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Gliazellen

    Gliazellen sind Zellen innerhalb des Nervensystems, die die Neuronen stützen, ernähren und schützen. Gliazellen hatte man lange Zeit eine eher untergeordnete Rolle im Gehirn zugebilligt und nahm an, dass sie die eigentlichen Nervenzellen ernähren und vor mechanischen Verletzungen schützen. Im Gehirn von Säugetieren befinden sich jedoch auch wesentlich mehr Gliazellen als Nervenzellen, wobei man von einer bestimmten Art von Gliazellen, den Oligodendrozyten-Vorläuferzellen, weiß, dass sie sich zu Oligodendrozyten entwickeln, die dann die Nervenzellfortsätze mit einer schützenden Myelinhülle umgeben und so zur schnellen Weiterleitung der Informationsimpulse beitragen. Übrigens wurde die Bedeutung der Glia-Zellen durch einen Zufall entdeckt, denn Helmut Kettenmann arbeitete als Student an seiner Diplomarbeit, als er am neurobiologischen Institut der Universität Nervenzellen untersuche, die für die Motorik von Säugetieren zuständig sind. Aber irgendetwas stimmte nicht, denn er konnte bei den Versuchszellen kein elektrisches Signal messen. Die vermeintlichen Nervenzellen waren aber keine Nervenzellen, sondern Gliazellen, die Signale nicht weiterleiten, aber die Signale der Nervenzellen interpretieren konnten, dass also deren Funktion über die eines bloßen Füllgewebes hinausgeht. Zwar beschrieb schon Rudolf Virchow diesen Zellentyp Mitte des 19. Jahrhunderts, maß ihnen aber keine größere Bedeutung bei. Kettenmann stieß bei seinen Untersuchungen übrigens auf Oligodendrozyten, eine Art von drei Gliazell-Typen. Gliazellen sind also nicht nur für die Energielieferung unentbehrlich, sondern sie haben auch ein breites Spektrum zusätzlicher Aufgaben im Gehirn, denn so übernehmen sie den Stofftransport, regulieren den Flüssigkeitsaustausch und sorgen für die Aufrechterhaltung der Homöostase.

    In den letzten Jahren kristallisiert sich jedoch mehr und mehr heraus, dass Gliazellen auch für die Informationsverarbeitung im Gehirn immens wichtig sind. Heute ist man ziemlich sicher, dass Gliazellen am Informationsaustausch nicht nur beteiligt sind, sondern sogar eine entscheidende Rolle auch bei so wichtigen höheren Hirnfunktionen wie Lernen und Erinnern besitzen. Solche Vorläuferzellen sind auch im erwachsenen Alter in allen Gehirnregionen vorzufinden und machen immerhin fünf bis acht Prozent aller Gehirnzellen aus, wobei die Vorläuferzellen nicht nur Informationen über die Synapsen empfangen, sondern ihrerseits auch Signale an benachbarte Nervenzellen senden.

