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Tür-Effekt

    Der Tür-Effekt, Türrahmen-Effekt bzw. Türschwelleneffekt (doorway effect) beschreibt das Phänomen, dass Menschen beim Gehen durch eine Tür Erinnerungen löschen. Radvansky, Krawietz & Tamplin (2011) ließen sechzig Probanden und Probandinnen unterschiedliche Objekte auswählen, in eine Kiste verpacken und von einem Tisch zu einem anderen bringen. Stand der Zieltisch im gleichen Raum wie der Tisch, von dem die Auswahl getroffen wurde, konnten sich die Probanden und Probandinnen daran erinnern, welche Objekte sie von einem Ort zum anderen transportiert hatten. Wenn der Zieltisch jedoch in einem anderen Raum stand, also die Probanden und Probandinnen den Raum gewechselt und eine Tür durchschritten hatten, gelang es ihnen weniger gut, die transportierten Objekte wiederzuerkennen.

    Offensichtlich löst das Überqueren einer Türschwelle das Vergessen aus, wobei die Türe eine Art Grenze darstellt, die Denkvorgänge und Erinnerungen voneinander trennt. Das Gehirn koppelt bekanntlich Gedanken oft an die räumliche Umgebung, wobei interessanterweise auch das Zurückkehren in den ursprünglichen Raum dabei wenig hilft, d. h., beim räumlichen Aktualisierungseffekt werden die Gedanken beim Überschreiten der Türschwelle praktisch gelöscht. Aus evolutionärer Perspektive konnten sich die Menschen besser orientieren, wenn sie etwa aus ihrer Behausung in den Wald gingen, wobei sich die Aufmerksamkeit auf die neue Umgebung richtete, um mögliche Gefahren nicht zu übersehen.

    Ähnlich wie beim Zeigarnik-Effekt zieht das Gehirn vermutlich einen Schlussstrich unter die erledigte Aufgabe. Der von Bluma Zeigarnik (1900-1988) beschriebene Zeigarnik-Effekt beschreibt, dass unerledigte Handlungen besser in der Erinnerung des Menschen gespeichert werden als erledigte.

    Der Tür-Effekt tritt aber nicht nur auf, wenn man physisch von einem Raum in einen anderen geht, sondern auch dann, wenn man bei Überlegungen gedanklich zu einem anderen Thema springt, wonach es manchmal schwerfällt, sich daran zu erinnern, was man gerade zuvor gedacht hat.

    Tipp: Wie bei anderen ähnlichen Erinnerungsphänomenen hilft es meist, einfach innezuhalten und zu warten, bis die Erinnerung wieder kommt.


    In einer Illustrierten fanden sich drei Tricks, um den Türrahmen-Effekt auszuschalten

    • Laut aufsagen: Wenn man aus der Küche ein Messer holt, um ein neues Paket zu öffnen, soll man es laut vor sich hersagen, bis man die Klinge am Paketband anbringt, denn dadurch bleibt die Erinnerung mental verfügbar.
    • Aufschreiben: Wichtige Dinge, die man nicht vergessen darf, sollten man sich aufschreiben, etwa für den Wocheneinkauf, denn auch im Supermarkt greift der Türrahmen-Effekt.
    • Frame verändern: Man sollte sich die Dinge nicht unter dem Motto „das darf ich nicht vergessen“ einprägen, sondern den Gedanken lieber so framen: „Ich muss daran denken“. So verknüpft das Gehirn die Information nicht mit dem Wort „vergessen“, sondern mit dem Wort „erinnern“ und die Chancen steigen, dass man sich besser daran erinnert.

    Eine australische Studie (McFadyen et al., 2021) weist darauf hin, dass der Türschwelleneffekt vor allem dann auftritt, wenn man ohnehin schon viel im Kopf hat, also gestresst oder abgelenkt ist. Wer sich also auf eine Sache allein konzentriert und sich nicht ablenken lässt, kann dem Türschwelleneffekt entkommen.


    Literatur

    McFadyen, Jessica, Nolan, Christopher, Pinocy, Ellen, Buteri, David & Baumann, Oliver (2021). Doorways do not always cause forgetting: a multimodal investigation. BMC Psychology, 9, doi:10.1186/s40359-021-00536-3
    Radvansky, Gabriel A., Krawietz, Sabine A. & Tamplin, Andrea K. (2011). Walking through doorways causes forgetting: Further explorations. The Quarterly Journal of Experimental Psychology, 64, 1632-1645.
    Radvansky, G. A., Krawietz, S. A., & Tamplin, A. K. (2011). Walking through doorways causes forgetting: Environmental integration. Psychonomic Bulletin & Review, 18(5), 1090-1095.
    Mäntylä, T. (2013). The doorway effect: Evidence from memory experiments, practical implications. Frontiers in Psychology, 4, 1-5.
    Mäntylä, T., & Rämä, P. (2013). The effect of environmental changes on prospective memory tasks. Journal of Environmental Psychology, 35, 41-50.
    Stangl, W. (2018). Vergessen Gedächtnis Erinnern. [werner stangl]s arbeitsblätter.
    WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/GEDAECHTNIS/Vergessen.shtml (2018-06-13).
    Stangl, W. (2017, 20. August). Was ist der Türschwelleneffekt? was stangl bemerkt …
    https:// bemerkt.stangl-taller.at/was-ist-der-tuerschwelleneffekt.
    https://www.esquire.de/life/fitness-gesundheit/dinge-ploetzlich-vergessen-durch-tuer-gehen (23.08.19)


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    Ein Gedanke zu „Tür-Effekt“

    1. Offensichtlich speichert das Gehirn alles auch in räumlichen Episoden ab, sodass jeder Raum eine eigene abgeschlossene Episode stellt und dabei zugleich auch eine Art mentaler Grenze erhält. Sobald man vom Wohnzimmer in die Küche geht, beginnt ein neuer Abschnitt bzw. eine neue Episode,, sodass es dann schwer fällt, sich die Episode Wohnzimmer ins Gedächtnis zurückzurufen.

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