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psychische Sättigung

    Psychische Sättigung ist ein Begriff aus der klassischen psychologischen Forschung der Gestaltpsychologie aus den Anfängen des vorigen Jahrhunderts, und bezeichnet jenes Phänomen, das sich bei häufiger Ausführung einer Handlung einstellen kann. Eine psychische Sättigung kann zunächst zu Beginn als angenehm oder zumindest neutral empfunden werden, doch verliert eine Tätigkeit im Zuge der Wiederholung allmählich ihren positiven Aufforderungscharakter für die oder den Handelnden, und sie bzw. er entwickelt eine ausgeprägte Aversion gegenüber der Tätigkeit, bis hin zu Überdruss und Widerwillen. Die Intensität dieses Monotoniezustandes ist dabei im Wesentlichen abhängig von der Frequenz der Tätigkeit, vom Grad der Vollständigkeit der Aufgabe, der Anzahl der Teilelemente, vom  Anforderungsniveau, vom Reizmangel und der Abwechslungsarmut. Eine solche Abneigung steigert sich manchmal so weit, dass die bzw. der Handelnde trotz eines gewissen äußeren Zwangs, trotz guten Willens und großer Anstrengungsbereitschaft, die Arbeit fortzuführen, diese nicht mehr ausführen kann und diese abbricht.

    Das Konzept der psychischen Sättigung ist eingebettet in eine Theorie der Bedürfnisse, nach welcher von einer Hungerphase durch Befriedigungshandlungen Aktivitäten in eine Sättigungsphase übergeführt werden, wobei Befriedigungshandlungen über die Sättigungsphase hinaus zu einer Übersättigung führen, die mitunter eine sehr lange oder endgültige Abneigung gegen das betreffende Befriedigungsmittel fixieren kann. Die Sättigungsphase pflegt nach Lewins Ansicht auf Grund allgemeiner Lebensprozesse allmählich wieder einem Hungerzustand des Bedürfnisses zu weichen.

    [Grafik: Lewin, 1928, S. 237]

    Lexikalische Definitionen

    Psychische Sättigung bezeichnet einen Zustand der affektgeladenen Abneigung gegen eine wiederholt ausgeführte Handlung oder lange andauernde einförmige Situation. Sie ist zu unterscheiden von Ermüdung, die nicht psychische Sättigung verursacht, wenngleich sie als Folgeerscheinung während des Sättigungsprozesses auftreten kann, und von Monotonie, einem Zustand herabgesetzter Aktivität infolge von einförmiger Tätigkeit (vgl.  Karsten, 1971, S. 466).

    Eine Zwischenposition zwischen körperlichen Reaktionen und Emotionen nehmen (zeitlich eng begrenzte) Erscheinungen wie Ermüdung oder Sättigung ein. „Ermüdung“ bzw. „Erschöpfung“ oder „Sättigung“ können auch als rein physiologische Zustände verstanden werden (vgl. Ulich, 2007, S. 198).

    „Scheinbar monotone Arbeiten sind häufig für den betreffenden Arbeiter durchaus nicht monoton und umgekehrt scheinbar abwechslungsreiche höchst langweilig. Erst die genaue Untersuchung der seelischen Faktoren der verschiedenen Arbeiten vermag überhaupt die konkreten Aufgaben und Ziele der Erhöhung des Lebenswerts der Arbeit im Einzelnen herauszustellen“ (Lewin, zit. nach Ulich, 2007, S. 198).

    Psychische Sättigung beschreibt einen Zustand von innerer Ablehnung und Widerwillen gegenüber sich immer wieder wiederholenden Abläufen verbunden mit negativen Gefühlen wie Frustration und Ärger, der zu Leistungsabfall und Rückzugstendenzen führt. Man könnte es auch übersetzen in „die Arbeit satt haben“ (Riechert, 2011, S. 24).

    Es kommt zu Symptomen wie Müdigkeit und Leistungsstörungen. Sättigung ist durch einen Zustand gesteigerter Anspannung charakterisiert. Dieser entsteht aus dem Widerwillen gegen  die Aufnahme oder Fortführung einer Tätigkeit: man hat es „satt“. Auch wenn Tätigkeiten mit hohem Wiederholungsgrad eher als andere zu psychischer Sättigung führen, ist offenbar eher die Einstellung zu einer Tätigkeit als deren ständige Wiederholung entscheidend (vgl. Stengel, 1997, S. 471).

    Eintönige Reize (Aufgaben, Handlungen) oder immer wiederkehrende Reize bewirken ein Nachlassen des Interesses, schließlich sogar eine Unempfindlichkeit gegenüber diesen Reizen; psychische Sättigung bedeutet nicht unbedingt Ermüdung (Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2011).

    Literatur

    Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2011
    Online im Internet: WWW: http://han.ubl.jku.at/han/brockhausonline/www.brockhaus-enzyklopaedie.de/be21_article.php (2011-10-24)
    Karsten, A. (1971). Sättigung. Lexikon der Pädagogik. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder KG.
    Karsten, Anitra (1928). Psychische Sättigung. Psychologische Forschung, 10, 142–254.
    Lewin, Kurt (1928). Die Bedeutung der psychischen Sättigung für einige Probleme der
    Psychotechnik. Psychotechnische Zeitschrift, 3, 182-188.
    Riechert, I. (2011). Psychische Störungen bei Mitarbeitern: Ein Leitfaden für Führungskräfte und Personalverantwortliche – von der Prävention bis zur Wiedereingliederung. Berlin: Verlag Springer.
    Stengel, M. (1997). Psychologie der Arbeit. Weinheim: Verlag Beltz, Psychologie-Verl.-Union.
    Ulich, E. (2005). Arbeitspsychologie. Zürich: Verlag  Vdf Hochschulverl.


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