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sekundärer Krankheitsgewinn

    Bei einem Krankheitsgewinn handelt es sich ganz allgemein um gesellschaftliche Vorteile, die mit einer Erkrankung einhergehen.  Als sekundären Krankheitsgewinn bezeichnet man dabei jene Vorteile, die aus einer unbewusst motivierten seelischen Erkrankung wie etwa einer Neurose gezogen werden. Eine Frau fürchtet etwa, dass ihr Mann sie verlassen könnte, sodass die Angst körperliche Symptome auslöst. Mit Hilfe dieser körperlichen Symptome, die jederzeit zu ihrem Tode führen könnten, wenn nicht ständig jemand bei ihr ist, gelingt es ihr, den Mann an das Haus zu fesseln. Beim sekundären Krankheitsgewinn erlangt der Betroffene somit zusätzlich zu den bereits bestehenden Vorteilen Aufmerksamkeit und Mitgefühl seitens der ihn umgebenden Mitmenschen. Empfindet er diese als angenehm, kann es sein, dass derjenige sogar versucht den Krankheitszustand hinauszuzögern, um die Zuwendung weiterhin zu erfahren.

    Der Begriff sekundärer Krankheitsgewinn bezieht sich somit auf die unbewussten Vorteile oder positiven Nebeneffekte, die eine Person durch das Kranksein oder die Rolle des Kranken erfahren kann, wobei diese Vorteile nicht der direkte Grund für die Krankheit sind – dies wäre der primäre Krankheitsgewinn, der sich auf die direkte Linderung von psychischem Leid durch die Symptome bezieht -, sondern sie entstehen indirekt durch die Situation oder die Reaktionen anderer auf die Krankheit. Der sekundäre Krankheitsgewinn kann dazu führen, dass sich Krankheitssymptome verfestigen oder der Heilungsprozess verzögert, da der Betroffene in der Regel unbewusst Nutzen aus seinem Krankheitszustand zieht:

    1. Zuwendung und Aufmerksamkeit: Eine Person kann durch ihre Krankheit vermehrte Zuwendung und Aufmerksamkeit von Familie, Freunden oder medizinischem Personal erhalten, was besonders bei Personen, die sich vernachlässigt oder allein fühlen, einen starken Anreiz darstellen kann, in der Krankenrolle zu verharren.
    2. Entlastung von Verantwortung: Krankheit kann als legitimer Grund dienen, um sich von beruflichen Verpflichtungen, Haushaltsaufgaben oder anderen Verantwortlichkeiten temporär zu befreien, was dann als entlastend empfunden wird, besonders bei Überforderung oder Stress.
    3. Konfliktvermeidung: Indem man sich in die Rolle des Kranken begibt, kann man möglicherweise unangenehmen sozialen oder familiären Konflikten aus dem Weg gehen, d. h., die Krankheit dient dann als Schutzschild gegenüber Anforderungen und Erwartungen der Umwelt.
    4. Finanzielle Vorteile: In einigen Fällen kann der sekundäre Krankheitsgewinn auch finanzieller Natur sein, etwa in Form von Versicherungsleistungen, Renten oder anderen finanziellen Unterstützungen, die an einen Krankheitsstatus gebunden sind.
    5. Identitätsbildung und Selbstwertgefühl: Für manche Menschen kann die Krankenrolle Teil ihrer Identität werden und ihnen ein Gefühl von Einzigartigkeit oder Bedeutung verleihen, insbesondere dann, wenn sie in anderen Bereichen ihres Lebens wenig Anerkennung erfahren haben.
    6. Psychologische Entlastung: Manchmal dient die Krankheit unbewusst dazu, innere Konflikte oder ungelöste psychologische Probleme zu externalisieren, sodass die Symptome oder die Krankheit  dann zu einer Art Bühne für psychisches Leid wird, das anders nicht artikuliert werden kann.

    Da der sekundäre Krankheitsgewinn meist unbewusst wirkt und die Betroffenen sich oft nicht bewusst sind, dass ein Teil ihres Leidens auch gewisse Vorteile mit sich bringt, muss die Erkenntnis und Bearbeitung dieser Dynamiken ein wichtiger Teil der Therapie sein, um eine vollständige Genesung zu ermöglichen.

    Der sekundäre Krankheitsgewinn unterscheidet sich dadurch von einer Simulation, bei der Symptome bewusst vorgespielt werden, um das gewünschte Verhalten des anderen zu erreichen.

    Siehe dazu primärer Krankheitsgewinn.

    Quellen
    http://flexikon.doccheck.com/de/Krankheitsgewinn (15-04-04)


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