Zum Inhalt springen

Konzentration

    Beim Nachdenken denke ich mir meist selbst ständig dazwischen …
    Mone Hartman

    Konzentration ist die willentliche Fokussierung der Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Tätigkeit, das Erreichen eines kurzfristig erreichbaren Ziels oder das Lösen einer gestellten Aufgabe. Fokussierung bedeutet dabei, dass für eine gewisse Zeit auf das momentan Ausgeübte oder Empfundene geachtet wird, je nach Aufgabe auch auf Kommendes. Konzentration erfordert geistige Energie und lässt mit der Zeit nach, sodass man üblicherweise unter Konzentration das relativ lange andauernde Aufrechterhalten eines Aufmerksamkeitsniveaus versteht. Es gibt zahlreiche Einflussfaktoren für die Aufrechterhaltung oder Störung der Konzentration, wobei der bedeutendste die emotionale Befindlichkeit ist, aber auch physische Zustand und die Umgebungsbedingungen wirken sich fördernd oder störend auf die Konzentration aus. Manche dieser Aspekte stehen zueinander in Wechselwirkung. Die Messung der Konzentration erfolgt mit Hilfe standardisierter Tests (Aufmerksamkeits-Belastungs-Tests), die die Fähigkeit abbilden, bestimmte Aufgaben über eine bestimmte Zeit hinweg durchzuführen, wobei die Auswertung nach Anzahl der bewältigten Aufgaben und der Qualität erfolgt.

    Siehe dazu auch Störungen der Aufmerksamkeit – „Konzentrationsstörungen“.


    Übrigens: Das Phänomen des Kniewippens wird oft mit Unkonzentriertheit assoziiert, tatsächlich führt es jedoch zu mehr Ausgeglichenheit und fördert dadurch die Konzentrationsfähigkeit.


    Konzentration von Kindern und Erwachsenen

    Die Aufmerksamkeit von Kindern ist ist wesentlich breiter gestreut, während sich Erwachsene eher auf Weniges und Wichtiges konzentrieren, d. h., Erwachsene fokussieren ihre Aufmerksamkeit auf etwas, das sie im Moment für wichtig halten, doch Kinder ignorieren nichts, sie registrieren alles in ihrer Umgebung und können so in bestimmten Lernsituationen bessere Leistungen erbringen als Erwachsene. Blanco & Sloutsky (2019) verglichen in einem Versuch die Aufmerksamkeit von Erwachsenen sowie von 4- und 5-jährigen Kindern, indem sie Informationen, die zu Beginn des Experiments irrelevant waren, plötzlich für eine zu erledigende Aufgabe wichtig werden ließen. Erwachsenen fiel es schwer sich anzupassen, weil sie diese Informationen nicht behielten, die für sie unwichtig war, Kinder hingegen konnten diese überraschende Herausforderung bewältigen, weil sie eben nichts ignoriert hatten. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Kinder dazu neigen, ihre Aufmerksamkeit breiter zu fächern, während Erwachsene selektiv aufmerksam sind und sich auf einige wenige Informationen konzentrieren, die sie für wichtig halten. Vermutlich gehört eine weit gestreute Aufmerksamkeit für kleine Kinder zum Entwicklungsprozess, denn wenn sie auf alles achten, sammeln sie mehr Informationen, die ihnen helfen, auch mehr zu lernen.

    Das Smartphone in Sichtweite

    Skowronek, Seifert & Lindberg (2023) haben nun die Hypothese überprüft, ob die bloße Anwesenheit eines Smartphones zu kognitiven Kosten und einer geringeren Aufmerksamkeit führt. Probanden im Alter von 20 bis 34 Jahren führten einen Konzentrations- und Aufmerksamkeitstest in Gegenwart und Abwesenheit eines Smartphones durch. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die bloße Anwesenheit eines Smartphones zu einer geringeren Leistung führt, was die Hypothese stützt, dass die Anwesenheit des Smartphones begrenzte kognitive Ressourcen nutzt, wobei vor allem die Geschwindigkeit der kognitiven Leistung und die Verarbeitung von Informationen beeinträchtigt werden  Die bloße Anwesenheit des Smartphones wirkt sich demnach ungünstig auf die Produktivität aus, wobei es nicht einmal zu einer Interaktion mit dem Gerät kommen muss, denn die bloße Tatsache, dass das Mobiltelefon in Sichtweite ist, auch wenn es ausgeschaltet ist, beeinflusst die kognitive Leistung, denn die Menschen arbeiten dann langsamer und unkonzentrierter. Interessanterweise hat dabei die individuelle Ausprägung einer Handysucht keine Auswirkungen auf diesen negativen Effekt.


