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Hypnotherapie

    Unter Hypnotherapie versteht man eine therapeutische Methode, die vor allem auf die Kraft der Selbstheilung setzt und einen fast direkten Kontakt mit der Seele ermöglicht. Die Hypnotherapie ist die älteste Psychotherapieform, bei der hypnotische Trance und hypnotische Phänomene angewendet werden, wobei sich hypnotische Heilrituale bis in die Frühgeschichte der Menschheit zurückverfolgen lassen. Lange Zeit wurde die Hypnotherapie von hypnotischen Techniken der Suggestion geprägt (posthypnotische Suggestion), wobei im Zustand der Suggestibilität bzw. der hypnotischen Trance versucht wurde, direkt auf Gedanken, Erleben und Verhalten von Menschen Einfluss zu nehmen.

    Das Wort Hypnose kommt aus dem griechischen hypnos (Schlaf) und bezeichnet einen Trancezustand, der durch eine veränderte Aufmerksamkeit und eine tiefe Entspannung gekennzeichnet ist. Die Hypnotherapie arbeitet im Wesentlichen mit Suggestionen und wurde von Milton H. Erickson entwickelt, der selber an Kinderlähmung erkrankt und fast vollständig gelähmt war. Hypnose ist in „Händen“ von erfahrenen Psychotherpeuten eine anerkannte Methode zur Behandlung von Süchten, Depressionen oder Schlafstörungen. Studien belegen, dass Hypnotherapie auch bei der Raucherentwöhnung oder auch bei der Bewältigung von Traumata eingesetzt werden kann, aber auch bei Angstzuständen (wie der Angst vor dem Zahnarzt, bei Prüfungsangst, Tics, Stottern, Veränderung des Essverhaltens oder sexuellen Problemen). Typsiche Anwendungsbereiche bestehen sowohl im klassischen psychotherapeutischen Bereich wie auch in Form von mentalen Trainings im Sport, bei Prüfungs- und beruflichen Anforderungen.

    Die klassische Hypnose und die Hypnotherapie nach Milton H. Erickson unterscheiden sich auch in der Form der Sprache, denn während in der Hypnose sehr konkrete und direkte Suggestionen verwendet werden, benutzt die Hypnotherapie eher Metaphern, Geschichten und Symbole, um den Klienten in den Trancezustand zu führen.  Da viele Menschen auf Grund von frühkindlichen Erfahrungen in ihrem Urvertrauen erschüttert sind, reagieren sie oft abwehrend gegen die direkten Befehlsformen der klassischen Hypnose, was zu der Meinung geführt hat, viele Menschen seien nicht hypnotisierbar.

    Bei der zeitgenössischen Hypnotherapie steht nicht so sehr die Suggestibilität des Klienten und die Fremdbestimmtheit hypnotischer Behandlung im Vordergrund, sondern die veränderte Informationsverarbeitung unter Trancebedingungen. Daraus leiten sich eine Reihe von Therapieprinzipien ab, die zum großen Teil auf Erickson zurückgehen. Die Hypnotherapie macht sich also die Möglichkeiten der klassischen Hypnose zunutze und bettet diese zugleich in ein erweitertes System therapeutischer Methoden zur Beeinflussung mentaler und physiologischer Prozesse ein. Wichtige Grundsätze sind dabei die Berücksichtigung der bereits vorhandenen positiven Fähigkeiten (Ressourcen) eines Menschen wie auch die Aktivierung von Optimismus, gewünschte Veränderungen bewirken zu können. In der hypnotischen Trance, die vom Patienten in der Regel als Tiefenentspannung erfahren wird, ist ein lebendiges inneres Erleben als Erweiterung der lediglich bewusst-rationalen Herangehensweise möglich. Dabei kommt es häufig sowohl zu überraschenden Erkenntnissen über die eigene Vergangenheit wie auch zu neuen kreativen Lösungen für die Zukunft, die zugleich sinnlich erfahrbar werden. In der Hypnotherapie wird der Klient angeleitet, eigene Ressourcen letztlich so zu nutzen, dass er Verhaltensmuster verändern kann, defizitäre oder traumatische Erfahrungen ebenso wie Schmerzen verschiedener Art verändert wahrnimmt und psychophysiologische Prozesse anregt, die eine somatische Heilung unterstützen.

