Zum Inhalt springen

Manhattan-Effekt

    Der Manhattan-Effekt ist ein psychologisches Phänomen, bei dem Menschen ihre Partner in ihrer persönlichen Entwicklung oder ihren Ambitionen einschränken, oft aus Angst, dass dies die Beziehung gefährden könnte. Prototypisch ist der Manhattan-Effekt vor allem bei Gewissensfragen, wo es eine Wahl gibt zwischen einerseits den Partner auf seinem Weg zu einem großen Ziel, seiner Selbstverwirklichung oder seinen Träumen, tatkräftig zu unterstützen oder andererseits die eigenen Emotionen, Bedürfnisse und Wünsche in den Mittelpunkt zu stellen, und so seinen Partner zu behindern. Beispiele sind etwa ein gutes Jobangebot, bei dem der Partner in eine andere Stadt ziehen muss, ein beruflicher Auslandsaufenthalt für längere Zeit oder eine Beförderung, wodurch der Partner viel mehr arbeiten muss.

    In der Forschung über enge Beziehungen wurden häufig die eigenen Interessen den Interessen des Partners oder der Beziehung gegenübergestellt, wobei die Interessen des Partners und der Beziehung als von Natur aus gleichgerichtet angesehen wurden. Hui et al. (2014) haben aber gezeigt, dass das Engagement in einer Beziehung in der Regel dazu führt, dass Menschen die persönlichen Interessen ihres Partners unterstützen, dass dieser Effekt aber in dem Maße schwächer wird, in dem diese Interessen nicht mehr übereinstimmen oder sogar die Beziehung bedrohen. Studien haben gezeigt, dass trotz ihrer starken Korrelation partner- und beziehungsorientierte Belange bei zielgerichtetem Verhalten trennbar sind, und dass die Beziehungsbindung nur die Verbindung zwischen beziehungsorientierter Motivation und Zielverfolgung stärkt, nicht aber die Verbindung zwischen partnerorientierter Motivation und Zielverfolgung.

    Weitere Studien über die Umstände, in denen die Interessen des Partners und der Beziehung in Konflikt stehen, zeigten, dass Beziehungsengagement zuverlässig die Tendenz erhöht, die persönlichen Interessen des Partners zu unterstützen, wenn diese Interessen keine starke Bedrohung für die Beziehung darstellen, dass aber dieser Effekt schwächer wird bzw. sogar die Richtung umkehrt, wenn die Bedrohung der Beziehung durch die Interessen des Partners stärker wird.

    Diese Verringerung oder Umkehrung des positiven Zusammenhangs zwischen Beziehungsengagement und dem Verhalten des Partners in solchen Situationen wird von den AutorInnen nach einem Filmtitel (s. u.) als Manhattan-Effekt bezeichnet. Hui et al. zufolge ist der Manhattan-Effekt besonders wahrscheinlich, wenn eine Person in einer Beziehung sehr an der anderen Person hängt, denn diese Person hat dann Angst, dass sich die Beziehung ändern oder sogar enden könnte, wenn der Partner neue Dinge in seinem Leben anstrebt.

    Der Manhattan-Effekt kann sich darin sichtbar äußern, wenn ein Partner versucht, den anderen davon abzuhalten, eine neue Karriere zu verfolgen, sich an einem neuen Hobby zu versuchen oder in eine andere Stadt zu ziehen. Aber auch subtilere Formen der Einschränkungen sind möglich, wie etwa das Aufbringen von Zweifeln oder das Äußern von Bedenken. Wenn sich aber ein Partner in seiner persönlichen Entwicklung eingeschränkt fühlt, kann dies zu Frustration, Unzufriedenheit und schließlich zu Konflikten führen bzw. in extremen Fällen kann der Manhattan-Effekt sogar zum Scheitern der Beziehung führen.

    Anmerkung: Benannt wurde der Effekt nach dem Film „Manhattan“ mit Woody Allen aus dem Jahr 1979, in dem ein Mann seine jüngere Freundin anfleht, die große Chance auf ein Auslandssemester verstreichen zu lassen, um bei ihm zu bleiben.

    Literatur

    Hui, C. M., Molden, D. C., & Finkel, E. J. (2013). Loving freedom: Concerns with promotion or prevention and the role of autonomy in relationship well-being. Journal of Personality and Social Psychology, 105, 61–85.
    Hui, C. M., Finkel, E. J., Fitzsimons, G. M., Kumashiro, M. & Hofmann, W. (2014). The Manhattan Effect: When Relationship Commitment Fails to Promote Support for Partners‘ Interests. Journal of Personality and Social Psychology, 106, 546–570.


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert