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Trotzalter

    Trotzalter ist die populärwissenschaftliche Bezeichnung für eine Phase in der kindlichen Entwicklung, in der sich das zwei- bis dreijährige Kind aus der Abhängigkeit von den Eltern zu einem teilweise unabhängigen Individuum entwickelt. Es ist eine natürliche Entwicklung, wobei sich diese Entwicklung in der Pubertät wiederholt. Wenn Eltern versuchen, diese Entwicklung des Kindes zu verhindern, zu beeinträchtigen oder darüber zu bestimmen, dann wird das Kind Widerstand leisten. Je mehr Eltern versuchen, einzugreifen und Grenzen zu setzen, desto mehr Machtkämpfe werden sich entwickeln. Diese Phase ist entscheidend für ein Kind, neue Fertigkeiten, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl zu entwickeln und die zukünftige Qualität der Beziehung zwischen Eltern und Kindern wird daraus wesentlich mitbestimmt.

    Das Verhalten eines Kindes wird in diesem Alter aus der Dependenz zu Counter-Dependenz (Gegenabhängigkeit) weiterentwickelt. Das Nein ist im Trotzalter meist noch unspezifisch, das Kind kann nämlich genau und auch laut und nachdrücklich artikulieren, was es absolut nicht will, ohne aber schon zu wissen, was es will. Geduldige Eltern können hier unermüdlich Alternativen zur Verfügung stellen, doch alles wird mit einem dezidierten „Nein“ beantwortet. Eine wichtige Erfahrung ist in dieser Phase die Entdeckung des Kindes, eigene Wünsche zu haben und manchmal auch Ziele zu verfolgen, die nicht von anderen kommen, sondern aus dem eigenen Willen heraus entstehen, oder zumindest sich gegen die Macht der Erwachsenen zu stellen und deren Vorgaben für eine gewissen Zeit außer Kraft zu setzen. Diese Phase erfordert viel Geduld und Geschicklichkeit,  ist aber noch relativ harmlos gegenüber dem, was in der Pubertät und in der frühen Adoleszenz kommt, die zweite Variante der Counter-Dependenz. Sie ist geprägt von unzähligen Auseinandersetzungen, die darauf abzielen, einerseits eigene Vorstellungen zu entwickeln und zu artikulieren (die natürlich ganz genau das Gegenteil von dem sein müssen, was die Eltern wollen), gleichzeitig aber die Vorgaben der Eltern genau zu erforschen, sie gründlich in Frage zu stellen, sie nachhaltig zu verunsichern und dabei auszuprobieren, was sie aushalten.

    Eltern haben nach Jesper Juul zwei konstruktive Möglichkeiten, darauf zu reagieren, um Konflikte zu reduzieren und gleichzeitig das Vertrauen des Kindes in die Führung der Eltern und anderer Erwachsener zu steigern: Wenn das Kind sagt: „Ich kann es selber“, ist die Antwort: „Oh, wie wunderbar! Lass mich wissen, wenn du Hilfe brauchst.“ Wenn das Kind „Nein“ sagt, dann geben Sie ihm/ihr eine Minute oder zwei, und Sie werden erleben, dass es seine Meinung ändert. Wenn Kinder nicht „Nein“ sagen dürfen, dann bleibt ihnen nur übrig, „Jawohl“ zu sagen, und so verlieren sie ihre Würde.

    *** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Christina Tropper gibt im Ratgeber „Die Trotzphase ist kein Ponyhof“ Eltern einige Tipps im Umgang mit trotzenden Kindern:

    Timing ist alles: Die Abläufe zuhause sollten sich – soweit möglich – nach den Bedürfnissen des Kindes richten. Das ist schon die halbe Miete, wenn man weiß, dass Trotzreaktionen oft dann kommen, wenn es chaotisch zugeht.

    Kindgerechtes Umfeld: „Selber machen“ gehört zur Autonomiephase eines Kindes wie das Amen zum Gebet. Kinder in der Trotzphase wollen eigenständig werden. Was aber, wenn das Spielzeug nur schwer zu erreichbar ist? Ganz einfach: Das Umfeld verändern, zum Beispiel einen Kinderstuhl kaufen, auf den das Kind selber klettern kann etc.

    Klare Regeln, klare Sprache: Oft reden wir Großen zu viel und zu kompliziert auf unsere Kinder ein. Je jünger ein Kind ist, desto klarer müssen die Worte sein. Das bedeutet auch: „Nein“ zu sagen, wenn man „Nein“ meint. Und dabei zu bleiben.

    Regeln einführen und halten: Im Zusammenleben mit Kindern braucht es Regeln, die im besten Fall gemeinsam beschlossen werden. Doch wie damit umgehen, wenn sich Kinder nicht an die vereinbarten Regeln halten? Das Zauberwort heißt „logische Konsequenz“. Ein Beispiel: Das Kind liebt es, den Kühlschrank zu öffnen. Die logische Konsequenz könnte sein: Wenn Du den Kühlschrank offenlässt, schmilzt dein Eis und wir haben keines mehr, bis wir wieder einen Großeinkauf machen.

    Nehmen Sie es nicht persönlich: „Natürlich ist man enttäuscht, wenn das eigene Kinder plötzlich zum wütenden Tyrannen wird“. Christine Tropper warnt vor der Frage: „Was habe ich in der Erziehung nur falsch gemacht?“ Vielmehr sollte man denken: „Das Kind macht einen wichtigen Schritt in seiner Entwicklung. Das ist normal. Ich sollte gelassen bleiben!“

    Wut zulassen: Oft hilft es aber einfach nur, einmal richtig laut zu schreien. Oder mit dem Fuß gegen einen Polster zu treten. Ähnlich wie Erwachsene müssen auch Kinder innerliche Spannungen abbauen. Dafür eignet sich ein Sitzsack oder eine eigene Brüll-Ecke.

    Siehe dazu auch Temper tantrum.


    Übrigens sind Trotz und Widerstand im Gehirn sichtbar, denn in einer Studie von Rudorf et al. (2018) konnte man aus der Kommunikation zwischen Gehirnarealen vorhersagen, wie stark sich eine Person gegen eine Einschränkung wehrte. Die Unterschiede im Trotzverhalten wurden insbesondere im parietalen Cortex und im Frontalcortex sichtbar, denn je stärker diese Areale während der Entscheidung kommunizierten, desto größer war das Trotzverhalten.


    Literatur

    Rudorf, S., Schmelz, K., Baumgartner, T., Wiest, R., Fischbacher, U. & Knoch, D. (2018, in press). Neural mechanisms underlying individual differences in control-averse behavior. The Journal of Neuroscience, doi:10.1523/JNEUROSCI.0047-18.2018.
    http://www.unibe.ch/aktuell/medien/media_relations/medienmitteilungen/2018/medienmitteilungen_2018/der_drang_nach_entscheidungsfreiheit_ist_im_gehirn_messbar/index_ger.html (18-05-15)
    http://derstandard.at/1350259429052/Wie-behandelt-man-Kinder-im-Trotzalter (14-11-21)
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/ERZIEHUNG/Phasen-Abhaengigkeit-Dependenz.shtml (12-11-21)


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