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reziproke Zuneigung

    Die sozialpsychologische Theorie über reziproke Zuneigung besagt, dass ein entscheidender Faktor für Anziehung zwischen Menschen die gegenseitige Zuneigung ist, also eine Form von gegenseitiger Sympathie. Ein Mensch empfindet einen anderen Menschen demnach in dem Maße als anziehend, wie er oder sie annimmt, dass dieser Mensch ihn oder sie sympathisch findet und schätzt. Man bewertet letztlich einen Menschen dann umso sympathischer, je mehr man von diesem annimmt, dass dieser Mensch uns selbst schätzt.

    In einer Studie in den USA und Japan zeigte sich, dass Menschen jenen Menschen mehr helfen, die angeblich an der gleichen Aufgabe arbeiten, doch dieser Effekt tritt nicht auf, wenn man sie direkt dazu aufforderte, dieser anderen Person zu helfen. Man vermutete daher, dass etwa der bekannte Benjamin-Franklin-Effekt eher keine Folge von kognitiver Dissonanz ist, sondern dass die Person, die um Hilfe gebeten wird, deutlich spüren kann, dass sich die Hilfe suchende Person mit ihr befreunden will und daher diese positiven Gefühle erwidert. In anderen Experimenten wurde untersucht, wie kleine gegenseitige Gefälligkeiten zu Freundschaften führen können, und fand heraus, dass die Probanden mit höherer Wahrscheinlichkeit einer Bitte um einen Gefallen nachkommen – etwa einen Bleistift zu spitzen -, nachdem sie eine unerwartete Gefälligkeit bekommen hatten, wenn man ihnen zuvor z. B. eine kostenlose Flasche Wasser gebracht hat.

    Der Einfluss reziproker Zuneigung auf die Attraktivität von Menschen wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen, wobei Zuneigung auch durch selbsterfüllende Prophezeiung Realität werden kann, was allerdings nur bei Menschen mit positivem Selbstwert funktioniert. In manchen Fällen können auch Falschinformationen und Fehlinterpretationen eine Rolle spielen, denn wenn man glaubt, dass man gemocht wird, verhält man sich dieser Person gegenüber wesentlich freundlicher.

    Praxistipp: Dieses Phänomen kann man etwa in der informellen Kommunikation einsetzen, indem man einer dritten Person vertraulich erzählt, wie interessant oder anziehend man die oder den anderen findet, wobei man dafür natürlich jemanden ausfindig machen muss, von dem man annimmt oder weiß, dass sie oder er gerne alles ausplaudert. So kann man ziemlich sicher sein, dass diese vertrauliche Botschaft auch am Ziel ankommt. Über die reziproke Zuneigung, also das offene oder verstecke, direkte oder indirekte Mitteilen der eigenen Sympathie für den entsprechenden Menschen, kann man in Institutionen eine Basis für einen positiven Beziehungsaufbau schaffen.


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