    Ich liebe die zerstreuten Menschen. Zerstreutheit ist ein Zeichen von Gedanken, von Güte. Die dummen und bösartigen Menschen sind immer geistesgegenwärtig.
    Charles-Joseph de Ligne

    Soll man sich stundenlang konzentrieren?

    Manche Menschen wünschen sich, stundenlang konzentriert zu arbeiten ohne sich ablenken zu lassen. Doch das ist unmöglich, denn kein Gehirn ist darauf eingestellt, Ablenkung zu vermeiden, sondern sucht stets aktiv nach Veränderungen in der Umwelt. Das liegt daran, dass es im Gehirn leistungsstarke Filtersysteme für eintreffende Informationen gibt, denn alles, was sich nicht ändert und lange Zeit konstant bleibt, wird einer bewussten Verarbeitung vorenthalten und daher ausgeblendet. Erst wenn sich wieder etwas in der Umgebung ändert, ist das für das Gehirn ein Signal, die Aufmerksamkeit auf diese Veränderung zu richten. Übrigens sind viele Applikationen auf einem Smartphone so programmiert, dass sie sich diese Filterfunktion des Gehirns zunutze machen, indem sie die Aufgaben innerhalb einer Tätigkeit variieren, eine Über- oder Unterforderung des Nutzers vermeiden und permanent Feedback über den Leistungsfortschritt geben. Um die Konzentration dennoch hoch zu halten, ist es günstig, auch innerhalb einer Aufgabe verschiedene Tätigkeiten zu suchen, denn schafft man eine gewisse Veränderung innerhalb einer Tätigkeit, wird man weniger anfällig für Einflüsse von außen. Dadurch kommt man einer möglichen Ablenkung zuvor und lenkt sich gewissermaßen selbst ab. Hinzu kommt, dass die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsgedächtnisses begrenzt ist, und etwa durch Mikropausen – nicht länger als eine Minute, während der man etwa aufsteht und zum Fenster hinausschaut oder einfach nur ein paarmal tief durchatmet -, die man in seine Tätigkeit einstreut, kann das Gehirn das Arbeitsgedächtnis besser strukturieren.

    Augen beim Konzentrieren schließen?

    Im Allgemeinen ist  man der Ansicht, dass man mit geschlossenen Augen konzentrierter Zuhören kann als mit offenen. Wöstmann, Schmitt & Obleser (2020) haben nun in einem Experiment die Gehirnströme beim Zuhören mit offenen und geschlossenen Augen untersucht. Die Studienteilnehmer hörten unter den beiden Bedingungen Zahlwörter, die abwechselnd von einer männlichen und einer weiblichen Stimme gesprochen wurden, wobei sie nur einer der beiden Stimmen zuzuhören und die andere ignorieren sollten. In den Gehirnströmen fanden die Forscher schnell ein klares Muster, denn immer dann, wenn die Probanden konzentriert zuhörten, stieg die Größe der Alpha-Wellen um etwa 10 Schwingungen pro Sekunde, während diese beim Weghören wieder kleiner wurden. Die Studienteilnehmer konnten dabei das rhythmische Auf und Ab der Alpha-Wellen durch das Schließen der Augen deutlich verstärken, was bedeutet, dass das Schließen der Augen somit für eine schärfere Trennung von relevanten und störenden akustischen Signalen im Gehirn sorgt. Überraschend war hingegen, dass sich die Leistung beim Zuhören mit geschlossenen Augen nicht auswirkte, denn das Schließen der Augen hatte in diesem Experiment keinen Einfluss darauf, wie gut die Studienteilnehmer nach der Höraufgabe angeben konnten, ob einzelne Zahlwörter zuvor zu beachten waren oder nicht. Das konnte in einem weiteren Experiment, bei dem ein Ton vor einem Hintergrundrauschen erkennen mussten, bestätigt werden. Dennoch ist vom Schließen der Augen beim Zuhören nicht abzuraten, denn wenn es jemand beim konzentrierten Zuhören gut tut, die Augen zu schließen, sollten man dies tun. Diese Untersuchung zeigt jedoch deutlich, dass das Schließen der Augen keinesfalls ein Allheilmittel ist, um die objektive Hörleistung zu steigern.

