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Epilepsie

    Es ist wie ein Vorhang, der sich am Kopf entlang zuzieht und alles verdunkelt.
    Alexander Walter

    Die Epilepsie – auch Fallsucht oder Krampfleiden – bezeichnet ein Krankheitsbild mit mindestens einem spontan auftretenden Krampfanfall, der nicht durch eine vorausgehende erkennbare Ursache etwa eine akute Entzündung, einen Stromschlag oder eine Vergiftung hervorgerufen wurde. Auch plötzlich einsetzende Verhaltensweisen, die in der jeweiligen Situation unangemessen sind, können Anzeichen für Epilepsien sein, d. h., manche Betroffene verdrehen die Augen, Rollen mit der Zunge, verharren in einer ungewöhnlichen Körperhaltung oder führen stereotype Bewegungsabläufe aus.

    Wichtig: Für einen Beobachter eines Anfalls genügt es in der Regel, den Betroffenene während eines Anfalls vor Verletzungen zu schützen, etwa indem man ihn sanft festhält und seinen Kopf weich bettet. Hat der Betroffene spitze oder scharfe Gegenstände in der Hand, sollte man diese behutsam entfernen. Wichtig ist auch ein Blick auf die Uhr, denn ein epileptischer Anfall ist normalerweise nach rund drei Minuten wieder vorbei, doch bei einer Dauer von mehr als fünf Minuten sollte man einen Notarzt rufen, denn es kann sich um einen Status epilepticus handeln, der lebensbedrohlich sein kann, wenn er nicht behandelt wird. Die Betroffenen sind nach einen Anfall oft desorientiert. Auch wenn mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten oder der Betroffene länger als zwanzig Minuten nicht ganz bei sich ist, sollte man ärztliche Hilfe holen, denn Ärzte können den Status epilepticus unterbrechen und so Folgeschäden vermeiden. Grundregel: Einen Betroffenen nie allein lassen, sondern solange in seiner Nähe bleiben, bis dieser wieder klar und orientiert ist.

    Übrigens muss ein Anfall nicht immer bedeuten, dass jemand an Epilepsie leidet, denn es gibt Gelegenheitsanfälle, bei denen Menschen zwar einen epilepsieähnlichen Anfall haben, dieser aber auf eine andere Erkrankung oder auf äußere Einflüsse zurückgeführt werden kann. Dies ist zum Beispiel bei Hirnverletzungen, hohem Fieber oder einem Schlaganfall der Fall. Wenn also jemand zum ersten Mal einen größeren Anfall hatte, wird zunächst untersucht, ob es unmittelbare Auslöser gab, die behandelt werden können. Als epilepsiekrank gilt man erst, wenn man mindestens zwei Anfälle ohne erkennbaren Auslöser hatte, die zudem mehr als 24 Stunden auseinander liegen. Epilepsie kann in jedem Alter auftreten, aber die meisten Epilepsiekranken erkranken in der Kindheit oder im hohen Alter.

    Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Missbildungen im Gehirn, genetischen Veränderungen, Gehirnverletzungen bis zu Tumoren, aber auch Schlaganfälle oder Hirnhautentzündungen können eine Ursache für die Ausbildung einer Epilepsien sein. Allerdings bezeichnet ein einzelner Krampfanfall nicht direkt eine Erkrankung, denn auch akuter Schlafmangel, Stoffwechselstörungen oder Alkoholentzug können zu epilepsieähnlichen Krampfanfällen führen, d. h., dass solche Gelegenheitsanfälle noch auf keine epileptische Erkrankung hindeuten. Von einer krankheitswertigen Epilepsie spricht man erst dann, wenn Anfälle wiederholt und nicht von außen provoziert auftreten. In der Regel erfolgt eine Behandlung dann, wenn mehr als zwei belastende Anfälle pro Jahr auftreten. Bleibt eine Epilepsie unerkannt und unbehandelt, können stärkere Anfälle mit Stürzen, Zuckungen und Krämpfen hinzukommen, die beim Autofahren oder beim Bedienen von Maschinen lebensgefährlich sein können. Zunächst unterscheidet man zwischen angeborenen und erworbenen Epilepsien, wobei bei den angeborenen Epilepsien die genetische Veranlagung die zentrale Rolle spielt, während erworbenen Epilepsien häufig Erkrankungen wie Hirntumore, Schädel-Hirn-Traumata, Gehirnschädigungen durch Virusinfektionen oder Stoffwechselerkrankungen vorausgehen. Für eine genaue Diagnose, ob es sich tatsächlich um einen epileptischen Anfall handelt, sind präzise Angaben zu den Symptomen erforderlich. Deuten diese Anzeichen auf einen epileptischen Anfall hin, wird man eine eine Elektroenzephalografie durchführen, wobei auch meist geprüft wird, wie das Gehirn auf bestimmte Reize wie Licht oder Hyperventilation reagiert. Um andere Krankheiten auszuschließen oder die Erkrankung weiter einzugrenzen, erfolgen in der Regel auch Blutuntersuchungen, EKG-Tests oder Magnetresonanztomographien.

