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transaktionales Erklärungsmodell für Stress

    Das transaktionale Erklärungsmodell für Stress – transactional model of stress – von Lazarus (1984) betrachtet Stresssituationen als komplexe Wechselwirkungsprozesse zwischen den Anforderungen der Situation und der handelnden Person. Dieses Stressmodell differenziert nach der Frage, ob das Individuum glaubt, die Situation kontrollieren zu können und ob die Gefahr höher eingeschätzt wird als die eigenen Kräfte. Im Unterschied zum sehr einfachen S-O-R-Modell werden Persönlichkeitsfaktoren sowie Variablen der Situationsdeutung als wichtige vermittelnde Größen berücksichtigt. So wird z.B. ein Individuum mit positivem/stabilen Selbstbild sowie hoher Kontrollüberzeugung aktiv auf jene Umstände einwirken, die den Stress verursachen oder entsprechende Lösungsversuche einleiten. Menschen können gegenüber einem bestimmten Stressor also höchst unterschiedlich anfällig sein. Bedeutsam für den Stressgehalt einer Situation oder eines Ereignisses sind nicht die objektiven Merkmale dieser Situation, sondern die Gedanken, Empfindungen und Überlegungen der davon betroffenen Person. Ein Reiz ist nicht deshalb stressend, weil er, wie Selye annahm, eine bestimmte Intensität übersteigt. Zu einem Stressreiz wird er erst durch die subjektiven Wahrnehmungen und Bewertungen dessen, der ihn erlebt. Dieses Modell zeigt sehr gut die Zusammenhänge zwischen Stressoren, Stress und den möglichen Stressreaktionen unter Berücksichtigung von intervenierenden Variablen. Des Weiteren werden alle Handlungen, die darauf gerichtet sind, die Bedrohlichkeit einer Situation abzuwenden, dabei als Coping-Prozesse bezeichnet, die eine Art Selbstregulierungs-Mechanismus darstellen.

    Im Detail: Das transaktionales Stress-Modell ist ein dreistufiges kognitives Rückkopplungsmodell, in dem Bewertungsprozesse und Bewältigungshandeln des Menschen im Mittelpunkt stehen. Die primäre Bewertung (primary appraisal) einer Situation durch die Person erfolgt unter der Frage, ob diese für sie irrelevant, günstig-positiv oder schädlich (stressful) ist. Diese letzte Kognition lässt sich weiter unter dem Aspekt bewerten, ob die Anpassungsfähigkeiten der Person tangiert werden, d.h. ob die Situation eine Schädigung bzw. einen Verlust (harm-lost), eine Bedrohung (threat) oder eine Herausforderung (challenge) darstellt. Die sekundäre Bewertung (secondary appraisal) der stressenden Situation bezieht sich auf die Einschätzung der persönlichen Bewältigungsfähigkeiten (coping resources) und der situativen Bewältigungsmöglichkeiten (coping options). Die Auswahl von Bewältigungsstrategien können sowohl instrumentell (direkte, die Situation beeinflussende Handlungen) als auch palliativ (intrapsychische Regulation von Emotionen, Beruhigung, Entspannung) sein. Der Copinghandlung folgen eine Neubewertung (reappraisal) der Situation, eine Evaluation der Erfolge bzw. Misserfolge des Coping. Wichtig in diesem Rückkopplungsmodell ist der Zeitbezug des Copingprozesses, denn der Gegenwarts- und der Vergangenheitsbezug betreffen das Überwinden, Tolerieren, Restituieren und Reinterpretieren der als stressend erkannten Bedingung (z. B. durch Wahrnehmungsverzerrung, Abwehrmechanismen), während der Zukunftsbezug präventive und Lernprozesse impliziert. Die Wahl der Copingstrategie selbst hängt unter anderem ab vom Unsicherheitsgrad der Situation, von individuellen Wertmustern (commitments), von Überzeugungen (beliefs), vom Grad der Bedrohung oder der Hilflosigkeit bzw. von der Kontrolle, die man über die Situation ausüben kann.

    Siehe dazu Psychologische Stresstheorien

    Literatur

    Lazarus, Richard S. (1991). Emotion and Adaptation. New York: Oxford University Press, New York.
    Lazarus, Richard S. (1999). Stress and Emotion. A new Synthesis. London: Free Association Books.
    https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/transaktionales-stress-modell/15690 (18-04-05)


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