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Hirnatrophie

    Als Hirnatrophie oder Gehirnschwund bezeichnet man einen allmählichen Verlust von Hirnsubstanz, wobei dieser Rückgang von Volumen und Masse des Gehirns mit fortschreitendem Alter normal ist, denn Menschen verlieren ab dem 20. Lebensjahr etwa 50.000 bis 100.000 Hirnzellen täglich. Dabei werden nur die über das Altersmaß hinausgehenden Veränderungen werden als Gehirnatrophie bezeichnet, die langfristig zu neurologischen Ausfallerscheinungen und zum fortschreitenden Verlust der kognitiven Leistungsfähigkeit führen können. Dabei bildet sich vor allem die graue Substanz der Hirnrinde zurück, die dabei dünner wird und die Gehirnwindungen verflachen, die Furchen erscheinen dadurch tiefer und breiter (cortikale Atrophie). Liegt eher ein Abbau der weißen Substanz vor, kommt es zu einer Vergrößerung und Vergröberung des Ventrikelsystems (subcortikale Atrophie). Einige Demenzformen bilden dabei eine enger umschriebene, lokalisierte Atrophie aus. Allerdings gibt es keinen linearen Zusammenhang zwischen Ausmaß der Atrophie und Leistungsminderung.

    Giannakopoulos et al. (2020) haben untersucht, warum bei manchen Menschen das Gehirn im Alter schneller an Volumen zu verliert als bei anderen, und welche Rolle der Lebensstil dabei spielt, wie schnell und stark der geistige Abbau ausfällt. In einer mehrjährigen Studie untersuchten man dabei regelmäßig eine Gruppe von über 65-Jährigen, wobei neben Gehirnscans auch Lebensstil, Persönlichkeit und kognitive Fähigkeiten der Teilnehmer erfasst wurden. Es zeigte sichdabei, dass das Gehirn von Menschen mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften weniger an Volumen verlor, wobei dies eher unangepasste und wenig konfliktscheue Menschen waren. Weniger ausgeprägt war hingegen der Zusammenhang mit der Offenheit für neue Erfahrungen, also dem Bedürfnis, auch noch im Alter zu lernen. Als Erklärung vermutet man, dass Menschen mit solchen Eigenschaften eine höhere Plastizität und damit Anpassungsfähigkeit ihres Gehirns aufweisen. Übrigens waren diese Zusammenhhänge auch im Hinblick auf sozioökonomische Faktoren stabil, dennoch lässt sich kein kausaler Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Gehirnalterung daraus ableiten.

    Evolutionär junge Hirnregionen altern besonders früh

    Vickery et al. (2024) analysierten die Korrelation zwischen der Atrophie der grauen Substanz und dem Alter sowie der jüngsten zerebralen Expansion in der Phylogenie von Schimpansen und Menschen. Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass beim Menschen eine positive Beziehung zwischen zerebraler Alterung und kortikaler Expansion besteht, während bei Schimpansen keine solche Beziehung beobachtet wurde. Der Zusammenhang zwischen starken Alterungseffekten und einer signifikanten relativen kortikalen Expansion ist insbesondere in kognitiven Regionen höherer Ordnung des ventralen präfrontalen Cortex evident und stützt die „Last-in-first-out“-Hypothese bezüglich der Hirnreifung in der jüngsten evolutionären Entwicklung menschlicher Fähigkeiten. Somit zeigen Menschen und Schimpansen eine Hirnalterung, wobei die räumliche Verteilung beim Menschen mit der evolutionären Expansion assoziiert ist. Dies bedeutet, dass bei der Entstehung des Menschen wichtige Regionen im Großhirn größer wurden, jedoch ist dieser evolutionäre Schritt insbesondere im Alter mit bestimmten Nachteilen verbunden. Die Ergebnisse der Studie stützen die Hypothese, die von Biologen häufig vertreten wird, dass Strukturen, die in jüngerer Zeit durch Evolution entstanden sind, stärkeren Veränderungen unterliegen als solche, die über einen längeren Zeitraum optimiert wurden. Die starke Ausdehnung des präfrontalen Cortex beim Menschen geht demnach mit einer erhöhten Anfälligkeit für Alterungsprozesse einher.

    Literatur

    Giannakopoulos, Panteleimon, Rodriguez, Cristelle, Montandon, M., Garibotto, Valentina, Haller, Sven & Herrmann, Francois (2020). Less agreeable, better preserved? A PET amyloid and MRI study in a community-based cohort. Neurobiology of Aging, doi:10.1016j.neurobiolaging.2020.02.004.
    Stangl, W. (2024, 20. September). Evolutionär junge Hirnregionen altern besonders früh. Psychologie-News.
    https:// psychologie-news.stangl.eu/5401/evolutionaer-junge-hirnregionen-altern-besonders-frueh.
    Vickery, Sam, Patil, Kaustubh R., Dahnke, Robert, Hopkins, William D., Sherwood, Chet C., Caspers, Svenja, Eickhoff, Simon B. & Hoffstaedter, Felix (2024). The uniqueness of human vulnerability to brain aging in great ape evolution. Science Advances, 10, doi: 10.1126/sciadv.ado2733.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Hirnatrophie (14-08-12)


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