    Eine Epilepsie kann das Leben der Betroffenen schwer beeinträchtigen, denn die Erkrankung ist unberechenbar und schränkt  Menschen im Alltag extrem ein, stigmatisiert und führt oft auch früher zum Tod, denn Menschen, die an Epilepsie leiden, haben eine um das Dreifache erhöhte Sterberate als der Durchschnitt der Bevölkerung. Durch die typischen, plötzlich und unkontrolliert auftretenden Anfälle ist die Gefahr, sich zu verletzten, bei ihnen erheblich erhöht, viele Betroffene dürfen daher kein Auto fahren und können ihren Beruf nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr ausüben. Nur wenige Betroffenen gelingt es auf Grund eines Vorgefühls, der Aura, sich gegen die Anfälle zu wappnen.

    Spezifisches Merkmal der Epilepsie sind eine erhöhte Neigung zu epileptischen Anfällen, die sich in ihrer Dauer und Intensität deutlich unterscheiden können, und zwar von nahezu unbemerkten bis hin zu stundenlangen Anfällen, die sich als Muskelzucken oder gar in Form von Bewusstseinsverlusten mit heftigen Krampfanfällen äußern können. Epileptische Anfälle sind in ihrer Ausprägung daher äußerst vielfältig und haben unterschiedliche Erscheinungsformen, wobei neben den Grand Mal Anfällen, die mit Bewusstseinsverlust, Sturz und krampfenden Extremitäten einhergehen, noch verschiedene andere Ausprägungen dieser neurologischen Erkrankung existieren. Meist wird der gesamte Körper von dem Anfall erfasst, die Betroffenen gehen zuckend und mit versteiften Gliedern zu Boden, ihre Augen sind weit aufgerissen, was für den Beobachter zwar sehr dramatisch aussieht, aber fast immer von selbst wieder vorbeigeht. So dauert ein fokaler Anfall zwischen 40 Sekunden und einer Minute, ein Grand Mal bis zu zwei Minuten, wobei die Betroffenen danch meist benommen sind und etwa zwanzig Minuten benötigen, um wieder ganz zu sich zu kommen. Typisch ist es, dass sie an den Anfall selbst keinerlei Erinnerungen haben, und nur in extrem seltenen Fällen kommt es zu einem andauernden Anfall – Status epilepticus -, einem Notfall, der sofort behandelt werden muss.

    Gedächtnisdefizite sind übrigens ein typisches Symptom der Epilepsie, aber es ist wenig über die genauen Mechanismen bekannt, die den kognitiven Defiziten zugrunde liegen. Masala et al. (2022) fanden am Mausmodell einen Na+-Kanal-abhängigen Mechanismus, der einer veränderten dendritischen Integration im Hippocampus, einer verschlechterten Ortskodierung und Defiziten im räumlichen Gedächtnis zugrunde liegt. Indem man Hemmstoffe, die ganz spezifisch den betroffenen Kanal blockierten und so den Einstrom von Natriumionen verhinderten, normalisierte sich bei diesen das Feuerverhalten der Dendriten und die Tiere konnten sich wieder besser an jene Orte erinnern, die sie zuvor besucht hatten.

