Parent Battering

Unter dem Begriff Parent Battering oder Elternmisshandlung wird das Phänomen verstanden, dass Kinder und Jugendliche Gewalt gegen ihre Eltern ausüben. Diese Gewalt kann in verbaler, emotionaler oder physischer Form auftreten und reicht von Beschimpfungen, Drohungen und Erpressung bis hin zu schwerer Körperverletzung oder in extremen Fällen sogar Tötungsdelikten.

Die betroffenen Eltern verbergen solche Übergriffe häufig aus Scham, Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung und Schuldgefühlen, was zu einer erheblichen Dunkelziffer führt. In vielen Fällen entsteht innerhalb der Familie eine umgekehrte Hierarchie, in der die Kinder die Kontrolle über die Eltern übernehmen, was häufig aus einem Mangel an klaren Regeln, Grenzen und Sanktionen resultiert, wodurch die Jugendlichen überfordert sind, ihre Machtposition aber gleichzeitig nicht aufgeben möchten (Schneider, 2019; König & Braun, 2021;).

Nach Einschätzung von Bender (2023) sind Aggressionen bei Jugendlichen häufig Ausdruck von Überforderung, denn wenn sie Probleme nicht konstruktiv und verbal lösen können, neigen sie zu aggressivem Verhalten, das durch ein impulsives Temperament und eine gesteigerte emotionale Erregung begünstigt wird. Ein weiteres zentrales Risiko liegt in der Beobachtung aggressiver Vorbilder: Jugendliche, die lernen, dass Gewalt zu Respekt und Durchsetzung führt – sei es in der Familie oder über mediale Einflüsse – übernehmen diese Strategien häufiger selbst. Im Gegensatz dazu kann ein positives elterliches Vorbild, das Konflikte durch Kommunikation und Empathie löst, aggressivem Verhalten präventiv entgegenwirken (Bender, 2023).

Die Ursachen von Parent Battering sind vielfältig und reichen von problematischen Erziehungsmustern über psychische und emotionale Belastungen bis hin zu genetischen Dispositionen. Besonders gefährdet sind Familien, in denen elterliche Gewalt zuvor als legitimes Mittel der Erziehung diente, dennJugendliche übernehmen dabei das gelernte Muster, dass der Stärkere sich durch Gewalt durchsetzen darf, und wenden diese Strategie im Jugendalter gegen die Eltern an (Bender, 2023). Umgekehrt kann aber auch übermäßige Nachgiebigkeit der Eltern Gewaltverhalten begünstigen, da fehlende Autorität und Konsequenz respektloses oder aggressives Verhalten fördern.

Therapeutisch gilt es, eine Balance zwischen klarer Regelsetzung und empathischer Zuwendung zu finden, d. h., Eltern sollen einerseits Verständnis für die emotionalen Bedürfnisse der Jugendlichen entwickeln, gleichzeitig aber konsequent Grenzen setzen. Bei stark impulsivem oder pathologisch unempathischem Verhalten kann eine medikamentöse Unterstützung angezeigt sein, um Impulsspitzen zu kontrollieren. Langfristig hat sich die Multisystemische Therapie (MST) als besonders wirksam erwiesen, denn sie integriert Eltern, Schule, Sozialarbeit und therapeutische Fachkräfte, um prosoziales Verhalten zu fördern, Konfliktlösungskompetenzen zu trainieren und negative Verstärker aggressiven Verhaltens abzubauen (Bender, 2023). Bei Aggressionen innerhalb eine Familie darf man nicht die Vorstellung haben, dass die Betroffenen einmal in die Klinik kommen, irgendwie behandelt werden, und dann ist das Problem gelöst. Für eine Aggressionstherapie ist ein Therapie-Setting notwendig, das über längere Interventionszeiträume viele Professionen und das komplette Umfeld miteinbezieht und auch koordiniert.

Parent Battering ist demnach ein komplexes Zusammenspiel aus individuellen, familiären und sozialen Faktoren, wobei präventiv eine gewaltfreie Erziehung entscheidend ist, die Empathie, emotionale Regulation und Respekt in der Eltern-Kind-Beziehung stärkt. Eltern benötigen dabei Unterstützung, um ihre Rolle als natürliche Autoritätspersonen zurückzugewinnen und eine stabile, respektvolle Familienstruktur wiederherzustellen.

Literatur

Bender, S. (2023). Parent Battering: Ursachen, Umgang und Therapie. Universitätsklinikum Köln.
König, A., & Braun, T. (2021). Familiäre Gewaltstrukturen und Elternmisshandlung. Deutsches Jugendinstitut.
Schneider, F. (2019). Aggression und Machtumkehr in der Familie. Beltz Juventa.


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