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Normalitätsdrang

    Der Normalitätsdrang, in der Psychologie oft auch als Bedürfnis oder Streben nach Normalität bezeichnet, beschreibt das menschliche Verlangen, sich in einer als normal empfundenen Lebensweise wiederzufinden oder diese wiederherzustellen, insbesondere nach Phasen der Unsicherheit, Krise oder Veränderung. Es ist daher ein tief verwurzeltes psychologisches Bedürfnis, das Sicherheit, Vorhersehbarkeit und ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt. Normalität bietet ein Gefühl der Sicherheit und Stabilität, Abweichungen davon können Angst und Unsicherheit auslösen.

    Ein normales Umfeld ermöglicht es Menschen, Ereignisse und Situationen besser vorherzusagen, was Stress reduziert. Die Einhaltung sozialer Normen und Erwartungen fördert das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. In Krisenzeiten dient der Normalitätsdrang als Bewältigungsmechanismus, um das Gefühl der Kontrolle wiederzuerlangen. Die Wiederherstellung eines Gefühls der Normalität, ist ein wichtiger Aspekt um die Psychische Gesundheit zu erhalten. Nach einer Naturkatastrophe versuchen Menschen, so schnell wie möglich ihren Alltag wieder aufzunehmen. Nach einer längeren Krankheit sehnen sich Patienten nach der Rückkehr zu ihren gewohnten Routinen. Während der Corona Pandemie, war der Drang nach Normalität sehr stark ausgeprägt. Die Menschen sehnten sich nach sozialen Kontakten, und der Wiederaufnahme des gewohnten Alltags.

    Der Begriff Normalitätsdrang in der Psychologie beschreibt also das beständige Bestreben von Individuen, sich an gesellschaftliche Normen, Erwartungen und Standards anzupassen. Dieser Drang entsteht aus dem Wunsch, als normal“und akzeptiert zu gelten, was tief mit dem menschlichen Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit und Anerkennung verbunden ist. Im Kontext von psychologischen Theorien wird der Normalitätsdrang oft als eine Art Anpassung an die sozialen und kulturellen Vorgaben der Umwelt verstanden. Es liegt auf der Hand, dass Normalität subjektiv und kulturell geprägt ist, d. h., was als normal empfunden wird, kann von Person zu Person und von Gesellschaft zu Gesellschaft variieren.

    Dieser Drang kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Einerseits kann die Anpassung an gesellschaftliche Normen dazu beitragen, soziale Integration und Stabilität zu fördern, andererseits kann er zu einem Verlust individueller Authentizität führen oder die Entfaltung von abweichendem, kreativem Denken hemmen. Auch kann ein übermäßiger Normalitätsdrang zu psychischen Belastungen wie Angstzuständen oder Depressionen führen, besonders wenn Menschen das Gefühl haben, den Erwartungen ihrer Umwelt nicht gerecht werden zu können. Ein Beispiel für diese Dynamik findet sich in der Theorie von Erik Erikson, der die psychosozialen Entwicklungsstufen beschrieb und den Konflikt zwischen Identität und Rollenkonformität als entscheidend für die Adoleszenz betrachtete.

    Obwohl der Begriff Normalitätsdrang nicht als klassischer psychologischer Fachbegriff in Lehrbüchern zu finden ist, spiegeln verwandte Konzepte wie Resilienz, Bewältigungsstrategien und soziale Anpassung ähnliche Phänomene wider.

    Literatur

    Erikson, E. H. (1968). Identity: Youth and crisis. W.W. Norton & Company.
    Lazarus, R. S. & Folkman, S. (1984). Stress, appraisal, and coping. Springer publishing company.
    Scherer, K. R. & Wallbott, H. G. (1994). Emotionen und ihre Regulation: Vom Normalitätsdrang zum psychischen Wohlbefinden (S. 82-95). In K. R. Scherer (Hrsg.), Emotion und Gesundheit: Psychologische Aspekte der Stressbewältigung. Hogrefe.


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