Zum Inhalt springen

Tarnkappen-Illusion

    In der Psychologie bezieht sich die Tarnkappen-Illusion Invisibility Cloak Illusion – auf das Phänomen, dass Menschen glauben, weniger im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, als dies tatsächlich der Fall ist. Das heißt, Menschen empfinden sich selbst als unsichtbarer für andere, als sie es wirklich sind. Dieses Konzept ist eine Facette der Wahrnehmungsverzerrungen, die im Zusammenhang mit sozialen Situationen auftreten.

    Als TarnkappenIllusion bezeichnet man auch das Phänomen, dass Menschen sich unbeobachtet fühlen, obwohl sie dennoch von anderen beobachtet werden. Bekanntlich ist es unangemessen, andere Menschen im Kaffeehaus, in der U-Bahn oder an einem anderen öffentlichen Ort direkt, bewusst und interessiert zu beobachten. Menschen sind offenbar geübt darin, die eigenen Blicke zu kaschieren und zu verbergen, wenn sie andere in ihrer Umgebung beobachten. Dennoch glauben die meisten Menschen, sie selbst beobachten Menschen in ihrer Umgebung intensiver, als andere das tun, weil die meisten davon überzeugt sind, dass sie selbst bei anderen kein Interesse hervorrufen und sich daher weitgehend unbeobachtet fühlen.

    In zahlreichen Experimenten zeigte sich, dass jeder mit Interesse andere Anwesende mustert und zugleich systematisch unterschätzt, wie sehr er selbst beobachtet wird. Das gilt sogar dann, wenn sich zwei Personen alleine gegenübersitzen. Allgemein betrachtet handelt es sich um die auch in anderen Zusammenhängen beobachtete Diskrepanz von Selbst- und Fremdeinschätzung, denn so fühlen sich etwa die meisten Menschen von anderen tendenziell weniger verstanden als sie glauben, andere Menschen zu verstehen. Wenn sich deren Blicke aber dann doch zufällig treffen, dann begründet diese das mit Zufall.

    Hintergründe der Tarnkappen-Illusion

    Die Tarnkappen-Illusion kann auf kognitive und psychologische Mechanismen zurückgeführt werden. Beispielsweise hat jeder Mensch ein Bewusstsein über das eigene Verhalten und über die potenziellen Urteile, die andere über ihn fällen könnten. Interessanterweise überschätzen Menschen jedoch oft, wie sehr sie selbst die Aufmerksamkeit anderer auf sich ziehen, was als Spotlight-Effekt bezeichnet wird. Die Tarnkappen-Illusion ist quasi das Gegenteil des Spotlight-Effekts, denn hier fühlen sich die Menschen weniger beobachtet und im Zentrum des Interesses anderer, obwohl sie tatsächlich von anderen wahrgenommen und beobachtet werden könnten.

    Ursachen und Erklärungsansätze

    Die Tarnkappen-Illusion kann verschiedene Gründe haben:

    1. Kognitive Verzerrung: Menschen haben in sozialen Situationen nicht immer ein klares Bild davon, wie sehr sie tatsächlich von anderen beachtet werden.
    2. Subjektive Wahrnehmung: Man neigt dazu, die eigene Wahrnehmung über die Wahrnehmung anderer zu stellen, und kann sich deshalb täuschen, wie stark andere auf einen achten.
    3. Selbstfokussierung: Die eigene Aufmerksamkeit ist oft mehr auf die eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen gerichtet als auf die der anderen, was zu der Annahme führen kann, dass andere sich ebenfalls weniger für einen interessieren.

    Forschung und Anwendungen

    Die Forschung zur Tarnkappen-Illusion untersucht, wie sich Menschen in sozialen Kontexten selbst wahrnehmen und wie diese Wahrnehmungen sich auf ihr Verhalten auswirken. Interessanterweise hat das Konzept der Tarnkappen-Illusion auch praktische Anwendungen:

    • Soziale Interaktionen: Menschen könnten durch das Wissen um diese Illusion mutiger in sozialen Situationen agieren, da sie sich weniger beobachtet und bewertet fühlen.
    • Therapeutische Ansätze: In der Therapie kann das Wissen über diese Illusion helfen, Ängste im Zusammenhang mit sozialer Wahrnehmung oder der Furcht vor öffentlicher Beurteilung abzubauen.

    Literatur

    Boothby, E. J., Clark, M. S., & Bargh, J. A. (2016). The Invisibility Cloak Illusion: People (Incorrectly) Believe They Observe Others More Than Others Observe Them. Journal of Personality and Social Psychology. Advance online publication. http://dx.doi.org/10.1037/pspi0000082.


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Inhaltsverzechnis