    Unter Hypnose kann man die Aufmerksamkeit auf bestimmte, wichtige Dinge lenken oder auch weglenken, etwa bei Drogen oder bei Schmerz. Mit bildgebenden Verfahren kann man zeigen, dass sich unter Hypnose im Gehirn etwas verändert, doch wie Hypnose tatsächlich funktioniert, das ist hirnphysiologisch noch nicht vollständig erklärbar. Durch die Abkopplung von den motorischen Nervenzellen scheint sich das Gehirn aussschließlich mit sich selbst“zu beschäftigen, wobei die Außenwelt größtenteils ausgeblendet wird, während das Gehirn jedoch weiterhin aktiv bleibt. Unter Hypnose kommt es zum Aus- oder Einschalten der Erregbarkeit bestimmter Geirnregionen. Werden bestimmte Gehirnareale blockiert, die für das Schmerzempfinden zuständig sind, kommen Zahnbehandlungen sogar ohne Betäubungsmittel aus.

    Die Wirksamkeit der Hypnotherapie ist in zahlreichen kontrollierten Untersuchungen nachgewiesen. Die Hypnotherapie ist in Deutschland (für Erwachsene in bestimmten Anwendungsbereichen wie bei somatischen Krankheiten sowie Abhängigkeit und Missbrauch) und in Österreich als Psychotherapiemethode anerkannt. Ihre Effektivität ist demnach am höchsten, wenn man die Hypnose einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen oder psychodynamischen Behandlung hinzufügt. Bei Kindern und Jugendlichen gibt es keinen Anwendungsbereich, in dem sie wissenschaftlich anerkannt ist, wobei die kurzfristige Wirksamkeit der Hypnotherapie bei Kindern und Jugendlichen zur Bewältigung von Chemotherapien bei Krebserkrankungen und weiteren belastenden medizinischen Interventionen belegt ist. Die Hypnotherapiewird aber nicht als Verfahren für die vertiefte Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten empfohlen, da sie nicht für die geforderte Mindestzahl von fünf der zwölf Anwendungsbereiche der Psychotherapie bei Erwachsenen bzw. für mindestens vier der acht klassischen Anwendungsbereiche als wissenschaftlich anerkannt gelten kann.

    Hypnose und in der Folge Hypnotherapie werden in der Öffentlichkeit allerdings sehr ambivalent wahrgenommen und bewegten sich häufig zwischen wissenschaftlicher Seriosität und dem Ruf gefährlicher, nahezu okkulter Praktiken. Es zeigt sich, dass in den modernen Medien eine wenig differenziert Sicht auf die Möglichkeiten der Hypnotherapie vermittelt wird, wo weniger die psychologischen oder medizinischen Anwendungsfelder im Mittelpunkt stehen, als vielmehr der Unterhaltungswert (Bühnenhypnose), die esoterische Nutzung (Rückführungen) oder gar die kriminellen Möglichkeiten (Missbrauch). Für die seriöse therapeutische Praxis bedeutet dies, dass derartige Vorurteile und Erwartungen den Rahmen zu Beginn einer Behandlung darstellen und diese zu korrigieren sind, um damit auch der suggerierten passiven Erwartungshaltung entgegenzuwirken (vgl. Riegel 2013).

