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Trisomie 21 – Down-Syndrom

    Die Trisomie 21 oder das Down-Syndrom bezeichnet eine mentale Retardierung und einer Reihe damit zusammenhängender körperlicher Merkmale, die durch ein zusätzliches Chromosom in der Erbanlage verursacht werden. Betroffene besitzen drei statt zwei Exemplare des Chromosoms Nummer 21 , daher auch der Name. Das überzählige genetische Material beeinflusst die körperliche und geistige Entwicklung, doch wie gravierend die Auswirkungen sind, ist von Mensch zu Mensch ganz verschieden. Das Down-Syndrom wurde erstmals im Jahr 1866 von John Langdon-Down beschrieben, der auch eine gezielte Förderung der Betroffenen anregte und der Krankheit den weit verbreiteten Namen gab. Die Wahrscheinlichkeit für ein Down-Syndrom  steigt mit zunehmendem Alter der Mutter, denn während eine 25-jährige Frau ein Risiko von ungefähr 1:1000 hat, steigt das Risiko bei einer 35-jährigen Frau auf 1:300.

    Kinder mit Down-Syndrom kommen meist mit einer verminderten Muskelspannung zur Welt, sodass die motorische Entwicklung in der Regel verzögert verläuft und Fähigkeiten wie Sitzen, Krabbeln oder Gehen werden erst später erreicht. Auch die Sprachentwicklung verläuft langsamer und es besteht meist eine mehr oder minder stark ausgeprägte geistige Behinderung. Charakteristisch für das Down-Syndrom sind dabei die typischen Gesichtszüge sowie angeborene Begleiterkrankungen wie Herzfehler oder Fehlbildungen des Magen-Darm-Trakts, doch nicht jedes mit Down-Syndrom geborene Kind muss alle diese Merkmale aufweisen. Besonders die intellektuellen Fähigkeiten sind in unterschiedlichem Ausmaß eingeschränkt, doch häufig besteht eine ausgeprägte Begabung im Sozialverhalten.

    Das Down-Syndrom ist keine Krankheit und kann daher nicht geheilt werden. Wichtig sind  daher früh einsetzende Förderungsprogramme für betroffene Kinder, damit sie ihre individuellen Entwicklungsmöglichkeiten voll ausschöpfen können. Die Frühförderung umfasst je nach den individuellen Bedürfnissen des Kindes Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Heilpädagogik. Trotz guter Förderung bleiben Menschen mit Down-Syndrom in der Regel ein Leben lang auf die Unterstützung angewiesen, ein völlig eigenständiges Leben ist daher oft nicht möglich.

    Wenn werdende Eltern erfahren, dass ihr Kind mit dem Down-Syndrom geboren werden wird, haben sie immer Fragen dazu, was diese Diagnose für ihren Sohn oder ihre Tochter und für den Rest ihrer Familie bedeutet. Immer mehr Eltern entscheiden sich für pränatale Tests während ihrer Schwangerschaft, und wenn sie etwas über eine Diagnose des Down-Syndroms erfahren, wollen sie Antworten aus dem wirklichen Leben auf solche Fragen wissen. In einer Untersuchung (de Graaf et al., 2019) wurden die Ergebnisse von Umfragen bei mehr als 2600 Familien in den USA und den Niederlanden zusammengefasst. Dabei sollten die Eltern die funktionellen Fähigkeiten ihres Kindes in elf Bereichen bewerten: Gehen, Essen, Sprechen, Pflegen, Körperhygiene, Lesen, Schreiben, Vorbereiten von Mahlzeiten, Arbeiten am Arbeitsplatz, Verabredungen, Reisen und unabhängiges Leben. Sie wurden auch nach gesundheitlichen Problemen oder Bildungs- bzw. Lernproblemen befragt. In beiden Stichproben lag das Alter der Familienmitglieder mit Down-Syndrom zwischen unter 5 und über 40 Jahren, wobei die meisten Familienmitglieder in den jüngsten Altersgruppen waren.

    Es zeigte sich, dass die meisten Menschen mit Down-Syndrom bis zum Alter von 25 Monaten gehen, bis zum Alter von 12 Jahren einigermaßen gut sprechen, bis zum Alter von 13 Jahren die Körperhygiene aufrechterhalten und bis zum Alter von 20 Jahren unabhängig arbeiten können. Im Alter von 31 Jahren lasen 49 Prozent recht gut, 46 Prozent konnten recht gut schreiben, 34 Prozent lebten unabhängig und rund 30 Prozent konnten unabhängig reisen. Die grössten Schwierigkeiten hatten die jungen Menschen, wenn sie Verkehrsmittel benutzen wollten und bei der Partnersuche. In beiden Gruppen wurden Lernprobleme häufiger berichtet als Gesundheitsprobleme, und Berichte über schwerwiegende Gesundheitsprobleme bei Personen mit Down-Syndrom nahmen mit zunehmendem Alter zu. Allerdings führen Fortschritte bei der sozialen, pädagogischen und medizinischen Unterstützung von Menschen mit Down-Syndrom zu einer noch größeren Verbesserung des Erwerbs von funktionalen Fähigkeiten.