    Absence-Epilepsie

    Ganz anders ist das Geschehen bei der als Absence bekannten Anfallsform, die von Außenstehenden oftmals gar nicht erkannt wird, die zu den kleinen Anfällen – Petit mal Anfälle – zählt. Absencen sind dabei durch Bewusstseinspausen mit abruptem Anfang und Ende charakterisiert, in denen die oder der Betreffende nicht ansprechbar ist, sich aber sonst ruhig und unauffällig verhält. Dabei kommt es zu einem plötzlichen Abbruch von Denken und physischen Funktionen. Tritt eine Absence etwa beim Sprechen oder Essen auf, kommt diese Tätigkeit kurzfristig zum Stillstand, wobei eine Absence im Allgemeinen zwischen 5‐20 Sekunden dauert. Ist der epileptische Anfall vorüber, kehrt das Gehirn wieder zu seiner ursprünglichen Funktionsweise zurück. Ein anderes Krankheitsbild geht mit psychischen Symptomen wie einem plötzlichen Glücksgefühl, einem Wutausbruch, Angst, Ärger oder auch einem Déjà vu Erlebnis  einher. Möglich sind auch Anfälle, die nur vom Betreffenden selbst bemerkt werden, wobei diese als Aura erlebt werden und mit einem aufsteigendem Gefühl aus dem Bauchraum einhergehen, sowie von Geruchs‐, Geschmacks‐ und akustischen Missempfindungen begleitet werden. Mehr als 1,5 Millionen Menschen weltweit leiden an Absence-Epilepsien, bei der Betroffene eine abrupte Bewusstseinsstörung erfahren und in eine Art Verhaltensstarre verfallen, die ein paar Sekunden anhält. Solche Absencen treten häufig bei Kindern zwischen vier und zwölf Jahren auf und werden oft mit Tagträumen verwechselt. Sie gehen mit einer veränderten Gehirnaktivität einher, sogenannten Spike-and-Wave-Discharges. Dieses charakteristische Aktivitätsmuster hat seinen Ursprung in der rhythmischen und synchronisierten Aktivität der Nervenzellen in der Großhirnrinde und im Thalamus. Da die tief im Kleinhirn liegenden Kerne weitreichende Verbindungen zu verschiedensten Hirnregionen haben, entstand die Idee, Anfälle mit einer Stimulation der Kleinhirnkerne behandeln zu können. Versuche mit Nagetieren ergaben, dass eine solche Stimulation Absence-Anfälle tatsächlich unterbinden kann, wobei jedoch unklar ist, was diesem Effekt auf zellulärer und molekularer Ebene zugrunde liegt (Schwitalla et al., 2022).

    Die Grundprinzipien der Entstehung, des Verlaufs und des Abklingens eines fokalen Anfalls sind relativ einfach und invariant, und zwar unabhängig von Hirnregion und Spezies. Epileptische Anfälle sind physiologisch betrachtet eine der primitivsten Formen von Aktivität, die ein Gehirn produzieren kann, d. h., Epilepsien sind letztlich nichts Außergewöhnliches oder gar Mystisches. Auf neurologischer Ebene ist ein solcher epileptischer Krampfanfall eine Folge anfallsartiger synchroner Entladungen von Neuronengruppen im Gehirn, die zu plötzlichen unwillkürlichen stereotypen Verhaltens- oder Befindensstörungen führen.

    Zum Auftreten epileptischer Anfälle tragen zum einen eine Übererregbarkeit von Nervenzellen, zum anderen eine abnorme gleichzeitige elektrische Aktivität von größeren Nervenzellverbänden bei. So nimmt man an, dass ein Ungleichgewicht von Erregung und Hemmung in diesen neuronalen Netzen Krampfanfälle entstehen lässt. Die Hypothese, dass zuviele nervöse Aktivitäten im  Gleichtakt zu einer Überreaktion der Nervenzellen führen, wird derzeit (Fukunaga et al., 2014) intensiv erforscht. Derzeit weiß man weder wie oder wo diese Rhythmen entstehen, noch was genau diese bewirken. Fehler in diesem System haben jedoch gravierende Folgen, denn bei Epilepsie synchronisieren sich Hirnareale ohne ersichtlichen Grund, sodass es zu den typischen Krampfanfällen kommt. Epileptische Anfälle sind demnach die Folge eines Ungleichgewichts zwischen dem erregenden Botenstoff Glutamat und dem wichtigsten hemmenden Nerven-Botenstoff Gamma-Aminobuttersäure (GABA) besteht. Dieses Ungeichgewicht kann sich sowohl auf Neuronen einzelner Hirnrindenareale als auch auf die Hirnrinde als Ganzes auswirken.

    Pitsch et al. (2020) haben einen Autoantikörper identifiziert, der vermutlich bei manchen Menschen für eine limbische Enzephalitis, also eine Hirnentzündung im Bereich des Hippocampus, verantwortlich ist, die sich unter anderem in epileptischen Anfälle äußert. Man fand einen Autoantikörper gegen das Protein Drebrin in der Rückenmarksflüssigkeit von Epilepsiepatienten, die unter einer akuten Entzündung des Hippocampus litten. Drebrin wirkt an den Synapsen zwischen den Neuronen, d. h., wenn der Autoantikörper auf ein Drebrin-Molekül trifft, blockiert er es und stört dadurch die Informationsweiterleitung zwischen Nervenzellen. Gleichzeitig alarmiert er das Immunsystem, das dadurch aktiviert wird, in einen Entzündungs-Modus schaltet und zugleich weitere Autoantikörper produziert. Drebrin befindet sich im Inneren der Synapsen, der Autoantikörper dagegen im Gewebswasser, sodass normalerweise die beiden nie in Kontakt miteinander geraten können. Der Autoantikörper nutzt aber einen Umweg ins Innere der Zelle, und zwar die Wiederaufnahme von synaptischen Vesikeln. Dadurch gelingt es ihm, sich als trojanisches Pferd in die Zelle zu schmuggeln. Die Exposition der primären Neuronen des Hippocampus gegenüber Anti-Drebrin-Autoantikörpern führte zu einer aberranten Synapsenzusammensetzung und Drebrin-Verteilung sowie zu erhöhten Spike-Raten und dem Auftreten von Burst-Entladungen, die die Übererregbarkeit des Netzwerks widerspiegeln. Im Versuch in der Petrischale beginnen nämlich kurz nach Zugabe des Autoantikörpers die Neuronen rasche Salven elektrischer Impulse zu erzeugen, wobei diese Form der elektrischen Erregung ansteckend ist, und in Nervenzellen, die miteinander zu einem Netzwerk verschaltet sind, dann plötzlich alle beteiligten Nervenzellen wild zu feuern beginnen, sodass die Folge ein epileptischer Anfall sein könnte.

