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Situierte Kognition

    Unter dem Sammelbegriff „situierte Kognition setzen sich Vertreter der Kognitionswissenschaft, der Pädagogik und der Pädagogischen Psychologie mit der Frage nach einer adäquaten Modellierung und Förderung des Erwerbes und der Nutzung von Wissen auseinander. Eine extreme Position der situierten Kognition nimmt Lave (1988) in ihren pädagogischen Schlußfolgerungen aus den Ergebnissen zur Anforderungsspezifität von Wissen ein: Wenn Wissen nur in Situationen angewendet werden kann, in denen es erworben wurde, sollten die in der Schule behandelten Inhalte lebensnah sein, als ganzheitliche Problembereiche behandelt werden und insbesondere über die Kommunikation mit gleichgestellten Partnern erworben werden.

    In einer kritischen Stellungnahme zu diesem Ansatz zeigen Anderson, Reder und Simon (1996), dass Lave bei der Auswahl von Befunden zum Wissenstransfer sehr selektiv vorging und häufig Befunde in nicht gerechtfertigter Weise übergeneralisierte. Ignoriert wurden z.B. Arbeiten, in denen erfolgreicher Wissenstransfer durch die Vermittlung abstrakter Regeln nachgewiesen wurde.

    Die Ergebnisse zur Anforderungsspezifität von Wissen stellen eine Herausforderung für die Pädagogik und die Pädagogische Psychologie dar. Der Schule fällt die Aufgabe zu, auf die größtenteils noch unbekannten geistigen Anforderungen des späteren Lebens vorzubereiten, und es stellt sich die Frage, mit welcher Art von Wissen dies in optimaler Weise erreicht werden kann. Bis in die achtziger Jahre wurden Hoffnungen in die Vermittlung von inhaltsübergreifenden Lern- und Denkstrategien gesetzt, die Metakognitionsforschung hat jedoch diesen Optimismus gedämpft.

    Ein neueres Modell des Gedächtnisses beschreibt Anderson und spricht nun von der Tiefe der Informationsverarbeitung, d. h., Information rückt beim Lernen schichtweise tiefer in einen jeweils permanenteren Speicher. Über Speicherung oder Verlust der Information entscheiden in dieser Theorie die Aufmerksamkeitshöhe und die Memorierung durch Wiederholungen oder Assoziationen. Je tiefer eine Information verarbeitet wird, desto besser kann sie behalten werden. Es entscheidet  somit  nicht  die  Tatsache,  dass  jemand  überhaupt  lernt,  sondern  wie gelernt wird, also wie gut die Assoziationen gewählt sind und wie intensiv diese memoriert wurden (vgl. Anderson, 2001, S. 174ff.)

    Literatur

    Anderson J. R. (2001). Kognitive Psychologie. Heidelberg: Spektrum Verlag.
    Anderson, J.R., Reder, L. & Simon, H. (1996). Situated Learning and Education. Educational Researcher, 25, 5-11.
    Lave, J. (1988). Cognition in practice: Mind, mathematics, and culture in everyday life. New York: Cambridge University Press.
    Stern, Elsbeth (1996). Grundlagen des erfolgreichen Lerntransfers.
    WWW: http://www.hogrefe.de/buch/online/kongress_40/136.htm#_VPID_276 (98-09-30)


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