    Pflanzliche Mittel zur Förderung der Konzentration

    Folgende Pflanzenextrakte sollen sich nach Medienberichten positiv auf die Konzentration und das Gedächtnis auswirken: Rosmarin wird oft als „Kraut der Erinnerung“ bezeichnet, denn er enthält Rosmarinsäure, die die Durchblutung des Gehirns fördern kann, wodurch die geistige Leistungsfähigkeit und das Gedächtnis gesteigert werden. Ginkgo-Extrakte können die Durchblutung des Gehirns verbessern und die Fließfähigkeit des Blutes in den kleinsten Gefäßen erhöhen, was dazu beitragen kann, die mentale Klarheit und das Gedächtnis zu steigern. Ginseng wiederum kann die Stressresistenz erhöhen und die geistige Leistungsfähigkeit verbessern. Die Einnahme von Pflanzenextrakten zur Unterstützung des Gehirns sollte aber immer in Absprache mit einem Arzt erfolgen, besonders wenn gesundheitliche Bedenken vorliegen.


    Einige Definitionen

    „Bewusstes Lenken und Kontrollieren der Aufmerksamkeit auf Reize und Reizkonstellationen (Sachverhalte der Umgebung und des eigenen Körpers)“ (Brunner & Zeltner, 1980, S.122).

    Psychologisch gesehen spricht man von Konzentration auch als eine Bündelung von Kräften, die aber von verschiedenen Variablen oder Einflüssen wie Interesse, Ermüdung, Motivation uvm. und äußeren Gegebenheiten wie Ruhe, Stoffmenge uvm. sehr abhängig sind (vgl. Köck & Ott, 1976, S.388).

    Die Konzentrationsfähigkeit bezeichnet vor Allem, dass das Eine, das gerade bewusst getan, gedacht und erlebt wird, nicht ständig wechselt, sondern, dass die ganze ungeteilte Aufmerksamkeit für längere Zeit auf die gleiche Sache gerichtet bleiben kann (vgl. Werneck & Ullmann, 1972, S. 8).

    „Konzentration: Sammlung, Ausrichten der Aufmerksamkeit auf eng umgrenzte Sachverhalte“ (Dorsch, 1994, S.405).
    „Der Begriff „Konzentration“ (lat. concentrare) entstammt der Umgangssprache, in der er Träger der verschiedensten Bedeutungen ist: Sammlung und Anreicherung, Gruppierung um einen Mittelpunkt, Zusammenfassung und Vereinigung, […]. Immerhin erfuhr er dabei insofern eine Einengung, als er in ein festes Verhältnis zu den psychologischen Funktionsbegriffen Aufmerksamkeit und Wille gebracht wurde“ (Mierke, 1957, S. 5f).


    Kurioses zur Konzentration:  Der US-Neurowissenschaftler Devon Greco hat die Tagtraum-Brille Narbis entwickelt, die ihren Träger zwingt, sich zu konzentrieren.

    Literatur

    Blanco, N. J. & Sloutsky, V. (2019). Systematic Exploration and Uncertainty Dominate Young Children’s Choices, doi:10.31234/osf.io/72sfx.
    Brunner, R. & Zeltner, W. (1980). Lexikon zur Pädagogischen Psychologie und Schulpädagogik. München: Ernst Reinhardt, GmbH & Co, Verlag.
    Dorsch, F. (1994). Dorsch Psychologisches Wörterbuch. Bern: Verlag Hans Huber.
    Köck, P. & Ott, H. (1976). Wörterbuch für Erziehung und Unterricht. Donauwörth: Ludwig Auer GmbH.
    Mierke, K. (1957). Konzentrationsfähigkeit und Konzentrationsschwäche. Bern: Verlag Hans Huber.
    Skowronek, Jeanette, Seifert, Andreas & Lindberg, Sven (2023). The mere presence of a smartphone reduces basal attentional performance. Scientific Reports, 13, doi:10.1038/s41598-023-36256-4.
    Stangl, W. (2023, 1. Juli). Schon das Smartphone in Sichtweite kann die Konzentration stören. arbeitsblätter news.
    https://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/schon-das-smartphone-in-sichtweite-kann-die-konzentration-stoeren/.
    Werneck, T. & Ullmann, F. (1972). Konzentrationstraining. Praktische Übungen zur Verbesserung des Erinnerungsvermögens und der Beobachtungsfähigkeit sowie zur Intensivierung der Konzentration. München: Wilhelm Heyne Verlag.
    Wöstmann, M., Schmitt, L.-M., & Obleser, J. (2020). Does Closing the Eyes Enhance Auditory Attention? Eye Closure Increases Attentional Alpha-Power Modulation but Not Listening Performance. Journal of Cognitive Neuroscience, 32, 212-225.
    https://www.wiwo.de/erfolg/management/rat-der-weisen-wie-bleibe-ich-stundenlang-konzentriert-ohne-mich-ablenken-zu-lassen/26879024.html (21-02-04)