    Dafür, dass es dann tatsächlich zum Anfall kommt, gibt es mitunter bestimmte Auslöser – Trigger -, die sich von Fall zu Fall unterscheiden können, wobei etwa Schlafmangel und Stress einen Anfall begünstigen können. Die meisten epileptischen Anfälle enden nach wenigen Minuten von selbst und die Betroffenen erholen sich auch ohne therapeutische Maßnahmen. Nach Ansicht von Experten gibt es nur eine limitierte Anzahl an Möglichkeiten, durch die das Gehirn in einen Anfall hinein und aus einem Anfall wieder heraus kommen kann. Anfallsaktivität kann auch in jedem gesunden Gehirn ohne Epilepsie ausgelöst werden, etwa durch einen Elektroschock oder eine Schädelverletzung, d. h., Anfälle existieren in einer latenten Form als Muster in allen menschlichen Gehirnen, sind also in jedem gesunden Gehirn kodiert und folgen im Ablauf vermutlich genetisch definierten Regeln, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Anfalls unter normalen Umständen gering.

    Fotosensible Epilepsie

    1997 mussten in Japan Menschen mit epileptischen Anfällen ins Krankenhaus eingeliefert werden, nachdem sie eine Folge der Serie „Pokemon“ gesehen hatten, 2012 wurde ein Video für die Olympischen Spiele von der offiziellen Website entfernt, da es epileptische Anfälle bei Zuschauern auslöste. Es leiden nach Schätzungen etwa zwischen 0,3 bis 3 Prozent der Bevölkerung an fotosensibler Epilepsie, wobei besonders Jugendliche und unter diesen vor allem Mädchen betroffen sind, allerdings verschwinden diese Anfälle im Erwachsenenalter meist wieder. Seit dieser Zeit weiß man also, dass bestimmte flackernde Bilder in natürlicher Umgebung etwa beim Fernsehen oder Computerspielen Wirkungen auf Menschen mit fotosensibler Epilepsie haben, doch in einem Drittel der Fälle sind es auch unbewegte Bilder, die einen Anfall auslösen können. Hermes et al. (2017) haben entdeckt, dass Gamma-Wellen (Muster in der Gehirnaktivität im Frequenzbereich von über 30 Hertz) etwa dann auftreten, wenn empfindsame Menschen ein Bild mit breiten schwarzen und weißen Balken anschauen, wie sie etwa bei optischen Täuschungen zu finden sind, beim Blick auf Naturszenen oder weich gezeichnete Objekte treten diese Effekte hingegen nicht auftreten. Auch lassen sich Gamma-Wellen offenbar reduzieren, wenn die Kontraste gemildert werden, die Breite der Balken reduziert wird, das Muster vom Gitter zum Karo übergeht. Für Betroffene gilt es daher solche visuellen Muster zu vermeiden, da diese einen Kreislauf in Gang setzen, der übrigens auch bei gesunden Menschen Unbehagen, Migräne oder Anfälle auslösen kann.

    Epilepsie und Ekstase

    Bei Menschen mit eng umgrenzten epileptischen, ekstatischen Anfällen, die sich nachweislich auf die vordere Inselrinde auswirken, verstärkt sich das bewusste Erleben während der ekstatischen Auren. Diese Momente stellen dann nichts anderes als eine außergewöhnliche Intensivierung des Bewusstseins seiner selbst dar, eine in höchstem Maße unmittelbaren Empfindung seiner selbst. Während eines Anfalls sind Ich- und Körperpräsenz intensiver, wobei sich ekstatische Glücksgefühle mit spirituellem Anklang ausbreiten. Zudem gerät aber das Zeitgefühl durcheinander, denn die Betroffenen berichten von Déjà-vus und schwer zu beschreibenden Anomalien der Empfindung von Raum und Zeit. Solche Erlebnisse dauern einige Sekunden bis Minuten, führen dann zur Auflösung des Zeit- und Raumgefühls und münden schließlich in Bewusstlosigkeit. Eine solche ekstatisch-epileptische Episode geht mit ungewöhnlich starker Gehirnaktivität der vorderen Inselrinde einher, die zunächst ein intensiveres Selbst- und Körperbewusstsein hervorruft, bis ab einem bestimmten Grad der neuronalen Aktivierung schließlich die Wahrnehmung von Ich und Zeit zusammenbricht (Wittmann, 2014).

