits in Besitz der Belohnung und würden nun dafür arbeiten, diese auch behalten zu dürfen. Das führte tatsächlich dazu, dass die Probanden weniger häufig scheiterten. Im Gehirn zeigte sich dabei eine geringere Aktivität im ventralen Striatums – einem Stresszentrum im menschlichen Gehirn – und auch Hautwiderstandsmessungen zeigten, dass die Probanden im zweiten Durchlauf weniger Stress empfanden. Offenbar half dieses andere Denken, den Druck aus der Situation zu nehmen. Es empfiehlt sich daher, vor wichtigen Aufgaben Chancen und Risiken der Problemstellung einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

    Slutter et al. (2021) haben mittels der funktionellen Nahinfrarotspektroskopie den Einfluss des Gehirns auf diesen Prozess untersucht, wobei jeder Teilnehmer 15 Elfmeter unter drei verschiedenen Druckbedingungen schießen musste: ohne Torwart, mit einem freundlichen Torwart und mit einem kompetitiven Torwart. Es wurden sowohl erfahrene als auch unerfahrene Fußballspieler rekrutiert, und die Gehirnaktivierung wurde gruppenübergreifend verglichen. Außerdem wurde die Aktivierung zwischen den Sitzungen, in denen sich die Teilnehmer ängstlich fühlten, und Sitzungen ohne Angstbericht sowie zwischen Elfmeterschießen und -vergeben verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass die aufgabenrelevante Hirnregion, der motorische Cortex, stärker aktiviert war, wenn die Spieler keine Leistungsangst verspürten. Es zeigte sich auch, dass die Aktivierung der aufgabenirrelevanten Areale mit dem Erleben von Leistungsangst und dem Verpassen von Elfmetern zusammenhing, insbesondere der präfrontale Cortex. Insbesondere konnte eine insgesamt höhere Aktivierung des präfrontale Cortex und eine Zunahme der lateralen Asymmetrie des präfrontale Cortex mit ängstlichen Spielern und verschossenen Elfmetern in Verbindung gebracht werden, was durch die Sorgen der Spieler über die Konsequenzen eines erzielten oder verschossenen Elfmeters verursacht werden kann. Wenn erfahrene Spieler sich ängstlich fühlten, stieg ihre linke temporale Cortexaktivierung, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass erfahrene Spieler die Situation überdenken und ihre automatisierten Fähigkeiten vernachlässigen. Außerdem ist die linke temporale Cortexaktivierung höher, wenn unerfahrene Spieler erfolgreich einen Elfmeter schießen. Insgesamt stehen die Ergebnisse dieser Studie im Einklang mit der Theorie der neuronalen Effizienz und zeigen die Machbarkeit und ökologische Validität, um neurologische Hinweise, die für Angst und Leistung relevant sind. Auf Grund dieser Erkenntnisse könnten Fußballer mit dieser Methode lernen, was das Gehirn in so einer Situation macht, um am Ende besser zu werden.

    Nach einer Untersuchung von Beckmann et al. (2021) verhindert das kräftige Kneten eines Gegenstands mit der Hand einen Leistungsabfall unter Druck. In verschiedenen Sportarten (Badminton, Fußball, Beachvolleyball, Golf, Taekwondo, Turnen) hatte man schon nachweisen können, dass das Kneten oder Pressen eines kleinen Balls zu einer merkbaren Entspannung führt. Es hatte sich also gezeigt, dass das dynamische Zusammendrücken der linken Hand bei Rechtshändern in einer Reihe von Sportarten wirksam ist, um ein Versagen in Form des Choking under Pressure zu verhindern. In der vorliegenden Studie wurde die Wirksamkeit des dynamischen Handgriffs der linken Hand bei der Verhinderung eines Präzisionsverlusts bei Tennisaufschlägen in Wettkampfsituationen untersucht. Zwanzig rechtshändige, hochqualifizierte Nachwuchssportler führten acht Tennisaufschläge auf ein Ziel ohne Druck aus (Vortest), gefolgt von acht Aufschlägen unter Druck (Nachtest). Zehn der Teilnehmer führten vor dem Posttest den dynamischen Handgriff mit der linken Hand aus, während die anderen zehn einen entsprechenden Handgriff mit der rechten Hand ausführten. Die Treffsicherheit der Gruppe, die den Handgriff mit der rechten Hand ausführte, nahm von vor bis nach dem Test signifikant ab, während die Treffsicherheit der Gruppe mit dem dynamischen Handgriff mit der linken Hand stabil blieb. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der dynamische Handgriff mit der linken Hand eine Verringerung der Genauigkeit des Tennisaufschlags in Wettkampfsituationen als eine Form des Versagens unter Druck verhindern kann. Diese Technik könnte leicht in die Aufschlagroutine von Tennisspielern integriert werden und eine stabile Spielleistung in Wettkämpfen fördern. Es zeigte sich auch, dass die Gehirne der ballknetenden Sportler im EEG deutlich entspannter waren als in den Versuchen mit leerer linker Hand.

    Literatur

    Beckmann, Jürgen, Fimpel, Lukas & Wergin, V. Vanessa (2021). Preventing a loss of accuracy of the tennis serve under pressure. Public Library of Science, 16, doi:10.1371/journal.pone.0255060.
    Berleant, Joseph, Dunne, Simon, O’Doherty, John P. & Chib, Vikram S. (2018). Reappraisal of incentives ameliorates choking under pressure and is correlated with changes in the neural representations of incentives. Social Cognitive and Affective Neuroscience, 14, 13-22.
    http://www.medicalsportsnetwork.de/archive/535450/Choking-under-pressure.html (12-03-21)
    Mesagno, C. & Beckmann, J. (2017). Choking under pressure: Theoretical models and interventions. Current opinion in psychology, 16, 70-175.
    Slutter, Max W. J., Thammasan, Nattapong & Poel, Mannes (2021). Exploring the Brain Activity Related to Missing Penalty Kicks: An fNIRS Study. Frontiers in Computer Science, 3, doi:10.3389/fcomp.2021.661466.
    Stangl, W. (2021, 29. März). In den Ball kneten gegen Prüfungsangst. News zum Thema Lernen.
    https:// news.lerntipp.at/in-den-ball-kneten-gegen-pruefungsangst/.


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