    Anwendungsgebiete: Abnehmen bzw. Gewichtsreduktion, ADHS bzw. ADS, Allergien bzw. Heuschnupfen, Ängste bzw. Phobien, Anorexie, Bulimie, Burnout bzw. Burnoutsyndrom, Chronische Schmerzen, Heuschnupfen bzw. Allergien, Kopfschmerzen, Lernen bzw. Konzentration, Nägelkauen bzw. Fingernägelkauen, Nervosität bzw. Unruhe, Panikattacken bzw. Ängste, Rauchstopp bzw. Raucherentwöhnung, Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Schmerzen, Sporthypnose bzw. Peakperformance, Stress bzw. Burnout, Stottern bzw. Sprachstörungen, Süchte bzw. Abhängigkeiten.

    Wie wirkt eine Hypnosetherapie?

    Bei einer Hypnosetherapie geht es nicht um den Kontrollverlust, sondern es wird der Körper des Hypnotisanden in einen Entspannungszustand versetzt, damit Herzschlag und Atmung langsamer werden und manche Areale des Gehirns aktiver werden, während andere Bereiche träger werden. Meist konzentriert man sich darauf, was im Körper geschieht, sodass die Reize von außerhalb nur noch eingeschränkt wirksam werden. Solche Trancezustände erlebt man auch im Alltag, denn blickt man aus einem fahrende Zug aus dem Zugfenster, nimmt man das Vorbeiziehende manchmal gar nicht bewusst wahr, sodass man sich beim Aussteigen nicht mehr erinnern kann, wie man eigentlich an sein Ziel gekommen ist. Im Gehirn konzentriert man sich bei einer Hypnosetherapie nur noch auf die wesentlichen Dinge, während das Übrige ignoriert und auch nicht gespeichert wird. Das Unterbewusstsein steuert viele Vorgänge im Körper, nicht nur Herzschlag und Atmung, sondern auch Reaktionen wie Ängste oder Ekel aber aber Bedürfnisse und das Verlangen nach einem Suchtmittel, die unbewusst und unbeeinflussbar einfach entstehen. So pocht in einer unbeleuchteten, unheimlichen Gasse das Herz schneller, auch wenn man es bewusst verlangsamen und die aufsteigenden Angstgefühle möchte. Erst wenn man diesen unheimlichen Ort wieder verlassen hat und man überzeugt ist, dass keine Gefahr mehr droht, wird der Herzschlag wieder normal und man entspannt sich. Ein Hypnotiseur nutzt diese Tatsachen und verankert unter Hypnose ein bestimmtes Verhalten im Unterbewusstsein, damit man es im Alltag abrufen kann, etwa wenn das Verlangen nach Nikotin auftaucht und man eine Zigarette rauchen möchte – solche Bedürfnisse sind häufig in ein Ritual eingebunden (nach dem Essen, beim Weintrinken), das es unter Hypnose zu verändern gilt. Um solche Abläufe und Gewohnheiten zu ändern, werden in einer Hypnosetherapie neue Verhaltensweisen entwickelte, und statt eine Zigarette zu rauchen kann man einen Schluck Wasser trinken. Manchmal genügen wenige Sitzungen, bis das Unterbewusstsein das neue Verhalten übernommen hat, und die neue Gewohnheit die alte ersetzt und in den Alltag integriert wird.

    Siehe dazu das Arbeitsblatt Hypnose.

    Literatur

    Bongartz, W. &  Bongartz, B. (2000). Hypnosetherapie. Göttingen: Hogrefe.
    Revenstorf, D. & Peter, B. (2009). Hypnose in Psychotherapie, Psychosomatik und Medizin. Heidelberg: Springer.
    Riegel, Björn (2013). Die Darstellung von Hypnose in den Massenmedien – Die öffentliche Darstellung von Anwendungsmöglichkeiten der Hypnotherapie. Entspannungsverfahren. Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Entspannungsverfahren (DG-E e.V.).


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    Ein Gedanke zu „Hypnotherapie“

    1. Dies ist wirklich eine der besten Übersichten über die Hypnosetherapie, die ich bis jetzt im Internet gelesen habe. Vor allem der Introparagraph unterstützt die Annahme, dass Hypnosetherapie die originale Methode der Psychotherapie ist und nicht eine obskure Unterform.

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