    Menschen mit einer Schläfenlappen-Epilepsie zeigen gehäuft „spirituelle Visionen“ während ihrer Anfälle, und tendieren auch in den langen Perioden zwischen den Anfällen zu tiefer Religiosität. Typisch für diese Form der Epilepsie ist das ungebremste Feuern spezieller Nervenzellen im Schläfenlappen, das mit Anmutungserlebnissen einhergeht. Oft treten dabei Déjà-vu-Erfahrungen auf, also der Eindruck, etwas schon einmal erlebt zu haben, obwohl das Ereignis erstmalig ist (Stangl, 2020).
    Im alten Irland wurde Epilepsie übrigens auch als Saint Paul’s disease – Krankheit des heiligen Paulus – bezeichnet, wobei dem Damaskus-Erlebnis von Paulus, bei dem ihm laut Bibel Christus erschienen ist (Apostelgeschichte 9, 3–9), ein epileptischer Anfall zugrunde liegen soll. Siehe unten: Historisches.

    Verbreitung der Epilepsie

    Mehr als 50 Millionen Menschen weltweit haben eine Epilepsie, ein Drittel davon sind Kinder. Die häufigsten Epilepsieformen bei Kindern sind idiopathische fokale Epilepsien, die ohne erkennbare Ursache auftreten und nur bestimmte Gehirnregionen betreffen. Etwa 10 Prozent aller Menschen weisen jedoch eine erhöhte Krampfbereitschaft auf, die sich teilweise im EEG nachweisen lässt, wobei 4–5 % aller Menschen einmal oder einige Male in ihrem Leben unter besonderen Umständen einen epileptischen Anfal erleiden, der sich in der Regel aber nicht wiederholt. Eine aktive krankheitswertige Epilepsie haben etwa 0,5–1 % der Bevölkerung. Epilepsie wirkt häufig stigmatisierend, da Anfälle ohne Warnung und mit angsteinflößenden und unangenehmen Symptomen einhergehen. Die Mechanismen, die zu Anfällen führen, sind noch nicht restlos aufgeklärt und die Heilungschancen haben sich in den letzten fünfzig Jahren nicht wesentlich verbessert. Wichtig ist, dass derartige Anfälle umfassend von einem Neurologen abgeklärt werden, insbesondere, wenn sie häufiger auftreten. Ob eine Therapie notwendig ist und wie lange diese fortgeführt werden muss, ist eine individuelle Entscheidung, die gemeinsam mit dem Arzt getroffen wird. Durch eine medikamentöse Behandlung mit Antiepileptika, Medikamenten die vor epileptischen Anfällen schützen, werden etwa drei Viertel aller von Epilepsie Betroffenen anfallsfrei.

    In der Therapie bewährt haben sich auch Vagus-Nerv-Stimulatoren, die seit etwa zwanzig Jahren zur Anwendung kommen, wobei weltweit rund hunderttausend Menschen schon damit leben. Das Gerät wird wie ein Herzschrittmacher unter dem Brustmuskel implantiert, eine Sonde führt dabei zum Nervus vagus in der linken Halssseite, dessen Stimulation dann in das Gehirn weitergeleitet wird. Häufig liegt bei Beginn eines Anfalls eine Steigerung der Herzfrequenz vor, die das Gerät erkennen kann, das daraufhin mit der Stimulation beginnt, sodass Anfälle frühzeitig verhindert beziehungsweise unterbrochen werden können.

    Nach einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung schätzt man, dass bei bis zu 25 Prozent der Patienten mit Krampfanfällen oder Bewusstseinsstörungen fälschlicherweise Epilepsie diagnostiziert wird. Der Grund dafür sei in der Regel eine falsche Interpretation der Hirnströme. Müller & Reuner  (2014) bestätigen die Einschätzung der Fachgesellschaft und verweisen auf Studien, die noch höhere Fehlerquoten ausmachen. Demnach könnten in bestimmten Zuweisungszentren sogar 30 bis 35 Prozent der Epilepsie-Diagnosen falsch sein. Eine Ursache der vielen Fehldiagnosen liegen in den mangelhaften Kenntnissen der Elektroenzephalographie-Veränderungen und der ungenügenden Erfahrung mit EEG-Auswertungen.

