Die Handlungstheorie in der Psychologie ist ein Theorieansatz, der das Bewusste und Geplante des menschlichen Verhaltens betont. Allerdings können psychologische Handlungstheorien die Frage „warum tut er/sie das?“ psychologisch nur defizitär beantworten.
Handlungstheorien innerhalb der Psychologie versuchen demnach, menschliches Handeln, seine Gründe und Motive zu erklären und befassen sich vor allem mit der Erklärung intentionalen, also willentlichen Verhaltens. Meist versuchen sie als Theorien des Alltagshandelns eine Grundlage für die Erklärung und Beeinflussung vom Alltagshandeln der Menschen zu liefern. Daher ist das Menschenbild von Handlungstheorien stark subjektorientiert, wobei Handlungen den Grundbezug psychologischer Forschung und Anwendung bilden, ein Handlungskonzept den Kern psychologischer Theorienbildung darstellt. Handeln wird als ganzheitliches, komplexes Geschehen, als Systemprozess verstanden, wobei für menschliches Verhalten die intentionale Strukturierung (Willentlichkeit) des Verhaltens auf der Grundlage interner Repräsentationen (Wissentlichkeit) charakteristisch ist. Gleichzeitig ist jedes Handeln eingebettet in einen bedeutungsstrukturierten situativen Kontext, sodass jede Form des Handelns, daher auch das Nicht-Handeln, durch eine Konstellation des aktuellen Kontextes mitbedingt ist. Das bedeutet, dass die jeweilige Kontextkonstellation von Person-, Umwelt- und Aufgabenfaktoren die je konkrete Handlungssituation ergibt. Die persönliche Betroffenheit des Handelnden hängt dabei von der persönlichen Bedeutung der Situation, der Wertigkeit (Handlungsvalenz), und den notwendigen Kompetenzen zur Situationsbewältigung (Handlungskompetenz) ab. Jede Situation besitzt einen großen Einfluss auf die psychischen Prozesse, denn was Menschen wahrnehmen, denken und fühlen sowie deren daraus resultierenden Handlungen hängen von dem jeweiligen Kontext, ab. Situationen werden subjektiv wahrgenommen und definiert, das jeweils den Einzelnen Betreffende wird ausgewählt, sodass Situationen einen bedeutenden Einfluss auf Identität und Selbstkonzept aufweisen.
Handlungstheoretisch fundierte Lerntheorien etwa gehen davon aus, daß Lernen ein zielgerichteter Prozess ist, bei dem die angestrebten Ergebnisse des Lernhandelns bzw. Handelnlernens antizipiert werden, um auf der Grundlage dieser Zielvorstellungen das Lernen zu steuern und zu kontrollieren. Ein handlungsorientiertes Lernen verläuft demnach in Anlehnung an das Modell der vollständigen Handlung phasenbezogen ab und enthält sowohl Orientierungs-, Zielbildungs- und Planungsphasen als auch praktische Ausführungs-, Kontroll- und Reflexionsphasen. Der Aufbau von Handlungskompetenzen erfolgt durch ein Handelnlernen auf unterschiedlichen Regulationsebenen bzw. die Ausdifferenzierung dieser Ebenen, wobei sich auf den niedrigeren Handlungsebenen vielseitig kombinierbare und einsetzbare Teilhandlungen ausbilden, die auf der höheren intellektuellen Ebene durch verallgemeinerte Verfahren, wie Entscheidungsregeln und Strategien später kombiniert und koordiniert werden.
Menschliches Handeln wird vor allem von Überzeugungen gesteuert, indem man sich Vorstellungen davon bildet, auf welche Weise bedeutsame Situationen verändert werden und in welchem Maße man sich selbst dazu in der Lage sieht, solche Veränderungen persönlich bewirken zu können. Vorausgesetzt ist, daß man bestimmte Ziele überhaupt für wünschenswert hält. Kinder etwa treten ihre Schulzeit mit viel Optimismus an und wollen viel lernen und leisten, doch verlieren sie diesen Optimismus schon bald, wenn sie im Laufe der Jahre zunehmend mit der Realität konfrontiert werden. Viele von ihnen müssen dann lernen, dass sie im Vergleich zu anderen zu wenig leisten. Sie schreiben dies oft ihrer mangelnden Fähigkeit zu, wobei Fähigkeit in diesem Alter oft als statisch und festgelegt aufgefasst wird. Soziale Vergleiche in der Schulklasse und Altersgruppe, wie sie zum Beispiel durch Zensuren aufgedrängt werden, tragen bei vielen zu Hoffnungslosigkeit, Selbstwertminderung und Demotivierung bei. Je mehr sich Defizite im schulischen Lernen kumulieren und das Streben nach Erfolg untergraben, desto mehr verlagert sich die Orientierung der Jugendlichen auf alternative Lebensformen, auf Risikoverhalten und Delinquenz.
Literatur
Schwarzer, R. (1993). Streß, Angst und Handlungsregulation. Stuttgart: Kohlhammer.
http://paedpsych.jku.at:4711/LEHRTEXTE/Schaper96.html (11-10-10)
http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/4711/LEHRTEXTE/Schwarzer.html (11-10-10)