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Operative Psychologie

    Die Psychologie als Wissenschaft kann man gebrauchen oder missbrauchen, wie jede andere Wissenschaft auch. Man kann die Psychologie als ein Analyseinstrument zum Nachweis staatlicher Manipulationen gebrauchen, sie hat eine emanzipatorische Bedeutung und kann für Diktaturen gefährlich werden, denn mit der Psychologie kann man Herrschaftstechniken und Propaganda hinterfragen. Aber ebenso ist das Gegenteil möglich. In den 1970er Jahren wurde in der Hochschule der Staatssicherheit in Potsdam-Golm die Operative Psychologie eingeführt. Das Ziel war, mit psychologische Methoden Erkenntnisse über die Gedanken und Gefühle von Systemfeinden zu erhalten, um diese in irgendeiner Weise zu beeinflussen, zu überwachen oder zu entlarven und zu zersetzen. Dabei wurden sychologische Erkenntnisse auch für die Gewinnung inoffizieller Mitarbeiter genutzt, etwa zur Einschätzung ihrer Persönlichkeit. Dazu wurden Studenten der Hochschule Golm zum Psychologiestudium an die Universitäten abgeordnet, die nach ihrem Studium das erworbene psychologische Wissen den Angehörigen der Staatssicherheit vermitteln sollten. Dies führte etwa dazu, dass Mitarbeiter der Stasi mehrmals heimlich in private Wohnungen einbrachen, nach und nach Gegenstände entfernten oder sie umstellten, damit der Bewohner allmählich anfing, an seinem Verstand zu zweifeln (Gaslighting). Zusätzlich streute man etwa Gerüchte am Arbeitsplatz und im Freundeskreis, um den Menschen nach und nach mürbe zu machen. Fast vierzig Jahre lang erhielten die künftigen Verhör-Offiziere Diplome und Doktortitel, wobei die Forschung darauf abzielte, den verlässlichsten Weg zu einer erfolgreichen Zersetzung zu finden, wobei das Opfer alles in Frage stellt, was es bisher für wahr und richtig gehalten hat und es allem und jedem misstraut, dem es vorher vertraut hat. Die gewonnenen Erkenntnisse flossen etwa in das Praxiswörterbuch der Stasi ein, in dem unter dem Stichwort „Zersetzung, operative“ steht: „Ziel der Zersetzung ist die Zersplitterung, Lähmung, Desorganisierung und Isolierung feindlich-negativer Kräfte, um dadurch eine differenzierte politisch-ideologische Rückgewinnung zu ermöglichen.“

    Literatur

    https://www.campus-halensis.de/artikel/psychologie-im-dienst-der-stasi/ (20-03-12)
    https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/2009/gehirnwaesche-von-geheimdiensten-wissenschaftlern-und-agenten-100.html (14-11-15)


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