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Story Bias

    Als Story Bias, narrative Voreingenommenheit oder narrative Verzerrung bezeichnet man die Tendenz von Menschen, in allem Geschehen einen tieferen Sinn zu entdecken, etwa eine logische Abfolge von Ereignissen oder Kausalitäten. Menschen sind im Allgemeinen nicht besonders gut darin, objektiv über Unsicherheiten in ihrem täglichen Leben zu argumentieren, denn sie haben den universellen Wunsch, überall Bedeutungen und Muster zu finden. Der Mensch ist wohl auch evolutionär darauf ausgerichtet, nach Mustern zu suchen, denn so kann er gut durch die Welt navigieren und sie bis zu einem gewissen Grad diese dadurch auch kontrollieren. Zufällige Ereignisse können aber in der Regel meist nicht erklären, warum Dinge geschehen, doch ist der Drang nach Erklärungen bei Menschen eben groß. Wenn ein unvorhergesehenes Ereignis eintritt, denken sich Menschen sofort erklärende Geschichten aus, die meist einfach und kohärent sind, wobei ihr intuitiver Verstand jenes Sinnesorgan darstellt, das die Welt als einfach vorhersehbar und kohärent betrachtet, wobei diese Kohärenz natürlich ein besseres Gefühl verleiht als Unwägbarkeiten.

    Man hört etwa zwei Nachrichten und man setzt diese schnell in Beziehung zueinander, denn es ist einfach eingängiger, sich zu merken, dass ein Jugendlicher Amok gelaufen ist, weil er regelmässig am Computer gespielt hat, als zu hören, dass ein Jugendlicher durchgedreht ist und er auch regelmäßig am Computer gespielt hat. Natürlich gibt es Zusammenhänge bei dem, was man hört, doch auch vieles in der Welt ereignet sich nur nebeneinander und hat keine ursächliche Verbindung. Das kommt daher, dass es typisch menschlich ist, nicht nur Ereignisse zu beobachten, sondern dabei immer auch nach dem Warum zu fragen. Natürlich bedeutet dieser Fehlschluss nicht immer, dass es keine Zusammenhänge gibt, aber in der Regel sind es meist viel weniger, als allgemein angenommen wird. Viel häufiger geschehen einfach zwei oder mehr Ereignisse nebeneinander. Daher sollten Menschen dem oft spontanen Impuls widerstehen, zu schnell Dinge miteinander zu verknüpfen, die vielleicht nichts miteinander zu tun haben.

    Besonders in den neuen Medien und im Zusammenhang mit Fake News finden sich häufig solche verkürzenden Fehlschlüsse, die auf dieser narrativen Voreingenommenheit basieren bzw. bei den Rezipienten diesen Bias ausnützen (wollen?).

    Siehe dazu auch den Rückschaufehler (hindsight bias).


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