    Die Fortschritte in der Genomanalyse haben eine genauere Suche nach den gene­tischen Ursachen von epileptischen Erkrankungen ermöglicht, wobei neuere Studien zum Schluss kommen, dass spezielle Mutationen für den Rezeptor des Neuro­transmitters NMDA im Gehirn Epilepsien auslösen können. So spielen Funktionsstörungen von Ionenkanälen generell eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Epilepsien. Man untersuchte Menschen mit idiopathischer fokaler Epilepsie, wobei sich bei 7,5 Prozent der Erkrankten Veränderungen des Gens GRIN2A nachweisen ließen. Diese Veränderungen führen zu Störungen der Funktion eines wichtigen Ionenkanals im Gehirn, der die elektrische Erregbarkeit von Nervenzellen beeinflusst und somit vermehrte elektrische Entladungen im Gehirn und damit das Auftreten epileptischer Anfälle erklären könnte (vgl. Lemke et al., 2013). In einer neueren Studie untersuchte man die Erbinformationen von 356 Kindern, die an Epilepsien erkrankt waren, und vergliche deren Erbinformationen mit denen der Eltern, wobei man dabei de-novo-Mutationen als Ursache für die Epilepsien ausmachte.

    Medikamente können die Erkrankung nicht heilen, sie können jedoch dazu beitragen, die Häufigkeit von epileptischen Anfällen zu reduzieren, wobei diese Medikamente häufig starke Nebenwirkungen haben. Daher werden immer häufiger auch spezielle Diäten, cranielle Stimulationsverfahren und Operationen zur Therapie eingesetzt.

    Fasten bzw. ketogene Ernährung kann übrigens die Anfallsneigung von Epileptikern mindern, was bereits seit der Antike überliefert wird und früher medizinisch etabliert war. Versuche in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts zeigten, dass die ketogene Diät bei Kindern mit Epilepsie die Anfallsneigung deutlich senkt, sodass bis in die Siebzigerjahre die ketogene Ernährung eine Standardtherapie bei Epilepsie war, und noch heute nutzen Neurologen die Diät bei Menschen, deren Anfälle mit Medikamenten nicht in den Griff zu bekommen sind. Die ketogene Diät hat dabei eine doppelte Wirkung auf das Nervensystem, denn einerseits dienen die Stoffwechselprodukte, die die Leber bei geringer Versorgung mit Kohlenhydraten aus Fetten herstellt, dem Gehirn als alternative Energiequelle, andererseits beeinflussen sie auch direkt die Reizweiterleitung zwischen Nervenzellen. Ob diese Eigenschaften der Ketone aber auch ihre Wirkung erklären, ist bis heute nicht gesichert.

    Bessere Lokalisation bei neurochirurgischer Behandlung

    Bekanntlich ist bei Epilepsie schon die Diagnose oft schwierig, da epileptische Anfälle von den Betroffenen oft nicht bemerkt oder als solche erkannt werden. Bei einer Operation muss dabei die Region des Gehirns, in der die Anfälle entstehen, punktgenau bestimmt werden, damit Neurochirurgen das betreffende Gehirngewebe entfernen können, ohne wichtige Funktionen wie die Sprache, das Gedächtnis oder die Motorik der Betroffenen zu schädigen. Allerdings sind bei Menschen mit Epilepsie die normalen Funktionsbereiche individuell sehr verschieden angelegt und die als typisch geltenden Regionen des Gehirns haben sich bei ihnen oft verschoben. Bei manchen Betroffenen gelingt mit dem Oberflächen-EEG allein keine ausreichende Lokalisation der Anfallsursprungszone, sodass in einer Gehirnoperation intrakranielle Tiefenelektroden oder subdurale Elektroden implantiert werden müssen, die eine direkte und somit wesentlich genauere Messung der EEG-Signale von der Hirnoberfläche bzw. aus dem Gehirngewebe ermöglichen. Mit diesen Elektroden als elektronische Biomarker können die epileptischen Entladungen während eines Anfalls genauer registriert werden, und mithilfe kleiner Stromimpulse können auch wichtige Hirnfunktionen wie Motorik und Sprache exakt lokalisiert werden, sodass der neurochirurgische Eingriff präzise verortet werden kann. Da dabei zumeist über hundert intrakranielle Elektrodenkontakte implantiert werden müssen, sind die abgeleiteten EEG-Signale allerdings so komplex, dass für die Analyse mathematischen Modelle (Granger-Kausalität) angewendet werden müssen, um genau festzustellen, an welchen Elektroden der Anfall beginnt und wohin er sich fortsetzt, damit Ursache und Wirkung in zeitlicher Abfolge erkannt werden können. Mit einem solchen statistischen Modell können bessere Hypothesen darüber gebildet werden, wo die Anfälle entstehen, und somit die Erfolgschancen bei der Operation erhöht werden.

