Pippi-Langstrumpf-Syndrom

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Das Pippi-Langstrumpf-Syndrom ist ein umgangssprachlich-metaphorischer Ausdruck für eine ausgeprägte Neigung zur Realitätsverweigerung, gepaart mit Beratungs- und Erkenntnisresistenz und dem festen Willen, sich «die Welt so schön zu denken, wie sie einem gefällt, Der Begriff bezieht sich auf die Figur Pippi Langstrumpf aus den Kinderbüchern der schwedischen Autorin Astrid Lindgren — insbesondere auf die Liedzeile «Ich mach‘ mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt». Der Begriff richtet das Augenmerk auf eine oftmals unbewusste Schutzfunktion: Menschen, die sich überfordert fühlen, greifen mitunter auf Verdrängung, Verleugnung oder Selbsttäuschung zurück — psychologisch verwandt mit Abwehrmechanismen wie Verdrängung, selektiver Wahrnehmung oder kognitiven Verzerrungen. Solange diese Mechanismen situativ bleiben, können sie kurzfristig hilfreich sein. Problematisch wird es, wenn jemand dauerhaft in dieser selbst geschaffenen Welt verharrt und kaum noch offen ist für neue Erkenntnisse oder Kritik.

Im Unterschied zu einer psychisch-medizinischen Diagnose beschreibt das Pippi-Langstrumpf-Syndrom eine Verhaltens- bzw. Grundeinstellung: Menschen, denen dieser Ausdruck zugeschrieben wird, ignorieren oft objektive Fakten, klammern unangenehme Wahrheiten aus oder interpretieren Realität so um, dass sie in ihre subjektive Vorstellung passt

Beispiel: Jemand wird nachdrücklich auf ein reales Problem hingewiesen — etwa finanzielle Schwierigkeiten, gesundheitliche Risiken oder zwischenmenschliche Konflikte. Statt sich damit auseinanderzusetzen, reagiert die Person mit Ausreden oder schöpft einen Lebensentwurf, in dem das Problem einfach nicht existiert — sie lebt praktisch in einer selbst konstruierten Scheinwelt. Bei nachhaltiger Weigerung, sich der Realität zu stellen, kann dies zu ernsthaften Schwierigkeiten führen: blockierte Entscheidungen, Beziehungen, die ins Stocken geraten, oder Ignoranz gegenüber Warnzeichen.

Es ist hervorzuheben, dass das Pippi-Langstrumpf-Syndrom keine klinische Diagnose darstellt, d.h., es existieren keine allgemein anerkannten diagnostischen Kriterien, keine wissenschaftlich belegte Häufigkeit, keine überprüfbaren, standardisierten Behandlungsmethoden. Vielmehr handelt es sich um einen sprachlichen und bildhaften Ausdruck, der dazu dient, bestimmte psychologische Tendenzen oder Verhaltensmuster zu benennen.

Der metaphorische Charakter des Ausdrucks zeigt sich auch darin, dass er in sehr verschiedenen Kontexten gebraucht wird — privat, beruflich, gesellschaftlich — oft mit abwertender Intention: Wenn beispielsweise politische Aussagen, wirtschaftliche Handlungen oder persönliche Entscheidungen als völlig realitätsfern wahrgenommen werden, spricht man gern vom Pippi-Langstrumpf-Syndrom.


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