    Eine neuere Studie von Manfredi-Lozano et al. (2022) hat gezeigt, dass eine spezielle Hormonbehandlung die geistigen Defizite von Menschen mit Down-Syndrom mindern könnte, denn in ihr verhalf eine gepulste Gabe des Gonadotropin-Releasing-Hormons sieben männlichen Down-Patienten zu verbesserten kognitiven Leistungen. Eine Studie mit Mäusen klärte nun den Mechanismus, der hinter der Leistungsverbesserung stehen könnte. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass Menschen mit Down-Syndrom oft unter nach der Pubertät einsetzenden Riechstörungen und Unfruchtbarkeit leiden, was eng mit der Funktion des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH) verknüpft ist. Das GnRH wird von speziellen Hirnzellen im Hypothalamus ausgeschüttet und reguliert vor allem die Produktion der Geschlechtshormone, wobei dieses Hormon auch auf verschiedene Hirnfunktionen wirkt und die höheren geistigen Leistungen beeinflussen kann. Man untersuchte zunächst das Gehirn von Mäusen, die an einer tierischen Variante des Down-Syndroms litten und es zeigte sich, dass bei diesen Tieren die Aktivität der GnRH-produzierenden Neuronen gestört war, wobei davon nicht nur die Neuronen im Hypothalamus, sondern auch die hormonproduzierenden Hirnzellen im Hippocampus und der Hirnrinde – den Arealen, die mit den geistigen Leistungen und dem Gedächtnis verknüpft sind, betroffen waren. Wurde die Genexpression von GnRH bei Testtieren künstlich blockiert, entwickelten die betroffenen Mäuse die gleichen Lerndefizite und Riechstörungen wie die Trisomie-Mäuse. Wenn man also die Fehlfunktion bei der neuronalen Hormonproduktion ausgleichen könnte, könnte dies auch die geistigen Defizite beim Down-Syndrom zumindest in Teilen beheben. Bei einer Überprüfung dieses Zusammenhangs zeigten die Tiere nach fünfzehn Tagen eine deutliche Verbesserung ihrer Lern- und Gedächtnisdefizite. Da die gepulste Hormonbehandlung mit GnRH ist schon seit längerem auch beim Menschen zugelassen ist – sie wird für die Therapie einer vom GnRH-Mangel verursachten Unfruchtbarkeit eingesetzt -, konnte man eine Pilotstudie mit sieben am Down-Syndrom leidenden männlichen Freiwilligen durchzuführen. Alle sieben Down-Patienten zeigten deutliche kognitive Defizite, Riechstörungen und vier von ihnen hatten zusätzlich Probleme beim Verständnis von Sprache. Alle sieben Teilnehmer bekamen eine kleine Pumpe unter die Haut gepflanzt, die alle zwei Stunden eine Dosis des GnRH-Hormons freisetzte. Nach sechs Monaten hatte sich die kognitive Leistung bei sechs von sieben Teilnehmern verbessert, und zwar bei den visuell-räumlichen Aufgaben, den exekutiven Funktionen, der Aufmerksamkeit und auch beim episodischen Gedächtnis, aber auch das sprachliche Verständnis hatte sich gebessert. Diese Wirkung der Hormontherapie zeigt sich auch bei Untersuchungen der Hirnfunktion mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomografie, denn nach der GnRH-Behandlung hatte sich bei den sieben Probanden die Verschaltung einiger für das Denken und Gedächtnis wichtigen Hirnareale verstärkt, darunter auch im Cortex und Hippocampus.

    Literatur

    Gert de Graaf, Susan P. Levine, Richard Goldstein & Brian G. Skotko (2019). Parents‘ perceptions of functional abilities in people with Down syndrome. American Journal of Medical Genetics, 1-16, doi:10.1002/ajmg.a.6100.
    Manfredi-Lozano, Maria, Leysen, Valerie, Adamo, Michela, Paiva, Isabel, Rovera, Renaud, Pignat, Jean-Michel, Timzoura, Fatima Ezzahra, Candlish, Michael, Eddarkaoui, Sabiha, Malone, Samuel A., Silva, Mauro S. B., Trova, Sara, Imbernon, Monica, Decoster, Laurine, Cotellessa, Ludovica, Tena-Sempere, Manuel, Claret, Marc, Paoloni-Giacobino, Ariane, Plassard, Damien, Paccou, Emmanuelle, Vionnet, Nathalie, Acierno, James, Maceski, Aleksandra Maleska, Lutti, Antoine, Pfrieger, Frank, Rasika, S., Santoni, Federico, Boehm, Ulrich, Ciofi, Philippe, Buée, Luc, Haddjeri, Nasser, Boutillier, Anne-Laurence, Kuhle, Jens, Messina, Andrea, Draganski, Bogdan, Giacobini, Paolo, Pitteloud, Nelly & Prevot, Vincent (2022). GnRH replacement rescues cognition in Down syndrome. Science, 377, doi:10.1126/science.abq4515.
    https://www.netdoktor.at/krankheit/down-syndrom-trisomie-21-6912791 (10-12-12)
    https://www.scinexx.de/news/medizin/intelligenz-schub-fuer-down-patienten/ (22-09-02)


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