Bodyshaming – auch Body Shaming – nennt sich das Phänomen, dass Menschen aufgrund ihres Körpers beschämt werden. Mädchen werden am häufigsten aufgrund ihres Aussehens im Allgemeinen und ihrer Figur kritisiert, Burschen wegen ihrer Haare oder Frisur. Mädchen reagieren dabei sensibler auf negative Bewertungen, sind eher gekränkt bzw. schämen sich doppelt so häufig wie Burschen. Mädchen geben in Untersuchungen auch an, mit ihrem Äußeren dadurch unzufriedener geworden zu sein und an Selbstbewusstsein verloren zu haben.
Body Shaming wird zwar am deutlichsten in der öffentlichen Herabsetzung von Körpern wahrgenommen, doch ist Body Shaming vor allem die permanente Kritik am eigenen Körper, d. h., der Körper wird negativ bewertet oder mit anderen Körpern verglichen. Diese Glaubenssätze verankern sich in der Folge tief im Innern der Betroffenen.
Heute werden abfällige Äußerungen über Figur und Körper eines Menschen unkontrolliert über soziale Medien wie Facebook, Twitter oder Instagram verbreitet, was vor allem bei Mädchen zwischen zehn und vierzehn Jahren zu Depressionen oder gestörtem Essverhalten führen kann. Auch Lifestyle-Influencerinnen verbreiten fragwürdige Fitness- und Ernährungstrends in sozialen Medien, denen Jugendliche, insbesondere Mädchen, nacheifern. Im Influencer Marketing tritt Bodyshaming zudem als Neid-Phänomen auf, wenn z.B. Influencerinnen eine Vielzahl von Fans und Followerinnen verzeichnen und im Rahmen ihrer Kooperationen negative Kommentare auf ihre Posts und Videos bezogen auf ihr Erscheinungsbild erhalten. Das Ideal der weiblichen Schönheit hat sich offenbar von einem Symbol der Fruchtbarkeit zu einem der mathematischen berechneten Proportionen gewandelt, und es hat überdies die Form eines Bildes angenommen, das den sexuellen Wünschen der Männer entspricht, insbesondere in Bezug auf das Gewicht der Frau.
Body Shaming funktioniert vor allem auch deshalb, weil bestimmte Wörter, die eigentlich den menschlichen Körper beschreiben, zu Beschreibungen von Persönlichkeitseigenschaften geworden sind, die konnotativ angereichert sind. Das Wort „dick“ etwa ist nicht mehr allein eine Zustandsbeschreibung des Körpers, sondern wird mit Begriffen wie faul, ungepflegt, krank, disziplinlos oder hässlich assoziiert. Eine Unterform des Bodyshaming ist daher die Diskriminierung aufgrund des Körpergewichts oder des Körperbaus, die auch als Fatshaming bei Übergewicht oder Sizeism bezeichnet wird. Für wenig trainierte, häufig männliche Personen mit auffällig niedrigem Körpergewicht (Skinny Shaming) und schmalem Körperbau haben sich Schimpfwörter wie Spargeltarzan oder Zahnstocher etabliert, wobei auch alte oder behinderte Körper Betroffene von Bodyshaming werden können.
Das Wiener Programm für Frauengesundheit hat in den Jahren 2016/2017 Studien zu diesem Thema in Auftrag gegeben, um ein besseres Verständnis dafür zu finden, wie Bodyshaming in den digitalen Lebenswelten von 15- bis 19-jährigen Mädchen in Wien durch soziale Medien verstärkt wird. Die Studien brachten folgende Ergebnisse:
- Mädchen nutzen häufiger Plattformen, die sich auf Bilder konzentrieren. Dazu zählen etwa Instagram und Pinterest. Sie teilen öfter Fotos von sich selbst.
- Mehr als die Hälfte der Jugendlichen erhält negative Kommentare zu ihren Fotos. Mädchen sind doppelt so häufig von negativen Kommentaren betroffen. Sie reagieren darauf sensibler und sind in Bezug auf ihr Aussehen leichter zu verunsichern.
- Mädchen werden vor allem wegen ihres Aussehens und ihrer Figur kritisiert. Burschen eher wegen ihrer Frisur oder Kleidung. Der Unterschied: Frisur und Kleidung sind leichter veränderbar.
- Menschen präsentieren in den sozialen Medien oft ein inszeniertes Bild von sich selbst. Verschiedene Apps machen es einfach, ein geschöntes Bild von sich zu erstellen. Mädchen, deren Wert oft auf ihr Aussehen reduziert wird, suchen auf diese Weise nach Anerkennung und Wertschätzung.
- Die Schönheitsideale unterscheiden sich nach sozialem Umfeld. Unter Oberstufen-Schülerinnen sind extreme Schlankheitsideale stärker verbreitet. Weibliche Lehrlinge bewerten einen fülligeren Körper positiver.
Body Positivity und Body Neutrality
Als Gegenteil von Bodyshaming kann übrigens Body Positivity bezeichnet werden, wobei Body Positivity die Menschen davon überzeugt, dass der eigene oder ihr Körper schön ist, auch wenn dieser nicht einem von der Gesellschaft definierten Schönheitsideal entspricht. Body Positivity verbreitet sich vor allem in den sozialen Medien, wobei es hier um eine „körperpositive“ Einstellung und mehr Selbstliebe geht. Die zentrale Botschaft ist, dass jeder Mensch auf die eigene einzigartige Weise schön ist und respektvoll behandelt werden sollte. Niemand sollte aufgrund der Körperform, einer körperlichen Beeinträchtigung oder anderer Körpereigenschaften in eine Schublade für bestimmte Persönlichkeitsmerkmale gesteckt werden. Allerdings ist es trotz positiver Einstellung zum eigenen Körper gar nicht so einfach, alles an sich selbst zu lieben und toll zu finden. Hier hilft unter Umständen als Zwischenschritt, die Body Neutrality, also zunächst eine neutrale Haltung gegenüber dem eigenen und anderen Körpern einzunehmen. Hintergrund ist dabei, den eigenen Körper so zu akzeptieren wie er ist und den Kopf lieber in andere Dinge wie die persönliche Entwicklung zu stecken und sich keine Gedanken über eventuelle Makel zu machen.
Zwar handelt es sich bei Bodyshaming um keinen wissenschaftlich abgrenzbaren Begriff, doch steht er in Zusammenhang mit zahlreichen psychischen Störungen, insbesondere Essstörungen.
Literatur
https://www.brigitte.de/liebe/beziehung/psychologie–was-bodyshaming-in-der-beziehung-mit-uns-macht-13536398.html (23-06-09)
https://www.styleranking.de/influencer-marketing-wiki/bodyshaming (19-11-21)
https://www.wien.gv.at/gesundheit/beratung-vorsorge/frauen/frauengesundheit/schwerpunkte/koerpernormen/body-shaming.html (21-11-14)
Sätze, die von Eltern stammen, hallen lange nach. Die schönen Sätze genauso wie die fiesen. Und so erinnern sich auch erwachsene Menschen oftmals noch daran, wie Eltern den einstigen Kinds- oder Teeniekörper kommentierten: Süß, dein kleines Bäuchlein! Oder: Solltest du nicht mal etwas Sport machen? Oder: Als echter Mann brauchst du aber etwas mehr auf den Rippen.