Schwarmintelligenz, auch als kollektive Intelligenz oder Gruppenintelligenz bezeichnet, ist ein emergentes Phänomen, bei dem durch Kommunikation und spezifische Handlungen von Individuen intelligente Verhaltensweisen von sozialen Gemeinschaft hervorgerufen werden können. Zur Erklärung dieses Phänomens existieren systemtheoretische, soziologische und philosophische, aber auch pseudowissenschaftliche Ansätze.
Nach Ansicht von Experten ist Schwarmintelligenz zu einem wichtigen Teil der Wissensgesellschaft geworden, wobei in der Menge die Intelligenz des Einzelnen durchaus sinken kann, denn in der Masse verliert der Einzelne die wichtige Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und deren Perspektive einzunehmen zu können. Dadurch kommt es zu einer Reduktion der Intelligenz auf Grund der mangelnden Herstellung von Organisation. Siehe dazu Schwarmdummheit.
Schwarmintelligenz ist aber nicht mit Herdenverhalten zu verwechseln, denn sie ist eine Organisationsform, die einem Zusammenschluss von Lebewesen hilft, besser durchs Leben zu kommen. Bei einem Fischschwarm etwa schwimmen die stärksten Tiere mit der größten Risikobereitschaft immer außen, die Muttertiere mit den Jungen im Kern. Droht Gefahr, reagiert der gesamte Schwarm auf die Informationen der außen schwimmenden Tiere. Das sichert das Überleben. Dazu kommt eine große Flexibilität, mit der so ein Schwarm auf Veränderungen reagiert. Auf das Internet übertragen bedeutet Schwarmintelligenz etwa, dass aktiv engagierten Menschen ein Feedback auf ihre eigenen Interessen ermöglicht wird. Aus den auf diese Weise gesammelten Informationen können für alle nützliche Schlussfolgerungen gezogen werden. Schwarmintelligenz ist dabei ein statistischer Wert, aus dem im Netz emanzipiertes Konsumentenverhalten erwächst. Ein Beispiel sind Staumeldungen, die inzwischen über die Handyortungen erfolgen. Die Daten werden ausgewertet, woraus man Schlüsse zieht und am Ende hilft es Autofahrern, Staus zu vermeiden oder sich zumindest darauf einzustellen. Der Nachrichtendienst Twitter gilt übrigens als Musterbeispiel für erfolgreiche Schwarmintelligenz, denn spannende Nachrichten finden rasend schnell Verbreitung, langweilige hingegen verschwindet bereits nach wenigen Tweets.
Ist Kritikalität ein Grundprinzip von intelligentem Schwarmverhalten?
Der Schwarm ist übrigens ein vielseitiges Modell für tierische und menschliche Gesellschaften, das über die Jahrhunderte mehrmals seine Bedeutung änderte, aber seit der Antike immer relevanter wurde, zuerst dank der Industrialisierung, dann durch die neuen Medien und besonders des Internets. Schwarmverhalten bezeichnet ursprünglich das Verhalten von Schwarmfischen, Vögeln, Insekten und anderen Tieren, sich zu Aggregationen zusammenzuschließen, wobei die Individuen in einem Schwarm meist derselben Art angehören, doch können sich auch Mischschwärme aus Tieren unterschiedlicher Arten und Größe bilden. Für einen Schwarm gelten drei zentrale Regeln: Erstens zieht es die Individuem zueinander hin, d. h., sie bilden automatisch eine Gruppe. Zweitens stoßen sich die Individuen aber auch gegenseitig ab, indem sie immer einen bestimmten Abstand zueinander halten und sich nicht berühren. Drittens bewegen sich die Individuen häufig in die gleiche oder zumindest eine ähnliche Richtung, und zwar physisch als auch psychisch.
Bei der Übertragung einer Schwarmintelligenz auf Quantennetzwerke haben Krisnanda et al. (2023) jüngst herausgefunden, dass mehrere schlecht trainierte Quantennetzwerke zusammen leistungsfähiger sind als ein einzelnes gut trainiertes. Um Experten und Kollektiv vergleichen zu können, hatte man übrigens die Anzahl der Trainingsdurchläufe in Summe für beide Systeme identisch gehalten. Eine Vergrößerung des Schwarms bietet demnach sogar eine Möglichkeit, die Fehlerrate beliebig niedrig werden zu lassen, was eine entscheidende Voraussetzung dafür bildet, maschinelles Lernen in realen Anwendungen zuverlässig einsetzen zu können.
Literatur
Gómez-Nava, Luis, Lange, Robert T., Klamser, Pascal P., Lukas, Juliane, Arias-Rodriguez, Lenin, Bierbach, David, Krause, Jens, Sprekeler, Henning & Romanczuk, Pawel (2023). Fish shoals resemble a stochastic excitable system driven by environmental perturbations. Nature Physics, doi:10.1038/s41567-022-01916-1.
Krisnanda, Tanjung, Dini, Kevin, Xu, Huawen, Verstraelen, Wouter & Liew, Timothy C.H. (). Wisdom of Crowds in Quantum Machine Learning. Physical Review Applied, 19, doi:10.1103/PhysRevApplied.19.034010.
Stangl, W. (2023, 10. Februar). Fischschwärme funktionieren ähnlich wie das Gehirn. Stangl notiert ….
https:// notiert.stangl-taller.at/grundlagenforschung/fischschwaerme-funktionieren-aehnlich-wie-das-gehirn/
Stangl, W. (2023, 7. März). Schwarmintelligenz. Stangl notiert ….
https://notiert.stangl-taller.at/zeitgeistig/schwarmintelligenz/.
https://www.igb-berlin.de/news/fischschwaerme-funktionieren-aehnlich-wie-das-gehirn (23-02-10)
Fische finden im Schwarm fast immer bessere Lösungen – nicht so bei Menschen, denn diese trefffen in Gruppen oft schlechtere Entscheidungen als Einzelgänger, insbesondere wenn sie in homogenen Gruppen ohne Meinungsvielfalt arbeiten. Man sollte daher diese Erkenntnisse auf menschliche Gruppen und Organisationen anwenden, um bessere Entscheidungen und Ergebnisse zu erzielen.
Unter Schwarmintelligenz versteht man in den Sozialwissenschaften, dass eine von mehreren Menschen kollektiv getroffene Entscheidung oder ein gemeinsam erreichtes Ergebnis der Leistung eines einzelnen Experten überlegen ist. Das Prinzip wird angewendet bei Wirtschaftsprognosen, in der Entscheidungsfindung der öffentlichen Politik, der medizinischen Diagnostik und der wissenschaftlichen Beratung. Daran angelehnt ist das so genannte »ensemble learning« in der klassischen Informatik. Dabei geht es darum, dass eine Kombination von verschiedenen Lernalgorithmen besser sein kann als ein Algorithmus allein.