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Selbstoffenbarung

    Schränken Sie sich nicht ein. Sie sind alles, was Sie haben.
    Janis Joplin

    Selbstoffenbarung (self-disclosure) ist die Tendenz, anderen Menschen vertrauliche Aspekte von sich selbst mitteilen. Selbstoffenbarung bezeichnet in der Psychologie, wenn jemand einer anderen Person etwas über sich selbst mitteilt, also eigene Gedanken, Gefühle oder Erfahrungen offenbart. Im Modell der Kommunikation von Schulz von Thun nimmt die Selbstoffenbarung einen wichtigen Platz ein, denn in jeder Nachricht steckt ein Stück Selbstoffenbarung des Senders, wobei damit sowohl die gewollte Selbstdarstellung als auch die unfreiwillige Selbstenthüllung einzuschließen ist.
    In der Tradition Sigmund Freuds wurde Selbstoffenbarung im Bereich psychologischer Beratung abgelehnt, weil diese die Sicht auf die Klintein oder den Klienten verstellt, während diese im Rahmen der humanistischen Psychologie etwa von Carl Rogers unterstützt wird, weil sie die Beziehung zwischen Beraterin bzw. Berater und Klientin bzw. Klienten verbessert. Wenn sich BeraterInnen gegenüber ihren KlientInnen offenbaren, können das persönliche Äußerungen sein, die sich auf das beziehen, was innerhalb der Beratung oder außerhalb davon  geschieht.
    Henretty et al. (2014) haben eine Metaanalyse durchgeführt und fassen bisherigen Experimente zusammen, wobei insgesamt  53 Studien aus den Jahren 1968 bis 2011 berücksichtigt wurden. Insgesamt zeigte sich ein geringer positiver Effekt, wenn BeraterInnen etwas von sich erzählten, denn die KlientInnen nahmen die Sitzungen dann als angenehmer und erfolgreicher wahr, jedoch hatte die Selbstoffenbarung keinerlei Einfluss auf den therapeutischen Prozess, d.h., die psychischen Symptome verbesserten sich dadurch nicht. Positive Effekte hatten vor allem persönliche Äußerungen der BeraterInnen, die ihre Erfahrungen außerhalb der Beratung wiedergaben, von eigenen negativen Gedanken oder Gefühlen handelten und auch der Sichtweise des KlientInnen ähnlich waren. Wesentlich war aber auch, dass die Äußerungen mit der Einstellung der KlientInnen übereinstimmten und diese ausgesprochen wurden, bevor sich der Klient offenbarte. Immerhin konnte belegt werden, dass beraterische Selbstoffenbarungen eine Therapie nicht entgleisen lassen und sich negativ auf den Therapieerfolg auswirken, sondern dass solche selbstoffnbarenden Äußerungen das Vertrauen und Selbstoffenbarungen seitens der KlientInnen förderten. Nach dieser Studie stärkt Selbstoffenbarung in der therapeutischen Situation eher das Vertrauensverhältnis zwischen Berater und Klienten und erhöht die Compliance bzw. die Offenheit im therapeutischen Gespräch.


    Übrigens entwickelt Kinder schon ab einem Alter von etwa fünf Jahren eine Vorstellung davon, was Ansehen ist und welche soziale Auswirkungen das eigene Ansehen mit sich bringt. Daher beginnen Kinder schon ab diesem Alter, aktiv an ihrer Selbstdarstellung zu arbeiten und sich anderen Menschen gegenüber positiv darzustellen. So verhalten sich Fünfjährige großzügiger, wenn sie wissen, dass ihnen jemand zuschaut (Silver & Shaw, 2018).

    Literatur

    Henretty, Jennifer R., Currier, Joseph M., Berman, Jeffrey S. & Levitt, Heidi M. (2014). The Impact of Counselor Self-Disclosure on Clients: A Meta-Analytic Review of Experimental and Quasi-Experimental Research. Journal of Counseling Psychology, 61, 191-207.
    Silver, Ike M. & Shaw, Alex (2018). Pint-Sized Public Relations: The Development of Reputation Management. Trends in Cognitive Sciences, 22, 277 – 279.


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