    Um adaptives Verhalten zu erzeugen, kombiniert das Gehirn ständig Informationen aus verschiedenen Quellen, was eine wirksame Kommunikation zwischen verschiedenen Gehirnarealen erfordert, wobei verteilte neuronale Netzwerke ihre laufende Aktivität entweder dynamisch synchronisieren oder entkoppeln. Man weiß auch, dass GABAerge Interneuronen Ensembles an Netzwerk-Oszillationen binden, aber es bleibt die Frage, wie diese Synchronität wieder aktiv aufgehoben wird, um neue Kommunikationspartner zu ermöglichen. Sakalar et al. (2022) haben die Aktivität identifizierter Interneuronen im Hippocampus von wachen Mäusen aufgezeichnet, wobei Neurogliaformzellen, die distale Dendriten von Pyramidenzellen mit GABA-erger Hemmung versorgen, ihr Feuern stark an jene Gamma-Oszillationen koppelten, die lokale Netzwerke mit kortikalen Eingängen synchronisieren. Anstatt diese Synchronie zu verstärken, entkoppelten die Aktionspotenziale der neurogliaforme Zellen die Aktivität der Pyramidenzellen von den kortikalen Gamma-Oszillationen, reduzierten aber weder deren Feuern noch beeinflussten sie die lokalen Oszillationen. Neurogliaforme Zellen regulieren also offenbar die Informationsübertragung, indem sie die Synchronie vorübergehend außer Kraft setzen, ohne die Aktivität der kommunizierenden Netzwerke zu verringern. Diese spezielle Zellen im Hippocampus sorgen offenbar dafür, dass sich zuvor synchronisierte Hirnareale wieder entkoppeln, sodass zu unterschiedlichen Zeitpunkten verschiedene Arten von Informationen übertragen werden können. Diese Neurogliaformzellen sorgen durch kurzzeitige Hemmung anderer Zelltypen dafür, dass gegenwärtige Wahrnehmung und Erinnerungen an vergangene Erlebnisse sowohl getrennt voneinander, aber auch kombiniert verarbeitet werden können.

    Seit einiger Zeit weiß man also schon, dass Gliazellen eine aktive Rolle im Nervensystem spielen, wobei aber die Funktion von Gliazellen als aktive Modulatoren von Geschwindigkeit und besonders der Präzision der Erregungsleitung bislang noch nicht beschrieben worden ist. Kottmeier et al. (2020) haben jüngst gezeigt, dass Gliazellen aber nicht nur die Geschwindigkeit der Nervenleitung kontrollieren, sondern auch Einfluss auf die Genauigkeit der Signalleitung im Gehirn haben. Um die Bedeutung von Gliazellen besser zu verstehen, hat hat men Verhaltensänderungen nach lichtinduzierter Aktivierung einzelner Neuronen bei Taufliegen untersucht, wobei man auch einzelne Gliazellen entweder aus dem Nervensystem entfernt oder ihre Entwicklung spezifisch gestört hat. Dabei stellte man fest, dass Gliazellen das radiale Wachstum der Axone kontrollieren, wobei kleinere Axone eine geringere Leitungsgeschwindigkeit haben, doch führte eine geringe Leitungsgeschwindigkeit nicht zu einem veränderten Bewegungsverhalten. Der in diesem Zusammenhang wichtigere Beitrag der Gliazellen ist offenbar die Bildung von Membranfortsätzen zwischen einzelnen Axonen, was eine elektrische Kopplung, d. h., Kurzschlüsse verhindert und damit entscheidend zur Präzision der Bewegungssteuerung beiträgt.

    Die radialen Gliazellen sind während der Entwicklung des Gehirns Stammzellen, aus denen sich auch die Nervenzellen des Gehirns entwickeln. Gliazellen von Wirbeltieren erlauben daher die Wiederherstellung von Neuronen und eine narbenlose Wundheilung und man hofft, Gliazellen so stimulieren zu können, dass Verletzungen und Krankheiten am Gehirn geheilt werden können. Zahlreiche neuere Studien zeigen auch, dass Gliazellen als Stammzellen in bestimmten Gehirn-Regionen eine große Zahl neuer Nervenzellen auch noch im Erwachsenenalter erzeugen. Neuere Untersuchungen (Sakry et al., 2014) beweisen, dass diese nicht nur Informationen von Neuronen empfangen, sondern dass auch etwa beim Lernen von Mäusen ein Informationsfluss von den Gliazellen an die Neuronen besteht. Bei diesen Tieren konnte man den grundlegenden Mechanismus dafür aufdecken und von der molekularen über die zelluläre Ebene zur Netzwerks- und schließlich bis zur Verhaltensebene untersuchen. Die Gliazellen setzen dazu ein Proteinfragment frei, das an die synaptischen Kontaktpunkte andockt, über die die Neuronen untereinander Informationen austauschen. Wird diese Informationsweiterleitung unterbrochen, zeigt das neuronale Netzwerk Veränderungen bei zellulären Lernprozessen.

