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recency-effect

    Der recency-effect bzw. Rezenzeffekt besagt, das die jüngsten Informationen in einer Reihe von Informationen am besten erinnert werden, und steht dem primacy-effect gegenüber. Oft hängt es  von der Situation ab, welcher der beiden Effekte stärker ausgeprägt ist. Bei der Reproduktion längerer Ketten von Information werden jedoch generell eher die zuerst und die zuletzt gelernten Begriffe erinnert. Der Recency-Effekt wird wird bei Experimenten auch dadurch begründet, dass die zuletzt dargebotenen Begriffe noch frisch im Gedächtnis gespeichert sind, denn der Effekt geht verloren, wenn kurz nach der Rezeption keine Reproduktion erfolgt sondern beispielsweise eine Pause eingeschoben wird. Im Vergleich zwischen visueller und auditiver Begriffsdarbietung kann beobachtet werden, dass visuell dargebotene Informationen einen höheren Primacy-, auditiv dargebotene Informationen einen höheren Recency-Effekt aufweisen, wobei dieses sinnesabhängige Phänomen als umgekehrter Modalitätseffekt (modality effect) bezeichnet wird.

    Was übrigens eine populärwissenschaftliche Interpretation aus dem recency-effect ableitet, lässt sich einem Presseartikel unter dem Titel „Der frühe Vogel fängt den Wurm – wie Sie den „Primat-Effekt“ nutzen können“ entnehmen:

    „… der Rezenz-Effekt besagt: Zuletzt verarbeitete Informationen werden stark gewichtet. Sie sind besser erinnerbar, da sie noch nicht anderweitig überschrieben worden sind. Wählen Sie also den späten Termin für Ihre Gehaltsverhandlungen – am allerbesten den allerletzten.“

    Und gleich als Verbindung mit dem primacy-effect wird empfohlen: „Beide Effekte können sich gegenseitig ganz hervorragend ergänzen – wir sprechen dann auch vom „Primat-Rezenz-Effekt“: Das Meiste holen Sie also bei Ihren Gehaltsverhandlungen raus, wenn es Ihnen gelingt, sowohl den ersten als auch den letzten Eindruck zu hinterlassen. Vielleicht ergattern Sie also den ersten Termin und treffen Ihren Boss abends noch einmal „zufällig“ auf dem Flur, um schnell noch für das angenehme Gespräch zu danken und ihm einen schönen Feierabend zu wünschen. Doppelt gemoppelt hält eben besser.“

    Besonders anfällig für den Rezenzeffekt sind zwar kleine Kinder, doch der Effekt macht sich auch im Erwachsenenalter bemerkbar, denn so haben Bewerber bessere Chancen auf eine Stelle, wenn sie als letzter Kandidat zum Vorstellungsgespräch eingeladen wordensind. Forscher konfrontierten Eineinhalb- bis Zweijährige mit Entweder-oder-Fragen, etwa danach, welchen von zwei Namen ein Spielzeug tragen soll. In etwa 85 Prozent der Fälle wählten die Kinder jene Option, die als zweite angeboten worden war. Je mehr Silben die Begriffe hatten, zwischen denen sich die Kleinen entscheiden mussten, desto eher wählten sie die zweite Option. Man wertet das als Hinweis darauf, dass der Arbeitsspeicher der Kinder durch solche Entscheidungen quasi überlastet ist und sie sich deshalb für die zweite, weil noch präsente Option entscheiden. Etwas ältere Kinder waren in weiteren Versuchen schon weniger anfällig für den Rezenzeffekt, ihre kognitiven Fähigkeiten waren also weiter entwickelt. Psychologen haben auch gezeigt, dass der letzte Bissen das Urteil über eine Mahlzeit besonders stark prägt. Auch wenn Popmusiker ihre besten Songs in Konzerten am erst bei der Zugabe präsentieren, sorgen sie dafür, dass ihr Publikum mit einem starken letzten Eindruck nach Hause geht.

    Literatur

    Sumner, E., DeAngelis, E., Hyatt, M., Goodman, N. & Kidd C. (2019). Cake or broccoli? Recency biases children’s verbal responses. PLoS ONE, doi:10.1371/journal.pone.0217207.
    Berliner Kurier vom 2. April 2012
    https://www.sueddeutsche.de/politik/rezenz-kinder-erinnerung-psychologie-entscheidung-ueberlastung-1.4511284 (19-07-05)


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