Das menschliche Gehirn ist ganz allgemein betrachtet ein Meister der Täuschung, denn die Erfahrungen und Handlungen eines Menschen offenbaren wenig über seine innere Funktionsweise, denn durch den Geist erfolgt eine fortlaufende Konstruktion aus Gehirn, Körper und umgebender Welt. In jedem Moment, in dem man die Welt um sich herum sieht, denkt, fühlt und durch das Leben navigiert, setzt sich die Wahrnehmung aus drei Komponenten zusammen: einerseits den Signalen, die man von der Außenwelt empfängt (Sinnesdaten wie Lichtwellen und Geräusche), andererseits den Sinnesdaten von Ereignissen im eigenen Körper (Kreislauf, Atmung) und schließlich den Erfahrungen der Vergangenheit (Erinnerungen, Gelerntes). Das menschliche Gehirn nutzt dabei die gespeicherten Informationen, um die Sinnesdaten der Gegenwart zu erklären, die nächste Handlung zu planen und vorherzusagen, was als Nächstes kommen könnte.
„Sinnestäuschungen sind Sinnesempfindungen, die im Gegensatz zur objektiven Wirklichkeit stehen. Sie beruhen nicht auf einem Fehler in Bau oder Funktion des Sinnesorganes, sondern auf der Art der Verarbeitung der Sinnesimpulse im Zentralnervensystem zu Wahrnehmungen, z.B. die optischen Täuschungen und die Illusion; im Unterschied zu krankhaften Sinnestäuschungen (Trugwahrnehmung, Bewusstseinstäuschung; Halluzination)“ (Brockhaus, 2006, S. 318).
Eine Sinnestäuschung ist eine veränderte Wahrnehmung der objektiven Wirklichkeit mit den menschlichen Sinnen und dem Gehirn. Diese falsche Wahrnehmung wird in Illusion und Halluzination unterschieden. Sie differenzieren sich dadurch, das bei der Halluzination keine objektive Gegebenheit in der menschlichen Umwelt stattfindet, bei der Illusion hingegen schon (vgl. Dorsch, 1998, S. 796).
Sinnestäuschungen sind Sinnesempfindungen, welche nicht mit der objektiven Wirklichkeit übereinstimmen. Diese verfälschte Wahrnehmung basiert auf der Verarbeitung der Sinnesimpulse im zentralen Nervensystem. Die Resultate dieser Interaktionen im Gehirn können optische Täuschungen, Halluzinationen oder Illusionen sein (vgl. Weiß, 2006, S. 438).
„Sinnesempfindungen, die aufgrund fehlerhafter Verarbeitung äußerer Reize (Illusion, optische Täuschungen) oder bei völliger Abwesenheit äußerer Reize (Halluzinationen) auftreten. Da in die menschliche Wahrnehmung emotionale Prozesse sowie frühere Erfahrungen und Denkvorgänge miteinfließen, sind Sinnestäuschungen u. a. bei ungewohnten Reizkonstellationen oder bei emotionalen Belastungen zu erwarten“ (Meyer, 1977, S. 763).
Eine Sinnestäuschung ist entweder eine verfälschte Wahrnehmung von Gegebenheiten (Illusion) oder ein Sinneseindruck von nicht nachweisbaren Interaktionen (Halluzination). Diese beiden Sinnesverfälschungen sind das Resultat von psychologischen Abläufen im Gehirn oder von Rauschmitteln. Sinnestäuschungen können auch zum Teilgebiet der optischen Täuschungen gezählt werden (vgl. Bertelsmann Lexikon, 1985, S. 226).
Beispiel: Warum wirkt im rechten Bild die Straße länger als im linken Bild?
[Bildquelle: https://imgur.com/L8swkHh (18-02-08)]
Hinweis: Die beiden Bilder sind Pixel für Pixel identisch!
Siehe dazu auch Optische Täuschungen
Auch wenn optische Täuschung zu den frühen Forschungsthemen der Psychologie gehören, findet man immer wieder neue Formen, die Rätsel aufgeben. So stellten Karlovich & Wallisch (2021) mit den Scintillating Starbursts eine neue Form einer optischen Täuschung vor, und zwar einen Stimulustyp, der aus konzentrischen Sternpolygonen besteht, die illusorisch funkelnde Strahlen oder Balken induzieren. Sie haben auch experimentell überprüft, welche Faktoren, wie z.B. Kontrast und Anzahl der Scheitelpunkte modulieren und wie Beobachter diese Stimuli erleben. Sie versuchen auch zu erklären, wie diese Illusion durch das Zusammenspiel bekannter visueller Prozesse entsteht, insbesondere durch zentrales versus peripheres Sehen, und interpretieren die Phänomenologie, die durch diese Muster hervorgerufen wird. Vermutlich gibt es eine Verwandtschaft zu bekannten visuellen Täuschungen wie den illusorischen Konturen, den Gittertäuschungen, der Nadelkissen-Gitter-Täuschung sowieden Moiré-Mustern.
Literatur
Bertelsmann Lexikon. (1985). Sinnestäuschungen. Die große Bertelsmann Lexikothek in 15 Bänden. Berlin: Bertelsmann Lexikothek Verlag.
Brockhaus. (2006). Sinnestäuschungen. Brockhaus Enzyklopädie in vierundzwanzig Bänden. Leipzig: Verlag F.A. Brockhaus GmbH.
Dorsch, F. (1998). Sinnestäuschung. Psychologisches Wörterbuch. Tübingen: Verlag Hans-Huber.
Karlovich, Michael W. & Wallisch, Pascal (2021). Scintillating Starbursts: Concentric Star Polygons Induce Illusory Ray Patterns. i-Perception, 12, doi:10.1177/20416695211018720.
Meyer. (1977). Sinnestäuschungen. Meyers Enzyklopädisches Lexikon in 25 Bänden. Mannheim: Lexikonverlag.
Weiß, J. (2006). Sinnestäuschung. Das Lexikon für Österreich in 20 Bänden. Mannheim: Dudenverlag.
https://notiert.stangl-taller.at/zeitgeistig/das-menschliche-gehirn-als-meister-der-taeuschung/ (21-11-09)