    Minimalinvasive Neurotechnologien sind übrigens entscheidende Ansätze, um personalisierte und wirksame Therapien anzubieten, bei der Elektroden durch ein Loch in der Schädeldecke eingeführt werden und sich in der rund ein Millimeter dicken Lücke zwischen Schädel und Hirnoberfläche entfalten können, ohne das Gehirn dabei zu beschädigen. Man musste dafür ein Entfaltungssystem entwickeln, das sanft genug ist, um das darunter liegende Gehirn nicht zusammenzudrücken oder zu beschädigen, und stark genug, um die Entfaltung in diesem engen Raum zu unterstützen. Die Elektrodenanordnung ähnelt dabei einem Gummihandschuh mit sechs Fingern, wobei jeder Finger des Handschuhs auf einer Seite mit Elektroden versehen ist. Um die Anordnung zu verstauen, werden die Finger in Richtung der Mitte der Anordnung auf ihre Innenseite gedreht, denn so können die Elektroden in einen Zylinder geladen, und durch ein Loch im Schädel zum Gehirn gebracht werden. Um die Elektroden zu entfalten, wird in jeden umgedrehten Finger eine Flüssigkeit eingefüllt, wodurch sich die Finger allmählich über dem Gehirn entfalten. Bisher wurde diese entfaltbare Elektrodennetzwerk erfolgreich in einem Minischwein getestet und versucht nun, diese Technologie für den Einsatz bei Menschen anzupassen und zu skalieren, um eine breitere Anwendung zu ermöglichen (Stangl, 2023).

    Obwohl intensive Forschungen schon seit einiger Zeit versuchen, ein eindeutig erfassbares Signal auszumachen, das als Initialzündung eines epileptischen Anfalls gewertet werden kann, war man bisher eher erfolglos. Eine neuere Studie zeigte nun, dass es noch schwieriger sein dürfte, ein Anfallsgeschehen vorherzusagen, als man bisher gedacht hat, denn man war immer davon ausgegangen, dass es einen Kipppunkt im Gehirngeschehen gibt. Eine Untersuchung an Betroffenen, die mittels implantierter Elektroden überwacht wurden, zeigte allerdings, dass es keine Verlangsamung des Systems (critical slowing down-Effekt) gibt, der üblicherweise vor einem Kipppunkt eintritt. Hingegen sind permanent andere Veränderungen zu finden, die wenig bis gar nichts mit einem Anfall zu tun haben. Die Entstehung eines epileptischen Anfalls hängt demnach vermutlich von vielen Faktoren ab, die äußerst individuell sein können. Möglicherweise sind es gar nicht die Hirnströme sondern Veränderungen am Herzschlag oder an der Atmung (Wilkat et al., 2019).

    Epilepsie bei Hunden

    Übrigens leiden auch etwa fünf Prozent aller Hunde an Epilepsie, wobei in Internet-Foren rund um den Hund über den Zusammenhang zwischen Impfungen und Krankheitsfällen spekuliert wird. Allerdings sind die Krankheitsfälle meist genetisch bedingt, denn Studien haben ergeben, dass sich die Krankheitshäufigkeit bei der Gesamthundepopulation seit Jahren nicht geändert hat, doch es gibt Rassen, bei denen Epilepsie besonders häufig auftritt wie Deutscher Schäferhund, Beagle, Golden Retriever, Berner Sennenhund, Boxer, Border Collie und Australian Sheperd. Bei manchen Rassen ist die Epilepsieanfälligkeit vermutlich eine Folge der fehlforcierten Hundezucht, da manche Züchter Hunde mit entsprechenden genetischen Dispositionen wieder besseren Wissen in ihrer Zucht belassen. Unbehandelt kann eine Epilepsie zu bleibenden Schäden bei Hunden führen, doch können Halter meist erkennen, wenn sich ein Anfall ankündigt, denn viele bemerken eine Verhaltensänderung. Ein epileptische Anfall kann sich dabei auf unterschiedliche Weise äußern: der Hund verdreht die Augen, er verliert Speichel, bellt panisch oder läuft unkontrolliert herum. Nachdem dem zeigen die Tiere oft Kraftlosigkeit und Erschöpfung. Halter sollten ein Verhaltens- und Therapietagebuch führen, sodass sie auf diese Weise bei regelmäßig auftretenden Anfällen besser einschätzen können, wie sie reagieren und ihren Hund beruhigen können. Auch bei Hunden ist Epilepsie unheilbar, doch mit Medikamenten können die Anfälle abgeschwächt und unterdrückt werden: Phenobarbital, Kaliumbromid und Imepitoin sind die aktuellen Mittel gegen Epilepsie bei Hunden, wobei betroffene Hunde individuell vom Tierarzt eingestellt werden müssen, was drei bis sechs Monate dauern kann. Dabei sind regelmäßige Blutuntersuchungen notwendig, um zu überprüfen, ob der Gehalt des verwendeten Medikamentes im Blut ausreichend ist. 20 bis 40 Prozent der epileptischen Hunde sind allerdings therapieresistent. Es gibt zwar einzelne Berichte, dass Hunde auf homöopathische Mittel ansprechen, doch dies beruht auf dem Placebo-Effekt. Hunde, die auf die medikamentöse Therapie ansprechen, haben die gleiche Lebenserwartung wie gesunde Hunde.

