Zum Inhalt springen

Prototypentheorie

    Nach der Prototypentheorie ist die mentale Repräsentation die zentrale Tendenz einer Kategorie von Enitäten – Enitäten sind dabei Gegenstände der Wahrnehmung wie Objekte, Ereignisse und Personen -, das heißt, in einem Prototyp sind die typischen Merkmalsinformationen abstrahiert und repräsentiert. Dabei stehen typische Beispiele im Zentrum einer solchen Klasse, etwa beim Wort Vogel denkt man zuerst eher an einen Spatz oder Adler, später erst an einen Pinguin oder ein Huhn. Dies zeigt deutlich, dass dem Prototypen Vogel ähnlichere Abbildungen leichter und schneller erfasst werden, als weniger typische. Die Prototypentheorie befasst sich demnach mit der Frage, ob und wie die Bedeutungen von Begriffen im menschlichen Gedächtnis organisiert sind, wobei anhand von psycholinguistischen Untersuchungen belegt werden kann, dass Menschen Kategorien bilden, in die Objekte anhand von Merkmalen mehr oder minder automatisch rasch eingeordnet werden können.

    Dabei ist die lexikalische Kategorisierung nicht nur von den Eigenschaften der bezeichneten Gegenstände determiniert, sondern auch andere Eigenschaften der betreffenden sprachlichen Einheiten wie phonologische, morphologische und andere innersprachliche Eigenschaften sind dabei involviert. Für die innere Struktur einer solchen Kategorie muss daher ein komplexes Netz von parallelen und zum Teil einander überlappenden Teilstrukturen angenommen werden.

    Die spezielle Prototypentheorie ist eine von Eleanor Rosch 1975 entwickelte Theorie, nach der häufig zusammen auftretende Merkmalskonfigurationen als ideale, repräsentative Beispiele, eben Prototypen, im Gedächtnis gespeichert werden. Ein Prototyp ist dabei als begriffliches Konzept ein beispielhaftes Exemplar seiner Klasse, denn so ist etwa ein Sperling ein Prototyp der Klasse kleiner Vögel. Ein Objekt wird als Mitglied in einer Konzeptklasse gespeichert, wenn es dem Prototyp dieser Klasse ähnlicher ist als dem Prototyp einer anderen Klasse. Der Zuordnungsprozess eines Objektes zu einer Klasse basiert auf einem globalen Ähnlichkeitsvergleich, d. h., Objekte in gleichen Klassen ähneln sich stärker als Objekte in verschiedenen Klassen. So haben z.B. Vögel als Flugobjekte mehr Ähnlichkeit untereinander als Vögel und Flugzeuge. Alle Objekte haben eine ähnliche Funktion, d. h., die Mehrzahl der Vögel kann fliegen und alle legen Eier. Gegenüber solchen Objekten werden auch ähnliche Handlungen ausgeführt, denn Vögel werden gefüttert oder man hört ihnen beim Singen zu. Prototypen werden zusammen mit einigen erlaubten Variationen gespeichert, und je größer aber die Abweichung vom Prototyp ist, desto länger dauert es etwa bei Reaktionszeitexperimenten zu entscheiden, ob ein Objekt zu einer bestimmten Klasse gehört oder nicht. Um einen Pinguin oder einen Strauß der Klasse der Vögel zuzuordnen, benötigt man demnach mehr Zeit, als für die Zuordnung eines Spatzes. Viele Alltagsbegriffe, wahrscheinlich die meisten, sind als Prototypen gespeichert (Mustererkennen, Begriffsbildung, Kognition).

    Die Konzeption der Prototypentheorie kann man dabei der aristotelischen Kategorisierung gegenüber stellen. Die aristotelische Kategorisierung zeichnet sich durch mindestens drei Merkmale aus: die Zugehörigkeit zu einer Kategorie erfolgt auf der Grundlage von notwendigen und hinreichenden Kriterien, jede Kategorie hat klare Grenzen und jedes Element einer Kategorie hat denselben Status wie jedes andere. Demgegenüber sind die Grundannahmen der Prototypentheorie folgendermaßen charakterisiert: die Kategorien sind nicht unabhängig voneinander zu verstehen, sondern als Bestandteile einer taxonomischen Hierarchie, innerhalb dieser Hierarchie entspricht das Basislevel einem kognitiven Optimum, und innerhalb einer Kategorie haben nicht alle Elemente denselben Status, d. h., einige sind bessere Vertreter der Kategorie als andere, die man demnach auf einer Typikalitätshierarchie einordnen kann (Poitou, 2004).

    Literatur

    Poitou, Jacques (2004). Prototypentheorie und lexikalische Semantik.
    WWW: https://hal.archives-ouvertes.fr/hal-00371975 (09-12-12)
    Rosch, Eleanor (1975). Cognitive reference points. Cognitive Psychology 7, 532-547.
    Stangl, W. (2023, 20. Jänner). Mentale Repräsentation. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
    https:// lexikon.stangl.eu/2790/mentale-reprasentation.
    Trimmel, M. (2003). Allgemeine Psychologie. Motivation, Emotion, Kognition. Wien: Verlag Facultas.
    https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/prototypentheorie/11943 (18-12-12)


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert