Palo-Alto-Modell

Das Palo-Alto-Modell bezieht sich auf eine Form der psychotherapeutischen Herangehensweise, die eng mit der Palo-Alto-Gruppe in Kalifornien, USA, in den 1950er und 1960er Jahren verbunden ist. Das Palo-Alto-Modell ist auch unter dem Namen „Palo-Alto-Gruppen“ oder „Palo-Alto-Schule“ bekannt. Das Palo-Alto-Modell ist eine systemische Psychotherapie, die in den 1950er und 1960er Jahren am Mental Research Institute in Palo Alto, Kalifornien, entwickelt wurde, und auf der Annahme basiert, dass menschliches Verhalten und Erleben nicht nur durch individuelle Faktoren, sondern auch durch die Beziehungen zu anderen Menschen und dem sozialen Umfeld beeinflusst werden. Kommunikation ist dabei ein systemisches Phänomen, was bedeutet, dass Kommunikation nicht nur zwischen zwei Menschen, sondern auch zwischen mehreren Personen und Gruppen stattfindet. Kommunikation ist nicht nur verbal, sondern auch nonverbal, wobei nonverbale Kommunikation, wie Körpersprache und Tonfall, oft genauso wichtig ist wie verbale Kommunikation. Kommunikation ist nicht immer eindeutig, denn oft werden Botschaften auf verschiedene Weise interpretiert, was zu Missverständnissen und Konflikten führen kann.
Eine besondere Grundannahme dieses Modells ist, dass in der Regel Probleme durch die bisher versuchten Lösungen aufrechterhalten. d. h., Menschen neigen dazu, Probleme mit denselben Strategien zu lösen, die sie verursacht haben.

Veränderungen des praktischen Verhaltens gelingen Klienten in Beratung oder Therapie oft nicht, da die versuchten Veränderungen auf der unmittelbaren Handlungsebene angesiedelt sind, in der Sprache des radikalen Konstruktivismus also Veränderungen 1. Ordnung betreffen. Diese verlaufen häufig nach dem Prinzip „mehr vom Gleichen“ und verfehlen damit ihr Ziel. Erst wenn Veränderungen nach dem Prinzip 2. Ordnung versucht werden, gelingen sie häufiger, wobei dieses Prinzip der Musterunterbrechung darauf beruht, dass durch einen Perspektivwechsel das Geschehen nun anders betrachtet werden kann und sich dadurch völlig andere Lösungsmöglichkeiten eröffnen. In der Therapie gilt es daher, digitale Kommunikation zu vermeiden, d.h. nicht deklarativ über eine Handlung zu sprechen. Erst auf dieser Ebene kann prozessual, imaginativ, körperbezogen und damit implizit eine Lösung hin zu neuem Erleben und Verhalten gefunden werden, wobei in einem nächsten Schritt an der Verstetigung der Lösung gearbeitet wird, um Nachhaltigkeit herzustellen. Zentrale Interventionen sind z.B. das Reframing, bei dem der Therapeut dem Klienten hilft, sein Problem aus einer neuen Perspektive zu sehen, paradoxe Interventionen, bei denen der Therapeut dem Klienten Anweisungen gibt, die auf den ersten Blick kontraproduktiv erscheinen, in Wirklichkeit aber zur Lösung des Problems beitragen können.

Das Palo-Alto-Modell beeinflusste auch andere Formen der Psychotherapie, wie die Familientherapie und die systemische Therapie, die ähnliche Konzepte der Kommunikation und Interaktion betonen. Ein wichtiger Vertreter dieses Ansatzes war der Psychotherapeut Gregory Bateson, der an der Entwicklung des Palo-Alto-Modells beteiligt war. Neben Gregory Bateson entwickelten Don D. Jackson, Paul Watzlawick, John H. Weakland und Virginia Satir die Ideen hinter diesem Ansatz in den 1950er und 1960er Jahren weiter. Ein bekanntes Konzept aus dem Palo-Alto-Modell ist die Idee des „Zirkulären Denkens“, bei dem Probleme nicht als isolierte Phänomene betrachtet werden, sondern in Bezug auf die Wechselwirkungen und Muster, die sie beeinflussen. Dieses Modell hat zur Entwicklung verschiedener therapeutischer Techniken geführt, darunter das „Lösungsfokussierte Kurzzeit-Coaching“ von Steve de Shazer und Insoo Kim Berg sowie die Arbeit von Milton Erickson im Bereich der Hypnotherapie.

Die Entwicklung der systemischen Familientherapie begann in den USA in der Zeit der Blüte der sogenannten „humanistischen Psychologie“. Zuerst waren damals Fritz Perls und Carl Rogers bekannt, wohingegen erst einige Zeit später die Begründer der 1. Palo-Alto-Gruppe prominent wurden, vor allem Gregory Bateson und Paul Watzlawick. Ihre theoretisch grundlegenden ersten Arbeiten erschienen äußerst trocken und fernab von der in dieser Zeit üblichen Orientierung am therapeutischen Handeln und der Entwicklung von Methoden. Damals interessierte allgemein mehr, wie Veränderung/Heilung durch therapeutische Interventionen praktisch erreicht werden kann, als ein theoretisches Erklärungsmodell dafür zu finden, wie sich der Weg vom Problem zur Lösung vollzieht. Palo Alto gilt geradezu als sagenumwobene Geburtsstätte der systemischen Therapie und Beratung, da am Mental Research Institute viele Entwicklungen bedeutender Familientheraeuten und Systemiker ihren Anfang nahmen (Virginia Satir, Jay Haley, Steve de Shazer, Mara Selvii-Palazzoli, Paul Watzlawick), obwohl das problemlösende Modell (Focused Problem Resolution Model), das Don Jackson, Gregory, Bateson, John Weakland und Richard Fisch entwickelten, heute in seiner ursprünglichen Form weniger bekannt ist als dessen Adaptionen.

Literatur

Stangl, W. (2023, 10. Oktober). Die Systemischen Therapien. [werner stangl]s arbeitsblätter.
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOTHERAPIE/Systemische-Therapie.shtml


Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

Schreibe einen Kommentar