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Call of the Void

    „Call of the Void“ – im Französischen „l’appel du vide“ – oder „Ruf der Leer “ ist eine Begriff, der in der Psychologie verwendet wird, um das Phänomen zu beschreiben, bei dem Menschen plötzlich den impulsiven Drang verspüren, gefährliche oder selbstschädigende Handlungen auszuführen, obwohl sie eigentlich nicht die Absicht haben, dies zu tun. Diese Erfahrung kann mit Gedanken wie dem plötzlichen Wunsch, sich selbst zu verletzen oder sich in gefährliche Situationen zu begeben, verbunden sein. Dieses Phänomen tritt dann meist auf, wenn ein Mensch an Orten ist, an denen er potenziell riskante Handlungen begehen könnte, etwa an einer Klippe, auf einem hohen Turm, in der Nähe von scharfen Gegenständen oder auf einem Bahnsteig beim Einfahren eines Zuges.

    Eine Studie von Hames et al. (2012) zu diesem Phänomen ergab, dass etwas mehr als die Hälfte der Personen, die noch nie Suizidgedanken hatten, mindestens einmal Aspekte dieses Phänomens erlebt hatten, während mehr als 75 % der Personen, die lebenslange Suizidgedanken hatten, angaben, den Drang verspürt zu haben, aus dem Fenster eines hohen Gebäudes oder von einer Brücke zu springen. Die Studie zeigte auch, dass es keinen ausschließlichen Zusammenhang zwischen Suizidgedanken und plötzlichen, unvorhergesehenen Gedanken, sich in unmittelbare Gefahr zu begeben, gibt. Es wird daher vermutet, dass es sich bei dem Phänomen um ein falsch interpretiertes Sicherheitssignal handeln könnte, bei dem die Betroffenen möglicherweise das innere psychische Geschehen falsch interpretieren, das sie eigentlich dazu veranlasst, sich aus der Gefahrenzone zu entfernen. Personen mit einer höheren selbstberichteten Ängstlichkeit empfanden den Warnruf auch eher als Personen mit einer niedrigeren selbstberichteten Ängstlichkeit. Es wird daher vermutet, dass der „Call of the Void“ auf eine Art inneren Konflikt zurückzuführen ist, bei dem die Kontrolle über impulsives Denken und Handeln im Gehirn ausgehandelt wird.

    In einer Studie von Teismann et al. (2020) wurde auch untersucht, ob der Ruf der Leere bei Personen mit Suizidgedanken häufiger auftritt als bei Personen ohne Suizidgedanken, da einige Personen, die berichteten, den Ruf der Leere zu spüren, befürchteten, dass dies ein Zeichen für einen besorgniserregenderen psychischen Zustand sein könnte. Die Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass das Phänomen der Leere eine weit verbreitete Erfahrung ist, die mit suizidalen Gedanken und Verhaltensweisen in Verbindung gebracht werden kann, aber nicht notwendigerweise ein Zeichen für einen verborgenen Todeswunsch ist.

    Literatur

    Hames, Jennifer L. Ribeiro, Jessica D., Smith, April R. & Joiner, Thomas E. (2012). An urge to jump affirms the urge to live: An empirical examination of the high place phenomenon. Journal of Affective Disorders, 136, 1114-1120.
    Teismann, T., Brailovskaia, J., Schaumburg, S. & Wannemüller, A. (2020). High place phenomenon: prevalence and clinical correlates in two German samples. BMC psychiatry, 20, doi:10.1186/s12888-020-02875-8.


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