Murray (1938) unterschied primäre Bedürfnisse wie Hunger und Durst von den höheren sekundären Bedürfnissen wie Leistungsbedürfnis, Machtbedürfnis oder Unabhängigkeitsbedürfnis, die erst im Laufe der individuellen Entwicklung erworben werden. In jenem Ausmaß, in dem diese Strukturen für die meisten Menschen ähnlich sind, können allgemeinere Klassen von sekundären Bedürfnissen formuliert werden. Er ordnete diese Bedürfnisse nach der Art bzw. dem Thema der Beziehung, die zwischen Person und Umwelt besteht, wobei das entscheidende Element bei der Bestimmung des Themas dabei das Ziel ist, auf das das Verhalten der Person gerichtet ist.
Murray konnte mittels Beobachtungen und Testdaten Themenklassen von Person-Umwelt-Bezügen näher definieren, wobei den Bedürfnissen (needs) ein thematisch entsprechender Druck (press) entgegengerichtet ist. Unter „press” versteht Murray eine Situationsstruktur, die bedürfnisspezifisch als Verlockung oder Bedrohung in Aussicht gestellt wird. Er nahm an, dass die Wahrnehmung und Interpretation einer Situation systematisch von der aktuellen Bedürfnisstärke der Person abhängig ist. Da dafür eine genaue Abklärung einzelner Bedürfnisse notwendig ist, um herauszufinden, was diese denn definiert, konzentrierte sich Murray auf einige wenige übergreifende Bedürfnisse. Er postulierte schon 1938 ein „Leistungsmotiv”, das bei verschiedenen Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt ist und sie beeinflusst, den Erfolg zu suchen und eigene Leistungen zu beurteilen. Zur Erfassung der Leistungsmotivation wurde der Thematische Apperzeptionstest (TAT, Murray, 1943) entwickelt, der zu den projektiven Verfahren gezählt wird.
Literatur
Murray, H. A. (1938). Explorations in personality. New York: Oxford University Press.