    Gliazellen gibt es im Wesentlichen in drei Formen: Astrozyten und Oligodendrozyten (beide auch Makroglia) sowie Mikroglia, wobei die häufigste Art die Astrozyten darstellen, die etwa achtzig Prozent der gesamten Gliazellen ausmachen. Gliazellen entstehen aus Radialglia, auch als neurale Vorläuferzellen bezeichnet. Neuere Untersuchungen mittels RNA-Sequenzierung zeigen, dass der Differenzierungsprozess in drei Stadien abläuft: Im ersten Stadium bilden sich astrogliale Vorläuferzellen, die sich durch Zellteilung vermehren, im zweiten Stadium werden aus diesen astroglialen Vorläuferzellen junge, unreife Astrozyten, die sich nicht mehr weiter teilen, und das dritte und letzte Stadium dient den Astrozyten dazu, sie vollständig heranreifen und voll funktionstüchtig werden zu lassen. Dabei verläuft der Prozess der Astrozytenbildung dynamisch und in den unterschiedlichen Phasen der Bildung der Astrogliazellen sind jeweils andere Gene aktiv, wobei diese Gene durch jeweils stadiumspezifische Transkriptionsfaktoren reguliert werden (Tiwari et al., 2018).

    Oligodendrozyten nehmen nach Untersuchungen am Mausmodell von Neurowissenschaftlern unter der Leitung von Aiman Saab am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich die Signale aktiver Nervenfasern nicht nur wahr, sondern reagieren auch unmittelbar darauf, indem sie den Verbrauch der primären Energiequelle Glukose beschleunigen, liefern also energiereiche Moleküle an die schnell feuernden Axone, um deren dynamischen Energiebedarf zu decken. Oligodendrozyten reagieren auf die Aktivität der Hirnzellen und versorgen die Nervenverbindungen bedarfsgerecht mit Energie. Sie spielen somit eine wesentliche Rolle bei der Regulierung der Stoffwechselprozesse in den Axonen, die für gesunde Nervenverbindungen im Gehirn unerlässlich sind. Glukose versorgt die Axone nicht nur mit Energie, sondern unterstützt auch Schutzmechanismen gegen Zellschäden durch oxidativen Stress. Wenn der Glukosestoffwechsel in den Nervenfasern aufgrund von Schäden in den Oligodendrozyten gestört ist, kann dies langfristig zu Nervenzellschäden führen. Dies ist vergleichbar mit den Nervenzellschäden, die im Alter sowie bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Multipler Sklerose und Alzheimer auftreten. Bei Mäusen, bei denen die zelluläre Kommunikation unterbrochen wurde, traten mit fortschreitendem Alter schwere Schäden an den Nervenfasern auf, die neurodegenerativen Erkrankungen ähneln.

    Neuere Untersuchungen (García-Cáceres et al., 2016) zeigen, dass einige Stoffwechsel- und Verhaltensprozesse nicht nur über Nervenbahnen reguliert werden, sondern dass auch andere Zelltypen wie Astrozyten, eine wichtige Rolle spielen. Mithilfe bildgebender Verfahren konnte man bei Mäusen zeigen, dass die Hormone Insulin und Leptin an Gliazellen wirken, um die Aufnahme von Zucker ins Gehirn zu regulieren. Bei diesen Tieren, denen Insulinrezeptoren auf bestimmten Astrozyten fehlte, war eine deutlich geringere Aktivität in jenen Neuronen nachweisbar, die die Nahrungsaufnahme zügeln. Solche Mäuse hatten auch Schwierigkeiten, ihren Stoffwechsel anzupassen, wenn sich die Zuckerzufuhr änderte. Ohne Insulinrezeptoren zeigten die Astrozyten vor allem im Bereich der Appetitzentralen im Hypothalamus entsprechend schlechtere Transportraten von Glucose ins Gehirn. Diese Erkenntnisse könnten im Zusammenhang mit Diabetes und Adipositas von Bedeutung sein.

    Eine Fehlsteuerung der Genexpression in Astrozyten, kann diese übrigens dazu bringen, für Nervenzellen toxisch zu werden, d. h., als Konsequenz sterben Nervenzellen ab, wie es für neurodegenerative Erkrankungen symptomatisch ist. Wenn man nun die für die Bildung von Astrozyten relevanten Prozesse besser versteht, ist man potentiell in der Lage, herauszufinden, was passiert, wenn diese Zellen ihr normales Programm verlassen und beginnen, eine toxische Wirkung zu entfalten (Tiwari et al., 2018).

    Das Glioblastom

    ist ein bösartiger und schnell wachsender Hirntumor, der sich aus den Stützzellen im Gehirn entwickelt. Bemerkbar machen sich Glioblastome durch mehrdeutige Symptome, etwa Kopfschmerzen, Schwindel und Erbrechen, Seh- und Sprachstörungen, Lähmungen oder epileptische Anfälle, aber auch psychische Veränderungen wie leichte Reizbarkeit und Desorientierung können auftreten. Viele sterben innerhalb eines Jahres nach der Diagnose, wobei die mittlere Überlebenszeit 1,5 bis zwei Jahre beträgt. Bei der Erkrankung spielt der Mutationsstatus des IDH1/2-Gens eine wichtige Rolle, denn dadurch wird eine bestimmte Reparatur am genetischen Material der Tumorzellen nicht durchgeführt. Therapien sind schwierig, da die Tumorzellen kommunizieren, denn sie sind miteinander und mit Nervenzellen vernetzt, was die Therapieresistenz deutlich erhöht. Auch ist es ist kein abgekapselter Tumor, sondern ein sehr schnell wachsendes, sich ausbreitendes Geflecht, das sich ins Gehirn hineinfrisst, sodass bei einer Operation unweigerlich Tumorzellen im Gehirn zurückbleiben. Therapiemaßnahmen sind durch die Blut-Hirn-Schranke limitiert, denn diese behindert das Eindringen von Medikamenten ins Gehirn bzw. in das Glioblastom. Hinzu kommt, dass die Tumorzellen im Glioblastom sehr unterschiedlich sind, sodass Therapien, die die verschiedenen Zelltypen gezielt angreifen, in Kombination vermutlich am wirksamsten sind. Die aktuelle Standardbehandlung besteht aus der operativen Entfernung des Glioblastoms, Chemo- und Strahlentherapie. Hoffnung besteht in jüngster Zeit durch die Entwicklung einer individuellen therapeutischen Impfung als Ersttherapie oder im Anschluss an die Standardtherapie. Sie soll das Immunsystem befähigen, tumorassoziierte Antigene und Neoepitope zu erkennen und aktiv gegen die Tumorzellen vorzugehen. Die Immunzellen bekommen also über den Impfstoff die Information, woran sie die Krebszellen des Patienten erkennen können.

    Gliazellen verstärken das Schmerzempfinden

    Bisher hat man angenommen, dass Schmerzen eine reine Nervensache sind und dass bei einer Entzündung oder Verletzung nur die Nervenbahnen eine Erregung an das Rückenmark und von dort ans Gehirn leiten, wo der Sinneseindruck Schmerz entsteht. Neuere Untersuchungen zeigen allerdings, dass Gliazellen den Schmerz verstärken und ihn unter Umständen auch in Körperteile tragen, die gar nicht betroffen sind. Das erklärt auch, warum viele entzündungshemmende Substanzen wie etwa Aspirin und Ibuprofen schmerzlindernd wirken, denn diese dämpfen sowohl in Gehirn und Rückenmark als auch im Rest des Körpers in vielen Fällen Entzündungen und schränken damit die schmerzfördernde Wirkung der Gliazellen ein.

