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Google-Effekt

    Der Google-Effekt – manchmal auch als digitale Amnesie bezeichnet – beschreibt das Phänomen, dass Menschen zunehmend ihre Erinnerungsfähigkeit und ihr Wissen auf die Nutzung von Suchmaschinen, insbesondere Google, stützen. Dieser Effekt beschreibt also eine Veränderung in der Art und Weise, wie Menschen Informationen speichern und abrufen. In der digitalen Ära hat sich die Tendenz entwickelt, Informationen nicht mehr im Gedächtnis zu behalten, sondern diese schnell über Suchmaschinen abzurufen, wobei insbesondere Google diese Entwicklung maßgeblich geprägt hat, da es als die bevorzugte Suchmaschine weltweit gilt. Der Google-Effekt ist eng verbunden mit der Annahme, dass der menschliche Gedächtnisprozess in einer digitalen Umgebung umstrukturiert wird, denn anstatt sich bestimmte Fakten oder Daten zu merken, neigen Menschen eher dazu, sich zu merken, wie sie Informationen finden können.

    Die Ergebnisse eines Experiments zeigten, dass der Google-Effekt wahrscheinlich über Online-Fakten hinausgeht und auch wichtige persönliche Informationen umfasst, denn viele Menschen vergessen gerne Informationen, die sie online leicht finden oder wiederfinden können, oder riskieren, sie zu vergessen. So holen sich etwa Menschen ab 45 Jahren eher Antworten aus dem Internet, schreiben die Informationen dann auf oder vergessen sie, nachdem sie sie verwendet haben. Einundneunzig Prozent der Befragten gaben an, dass sie das Internet als eine Online-Erweiterung ihres Gehirns nutzen, vierundvierzig Prozent gaben an, dass ihr Smartphone als ihr Gedächtnis dient, denn alles, woran sie sich erinnern müssen, haben sie direkt in der Tasche. In vielen Gesellschaften fühlt sich der Zugang zum Internet so stabil an wie der Zugang zu Strom oder fließendem Wasser.

    Dieser Effekt hat verschiedene psychologische und soziale Auswirkungen, einerseits hat die ständige Verfügbarkeit von Informationen das Wissen – nicht zuletzt durch die Verwendung von Smartphones – zugänglicher gemacht, andererseits hat dies zu einer Abhängigkeit von digitalen Hilfsmitteln geführt. Ein wesentlicher Aspekt des Google-Effekts ist Transactive Memory (transaktive Erinnerung), bei der Menschen ihre Gedächtnisressourcen zunehmend mit externen Speichermedien wie Suchmaschinen teilen. Dieser Prozess wird als Erweiterung der individuellen Erinnerung durch digitale Medien verstanden. Studien haben gezeigt, dass Menschen weniger in der Lage sind, sich an Informationen zu erinnern, die sie einfach online nachschlagen können. Gleichzeitig hat dies Auswirkungen auf das kritische Denken und die Fähigkeit zur tiefen Auseinandersetzung mit komplexen Themen, da Informationen schnell zugänglich sind und oft oberflächlich verarbeitet werden.

    Ein weiterer Aspekt des Google-Effekts ist die Veränderung des Selbstverständnisses in Bezug auf Wissen und Lernen. Die ständige Verfügbarkeit von Informationen hat dazu geführt, dass Menschen weniger geneigt sind, sich auf langfristiges Lernen und tiefgehende Wissensakkumulation zu konzentrieren, da schnelle Informationsabrufe über Suchmaschinen ausreichen. Darüber hinaus ist der Google-Effekt auch ein Beispiel für die Art und Weise, wie Technologien die kognitiven Prozesse und das Verhalten von Individuen verändern können.

    Neuer Entwicklungen zeigen, dass Chatbots wie ChatGPT ähnliche Auswirkungen wie Google auf das Leben haben könnten, denn Künstliche Intelligenz übernimmt zunehmend Aufgaben und Denkleistungen, was in verschiedenen Bereichen wie Bildung und Recht bereits der Fall ist. Eine Studie zeigt, dass KI in einem Drittel aller Jobs verwendet wird, doch im Gegensatz zu Taschenrechnern machen Chatbots oft Fehler, die schwer zu erkennen sind, und können dadurch falsche Informationen verbreiten. Eine neuere BBC-Studie zeigt, dass bei der Zusammenfassung von Nachrichtenbeiträgen durch Chatbots wie ChatGPT, Copilot, Gemini und Perplexity mehr als die Hälfte der Antworten signifikante Fehler aufwies.

    Es wird daher immer wichtiger, zu lernen, welche Fragen man stellen muss, um mit einem Chatbot gut zu kommunizieren, und muss kritisch hinterfragen, ob die Information, die man bekommt, plausibel ist oder nicht. Doch auch durch komplexe Internetseiten zu navigieren oder sich mit einem Chatbot auf kritischer Ebene zu unterhalten kann jedoch eine enorme kognitive Leistung sein.

    Literatur

    Jenkins, H. (2006). Convergence culture: Where old and new media collide. New York University Press.
    Liu, J. & Wegner, D. M. (2015). The Google effect: Implications for memory and thinking. In M. A. G. Westerman & A. G. Smith (Eds.), The Psychology of Digital Media (pp. 97-115). Routledge.
    Sparrow, B., Liu, J. & Wegner, D. M. (2011). Google effects on memory: Cognitive consequences of having information at our fingertips. Science, 333, 776-778.
    https://www.bbc.co.uk/aboutthebbc/documents/bbc-research-into-ai-assistants.pdf (25-03-10)
    https://wtop.com/health-fitness/2015/07/study-most-americans-suffer-from-digital-amnesia/ (15-07-01)


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