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Funktionalismus

    Der Funktionalismus ist eine zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA als Gegenrichtung zum Strukturalismus entstandene psychologische Schule, die hauptsächlich seelische Prozesse und Verhaltensprozesse untersuchte, um eine Antwort auf die Frage zu finden, auf welche Weise diese Prozesse einen Organismus befähigen, sich anzupassen, zu überleben und erfolgreich zu sein. Der Funktionalismus in der Psychologie betrachtet den Geist demnach als ein dynamisches und anpassungsfähiges System, das sich ständig an die Anforderungen und Bedingungen der Umwelt anzupassen versucht, um so die Überlebenschancen des Individuums zu erhöhen. Dieser Ansatz war eine Reaktion auf den vorherrschenden Strukturalismus, der den Fokus eher auf die Zusammensetzung und den Aufbau der mentalen Prozesse legte.

    Vorreiter des Funktionalismus war gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts William James. Die Funktionalisten waren gegen das Schwergewicht des Strukturalismus auf der statischen Analyse von Bewusstsein. Sie wollten stattdessen mehr ein Verständnis für seinen fließenden Charakter entwickeln, Prozesse untersuchen. Der Forschungsschwerpunkt lag auf der Frage, wie das Bewusstsein funktioniert, damit sich Individuen an ihre Umgebung anpassen können. Über den Begriff der Gewohnheit wurde hierbei erstmals das Lernen zu einem zentralen Begriff der Psychologie. Das große Interesse an der Anpassungsfähigkeit wurde vor allem durch die Arbeiten von Charles Darwin angeregt. Die Untersuchungsmethoden wurden verbreitert auf Untersuchungen zum Verhalten von Tieren und zur Entwicklung von Verhalten. Dennoch blieb die Introspektion damals immer noch das Hauptmittel der psychologischen Forschung.

    Der Funktionalismus ist dabei vor allem in den Kognitionswissenschaften bedeutsam geworden. Seine Kernthese besagt, dass man kognitive Vorgänge nicht in Bezug auf die Realisierung durch irgendwelche Neuronen betrachten sollte, sondern immer nur unter dem Aspekt ihrer Funktion für den Organismus. Erst dann kann man eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen kognitiven Systemen herstellen, zwischen Menschen oder aber auch zwischen Menschen und Maschinen. Interessant ist nicht, durch welche Komponenten oder Areale des Gehirns das Denken produziert wird, sondern in welchem funktionalistischen Zusammenhang bestimmte Wahrnehmungs- und Verhaltensleistungen zur Umwelt stehen. Damit wird die Verbindung zum Konstruktivismus deutlich, in dem alle Bewusstseinsvorgänge als Anpassung an die Umwelt gesehen werden.

    Der Funktionalismus war also eine einflussreiche psychologische Theorie, die sich auf die Funktionen des Geistes und des Verhaltens konzentriert, im Gegensatz zum Strukturalismus, der sich auf die Struktur des Bewusstseins fokussiert. Die Hauptidee des Funktionalismus besagt, dass das Bewusstsein und das Verhalten nicht einfach aus isolierten Elementen oder Strukturen bestehen, sondern sich vor allem aufgrund ihrer Zweckmäßigkeit oder Funktion für das Individuum und dessen Anpassung an die Umwelt entwickeln. Demnach geht es darum zu verstehen, wie mentale Prozesse und Verhaltensweisen dazu beitragen, das Überleben und die erfolgreiche Anpassung an wechselnde Umweltbedingungen zu sichern. Zu den zentralen Merkmalen des Funktionalismus gehört die Betonung der Zweckorientierung, d. h., Funktionalisten interessieren sich dafür, welche Rolle mentale Prozesse wie Wahrnehmung, Denken oder Emotionen im Leben des Individuums spielen, um dessen Wohlbefinden und Anpassungsfähigkeit zu fördern. Ferner legen Funktionalisten großen Wert auf die Erforschung von Verhalten, um zu verstehen, wie geistige Vorgänge das Verhalten in bestimmten Situationen steuern und beeinflussen.

    Darüber hinaus unterscheidet sich der Funktionalismus vom Strukturalismus auch in seiner methodischen Herangehensweise, denn während Strukturalisten versuchen, das Bewusstsein in seine grundlegenden Elemente zu zerlegen, fokussieren sich Funktionalisten darauf, das Bewusstsein und Verhalten ganzheitlich zu erfassen und in Bezug auf ihre adaptiven Funktionen zu untersuchen. Dieser Ansatz hat dazu beigetragen, die Psychologie als empirische Wissenschaft zu etablieren und neue Impulse für die Erforschung der menschlichen Kognition und Motivation zu geben.

    Der Funktionalismus hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf verschiedene Bereiche der angewandten Psychologie. So beeinflusste er maßgeblich die Entwicklung der Pädagogischen Psychologie, die sich mit den Lernprozessen und der Förderung von Individuen befasst. Auch in der Klinischen Psychologie, die psychische Störungen und deren Behandlung untersucht, sind funktionalistische Konzepte von großer Bedeutung. Darüber hinaus bildete der Funktionalismus eine wichtige Grundlage für die Entstehung von Verhaltenstheorien und experimentellen Ansätzen, die später im Behaviorismus mündeten. Einer der einflussreichsten Vertreter des Funktionalismus war William James betonte in seinen Arbeiten, dass mentale Prozesse niemals isoliert, sondern immer in Bezug auf ihre Funktion für das Individuum in seiner Umwelt betrachtet werden müssen. Der Geist dient demnach in erster Linie dazu, das Individuum bei der Bewältigung seiner Umweltanforderungen zu unterstützen und ihm so das Überleben zu erleichtern.

    Literatur

    Gardner, H. (1992). Dem Denken auf der Spur. Stuttgart: Klett-Cotta.


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