    Kuriosum aus der Forschung zu Gliazellen

    Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen (Windrem et al., 2014) injizierten neugeborenen Versuchsmäusen unreife menschliche Gliazellen, wonach binnen eines Jahres mehr oder weniger alle Mäuse-Astrozyten durch menschliche Zellen ersetzt worden waren. Da Menschen-Astrozyten zehn bis zwanzig Mal größer sind und 100 Mal mehr Verzweigungen aufweisen als jene der Tiere, waren auch ihre Gehirne leistungsfähiger. Nachfolgende Untersuchungen zeigten etwa, dass das Erinnerungsvermögen der Mäuse um das bis zu Vierfache verbessert war.  Zwar besaßen auch die modifizierten Mäuse ausschließlich Mäuseneuronen, doch praktisch der gesamte Bestand an Astrozyten kam vom Menschen, die ja auch an wesentlichen Informationsverarbeitungsprozessen beteiligt sind.

    Dachet et al. (2021) haben übrigens nachgewiesen, dass Gliazellen bei Menschen ihre Aktivität in den Stunden nach dem Tod noch kurz steigern, d. h., die Zellaktivität im menschlichen Gehirn endet nicht mit dem Tod, vielmehr werden einige Zellformen nach dem Tod noch einmal verstärkt aktiv. Nachgewiesen wurde das an frischem Hirngewebe, das während Routine-Operationen entnommen worden war, wobei man die Genexpression zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Entnahme analysierte. Das Gen-Clustering zeigte eine rasche Reduktion der neuronalen Genexpression mit einem reziproken zeitabhängigen Anstieg der astroglialen und mikroglialen Genexpression, die mindestens vierundzwanzig Stunden nach der Gewebeentnahme weiter anstieg. Die vorhergesagten transkriptionellen Veränderungen wurden histologisch am gleichen Gewebe bestätigt und zeigten, dass während Neuronen degenerierten, Gliazellen lange Fortsätze ausbildeten. Dieses Wachstum ist aber nicht überraschend, denn Gliazellen sind entzündlich und ihre Aufgabe ist es, nach Gehirnverletzungen die nach Sauerstoffmangel oder einen Schlaganfall aufzuräumen.

    Funktion von Mikrogliazellen in einem Frauenjournal

    Amüsant klingt die Beschreibung, die Miriam Pontius im Oktober 2016 in der Zeitschrift „Freundin“ für die Funktion von Gliazellen (Hervorhebungen von mir; W. S.):

    „Wissenschaftler entdeckten nämlich eine Art Löschfunktion im Gehirn. Mit der kann man, so die Forscher, steuern, was im Gedächtnis bleibt und was nicht. Paradoxerweise hängt diese Funktion mit den Prozessen im Gehirn zusammen, die beim Lernen ablaufen. Wenn man sich mit etwas beschäftigt, sei es eine Fremdsprache, den Namen der Kollegen oder die Funktionen des neuen Backofens, werden Synapsen zwischen einzelnen Gehirnzellen gebildet. Diese Synapsen bilden Wege im Gehirn, die sich von Trampelpfaden in regelrechte Autobahnen verwandeln, je öfter man sie benutzt. Nicht alles, was man irgendwann einmal gelernt hat, braucht man für den Rest seines Lebens. Deshalb wird im Gehirn ausgemistet wie im Kleiderschrank – selten getragene Klamotten kommen in die Altkleidersammlung, um Platz für neue zu schaffen. Im Gehirn erkennen sogenannte Mikrogliazellen wenig benutzte Pfade an einem Protein, das wie ein Hinweisschild an den betreffenden Synapsen klebt und zerstören sie. Diese Aufräumarbeiten geschehen vor allem im Schlaf. Deswegen müssen Sie auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie sich nachmittags für ein kurzes Nickerchen hinlegen. 10 bis 20 Minuten Schlaf reichen den Mikrogliazellen, um unser Gehirn von unnötigem Ballast ungenutzter Hirnwindungen zu befreien. Und nun kommt der Trick bei der Sache: Sie selbst können dafür sorgen, dass unangenehme Erlebnisse oder unheilvolle Szenarios mit dem „Zu entsorgen“-Protein markiert werden. Und das tun Sie, indem Sie – so blöd das klingt – einfach nicht mehr daran denken. Sie allein haben in der Hand (oder im Kopf), wie viel Raum Sie den Dingen geben, die Sie belasten. Statt sich auszumalen, was während des Familienurlaubes alles schief gehen kann, lenken Sie sich das nächste Mal einfach mit Ihrer Lieblingsserie ab. Und legen dann am besten einen Powernap ein. Wenn Sie aufwachen, hat Ihr Gehirn die überflüssigen Ängste vielleicht schon ausradiert.

