Das Fremdeln ist bei Kindern die Furcht vor Menschen, die dem Kind bisher unbekannt sind, und tritt allgemein bei Kindern etwa im 8. Lebensmonat erstmals auf. Etwa im Alter zwischen sechs und acht Monaten, manchmal auch schon früher, zeigen sich Kinder auf einmal sehr verunsichert, ängstlich oder scheu gegenüber fremden Personen, und zwar oft auch gegenüber bereits bekannten und vertrauten Personen. Dieses Verhalten deutet auch darauf hin, dass Kinder in diesem Alter wesentlich mehr von ihrer Umwelt wahrnehmen und versuchen, zwischen personalen Reizen zu differenzieren, was aber nicht immer gelingt.
Fremdeln ist im Allgemeinen ein Ausdruck der sich entwickelnden oder gefestigten Bindung, das bei fast allen Kleinkindern um den achten Monat herum erstmals auftritt. Hatte sich das Kleinkind in den Monaten zuvor von jedem begrüßen und aufnehmen lassen, verzieht es nun unglücklich oder sogar panisch sein Gesicht und beginnt zu weinen, wenn eine unvertraute Person sich über es beugt oder es aufzunehmen will. Dieses Verhalten ist normal und zeigt den Bindungsentwicklungsstand des Kindes an. Fremdeln hängt nicht so sehr mit der geistigen Entwicklung des Kleinkinds zusammen, dass es nun erst seine Eltern von fremden Personen unterscheiden kann – das kann ein Kleinkind schon früh anhand von Stimmen oder Gerüchen, der Art, mit ihm zu sprechen und es aufzunehmen. Die wesentliche Veränderung, die ungefähr im achten Monat stattfindet, ist aber eine Festigung der Bindung des Kleinkinds an seine Eltern, denn es weiß nun, dass seine Eltern es zuverlässig versorgen. Verliert es sie aus seinem Blickfeld, fehlt ihm die Gewissheit, dass die Eltern immer noch in der Nähe sind. Diese Angst wird auch nur für eine gewisse Zeit anhalten, d.h., Eltern müssen nicht befürchten, dass ihr Kleinkind entweder besonders abhängig von ihnen oder extrem schüchtern ist, sondern das Fremdeln stellt eine wichtige soziale Errungenschaft des Kleinkinds dar .
Wenn die Eltern sich sorgen, dass es nun für immer so ängstlich und anlehnungsbedürftig bleiben könnte, versuchen sie manchmal, nicht mehr so uneingeschränkt für es da zu sein, um ihm mehr Selbständigkeit anzuerziehen. Dieses Vorgehen ist aber unangebracht, denn gerade in dieser Zeit der gefühlsmäßigen Entwicklungen ist das Kleinkind besonders angewiesen auf die Aufmerksamkeit und feinfühlige Unterstützung seiner Eltern. Eltern sollten das Fremdeln als vorübergehende Erscheinung akzeptieren und als neue Fähigkeit ihres Kleinkinds anerkennen. Dementsprechend einfühlsam sollte auch ihr Verhalten dem fremdelnden Kleinkind gegenüber sein, indem sie ihm sofort zeigen, dass sie noch da sind, es liebevoll trösten und beruhigen. Durch die Geborgenheit und Sicherheit, die das Kleinkinds so erhält, wird es bald erfassen, dass es seine Eltern auch in Anwesenheit eines Fremden nicht verliert.
Siehe auch Achtmonatsangst.
Literatur
Lerch, Melanie (o.J.). Die frühe Eltern-Kind-Beziehung. Bindungsaufbau im alltäglichen Austausch.
WWW: http://www.kleinkindpaedagogik.knetfeder.de (12-01-03)
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