    Übrigens: Im Internet findet man in diversen Hilfeforen immer wieder die Schreibweise „Kontzentration“ bzw. „kontzentrieren“ 😉


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    3 Gedanken zu „Konzentration“

    1. Short-Form-Content & TikTok-Gehirn

      Die immense Popularität von TikTok hat das Interesse an den Auswirkungen der Social-Media-Plattform auf das Gehirn geweckt, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, die die Anwendung dominieren. Eine neue Studie legt nahe, dass die endlose Abfolge von 15-sekündigen Videos ihre Aufmerksamkeitsspanne verändert und die Entwicklung eines TikTok-Gehirns fördert. Der Antrieb, Reaktionen im Belohnungssystem des Gehirns auszulösen, treibt das endlose Scrollen durch TikTok-Videos an, so dass diese Plattform als »Dopamin-Maschine« bezeichnet wird, da sie Dopamin freisetzt, einen Neurotransmitter, der bei erwarteten Belohnungen aktiviert wird.
      Dieser Prozess erzeugt Freude und motiviert dazu, die lohnende Aktivität fortzusetzen, denn man scrollt so lange, bis etwas gefällt oder einen zum Lachen bringt, wodurch das Gehirn einen Dopaminschub erhält, der dazu motiviert, weiterzumachen, um noch mehr Dopamin freizusetzen. Diese Wiederholungen können das Verlangen nach Belohnung bei kürzeren Inhalten verstärken und bei längeren Inhalten abschwächen.
      Kinder sind besonders anfällig für eine verkürzte Aufmerksamkeitsspanne, da sie oft Schwierigkeiten haben, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren, und die ständig wechselnden Inhalte von TikTok erfordern keine tiefe Konzentration.
      Der Vormarsch von Short-Form-Content scheint ungebremst, denn immer mehr Apps kopieren das Erfolgskonzept von TikTok, wie etwa YouTube mit seinen Shorts oder Meta mit den Instagram Reels.
      Quelle: https://www.gamestar.de/artikel/tiktok-gehirn-aufmerksamkeit,3399284.html (23-08-22)

    2. Uma Naidoo, einer Ernährungspsychiaterin an der Harvard Medical School

      Nach Uma Naidoo, einer Ernährungspsychiaterin an der Harvard Medical School, gibt es fünf Lebensmittel, die sie selbst regelmäßig zu sich nimmt, um die Konzentration zu stärken:
      Extra dunkle Schokolade mit einem Kakaoanteil von mindestens 70 Prozent.
      Rote, blaue und schwarze Beeren.
      Kurkuma.
      Grünes Blattgemüse wie Spinat, Mangold unddiverse Kohlsorten.
      Fermentierte also vergorene Lebensmittel.

    3. Detlef Träbert

      Konzentration – der Schlüssel zum Schulerfolg

      „Nun pass aber mal auf!“
      „Gestern hast du es doch noch gekonnt!“
      „Mein Gott, jetzt konzentrier dich doch endlich mal!“

      Haben solche Ermahnungen je einem Kind zu mehr Konzentration verholfen? Was vielen Eltern nicht klar ist: Konzentration ist keine reine Willenssache. Es gibt viele Ursachen für Konzentrationsprobleme. Die gute Nachricht ist: Konzentration kann durch Training erheblich verbessert werden. Lernexperte Detlef Träbert erklärt in seinem neuen Buch anschaulich und verständlich, was Konzentration ist, wie sie gefördert und beim Lernen ganz praktisch unterstützt werden kann. Es enthält viele konkrete Tipps, Übungen und Spiele zur Konzentrationsförderung, gefüllt mit einer wertvollen Mischung aus Fragebögen, anregenden Zitaten und wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zum Nachdenken einladen.

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Inhaltsverzechnis