    Literatur

    Dachet, Fabien, Brown, James B., Valyi-Nagy, Tibor, Narayan, Kunwar D., Serafini, Anna, Boley, Nathan, Gingeras, Thomas R., Celniker, Susan E., Mohapatra, Gayatry & Loeb, Jeffrey A. (2021). Selective time-dependent changes in activity and cell-specific gene expression in human postmortem brain. Scientific Reports, doi:10.1038/s41598-021-85801-6.
    Felix, G. (2019). Das Glioblastom, ein operativer Albtraum.
    WWW: https://www.derstandard.at/story/2000111245310/das-glioblastom-ein-operativer-albtraum (19-11-22)
    García-Cáceres, Cristina et al. (2016). Astrocytic insulin signaling couples brain glucose uptake with nutrient availability. Cell, 166, 867-880.
    Sakalar, Ece, Klausberger, Thomas & Lasztóczi, Bálint (2022). Neurogliaform cells dynamically decouple neuronal synchrony between brain areas. Science, 377, doi:10.1126/science.abo3355.
    Sakry D., Neitz A., Singh J., Frischknecht R., Marongiu D., et al. (2014). Oligodendrocyte Precursor Cells Modulate the Neuronal Network by Activity-Dependent Ectodomain Cleavage of Glial NG2. PLoS Biol, 12,  doi:10.1371/journal.pbio.1001993.
    Kottmeier, R., Bittern, J., Schoofs, A., Scheiwe, F., Matzat, T., Pankratz, M. & Klämbt, C. (2020). Wrapping glia regulates neuronal signaling speed and precision in the peripheral nervous system of Drosophila. Nature Communications, doi:10.1038/s41467-020-18291-1.
    Neha Tiwari, Abhijeet Pataskar, Sophie Péron, Sudhir Thakurela, Sanjeeb Kumar Sahu, María Figueres-Oñate, Nicolás Marichal, Laura López-Mascaraque, Vijay K. Tiwari, Benedikt Berninger (2018). Stage-Specific Transcription Factors Drive Astrogliogenesis by Remodeling Gene Regulatory Landscapes. Cell Stem Cell, 23, 557-571.
    Windrem, Martha S., Schanz, Steven J., Morrow, Carolyn, Munir, Jared,  Chandler-Militello, Devin, Wang,  Su & Goldman, Steven A.  (2014). A Competitive Advantage by Neonatally Engrafted Human Glial Progenitors Yields Mice Whose Brains Are Chimeric for Human Glia. The Journal of Neuroscience, 34, 16153-16161.
    http://www.helmholtz.de/artikel/der-kitt-denkt-mit-3921/ (15-05-22)
    https://www.moneycab.com/dossiers/aktive-nervenfasern-im-gehirn-werden-dynamisch-mit-energie-versorgt/ (24-02-02)


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    Ein Gedanke zu „Gliazellen“

    1. Aus Gliazellen kann sich ein Gliom bilden, eine häufige Art von Tumor im Gehirn. Gliome können die Gehirnfunktion beeinträchtigen und je nach Ort und Schwere des Tumors tödlich sein. Es gibt viele verschiedene Arten von Gliomen: Astrozytom, Hirnstammgliom, Ependymom, gemischtes Gliom (Oligo-Astrozytom), Oligodendrogliom und optisches Gliom.

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