    Hundhalter sollten nach einem Bericht in der Zeitschrift vital auf folgende Zeichen achten:

    • Zu Beginn des Anfalls: Schon bevor der eigentliche Anfall geschieht, merken die Tiere, dass etwas nicht stimmt. Ein epileptischer Anfall kündigt sich oft durch Verhaltensänderungen an. Ihr Hund kann in der Phase vor dem eigentlichen Anfall bereits unruhig sein. Einige Hundefreunde mit betroffenen Tieren bemerken auch häufiges Lippenlecken, Urinieren oder Speicheln bei ihren felligen Gefährten, bevor sich ein Anfall entlädt. Aber auch Verhaltensänderungen wie starke Schutzbedürftigkeit, bei der die Tiere ihren Haltern und Halterinnen kaum noch von der Seite weichen, können auftreten. Einige Hunde suchen vor einem Anfall aber auch die Einsamkeit und ziehen sich in stille Ecken zurück. Beobachten Sie das Verhalten Ihres Hundes genau, wenn Sie vermuten, dass Ihre freundliche Fellnase unter Epilepsie leidet. Solche Verhaltensänderungen können Ihrem Tierarzt oder Tierärztin wertvolle Indizien bei der späteren Diagnose sein.
    • Während des Anfalls: Typischerweise treten epileptische Anfälle plötzlich auf. Während der massiven Energieentladung im Großhirn versteifen sich die Muskeln des Tieres. Epileptische Hunde fallen während einer Attacke mit steifen, ausgestreckten Beinen um. Sie verlieren das Bewusstsein und reagieren auch nicht mehr auf Kommandos. Bei schweren Krampfanfällen kann es auch zur Entleerung der Blase und des Darms kommen. Viele Hunde winseln unterbewusst und speicheln stark. In der Regel dauern epileptische Anfälle nicht sehr lang. Nach einigen Minuten sind die Krampfanfälle oft schon wieder vorbei.
    • Nach dem Anfall: Epileptische Anfälle sind enorm kräftezehrend. Die massiven und langanhaltenden Muskelkontraktionen und Verkrampfungen fordern den Hunden enorm viel Kraft ab. Die meisten Tiere sind nach Attacken entsprechend müde und abgeschlagen. Je nachdem wie schwer der Anfall war, wie lange er dauerte und wie die generelle Konstitution Ihres Hundes ist, können die Nachwirkungen schnell verflogen sein, oder aber noch stundenlang anhalten. Lange Nachwirkungen zeichnen sich durch Sehstörungen, Bewegungsdrang, unsicheren Gang oder starken Hunger und Durst aus.

    Historisches

    Bereits im Alten Reich Ägyptens und zur Zeit des babylonischen Königs Hammurabi war die Epilepsie bekannt und gefürchtet. Bei den Griechen galt die Epilepsie als „heilige Krankheit“, als „Besessensein von einer göttlichen Macht“, wobei ja der Begriff Epilepsie von dem griechischen Wort „epilambanein“ abstammt, das „packen, jemanden heftig ergreifen“ bedeutet. Hippokrates, der um 400 vor Christus lebte, war der erste, der die natürliche Ursache der Krankheit erkannte und sie mit einer gestörten Hirnfunktion in Verbindung brachte. In der Apostelgeschichte des Neuen Testaments wird auf das „Damaskus-Erlebnis“ verwiesen, wo von einer anfallartigen Attacke berichtet wird, der Saulus auf einer Reise nach Damaskus anheim fiel: „…Da umstrahlte ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Er fiel zu Boden und hörte eine Stimme, die ihm zurief: ‚Saul, Saul, warum verfolgst du mich?‘ …Saulus erhob sich vom Boden. Obwohl er aber die Augen aufschlug, sah er nichts … Er blieb drei Tage blind und aß und trank nicht.“ Der plötzliche Sturz, die zunächst reglose Position auf dem Boden und das anschließend selbständige Aufstehen Saulus‘ hatte schon vor Jahrhunderten dazugeführt, dass es sich dabei um einen großen epileptischen Anfall gehandelt hat. Bekanntlich führen solche Anfälle bis zur stunden- und tagelangen Blindheit. Auch in seinen Briefen gibt Paulus gelegentlich Hinweise auf eine körperliche Schwäche: „… Und ihr habt die Versuchung, die bei meinem körperlichen Zustand für euch bestand, wohl stark empfunden, aber doch nicht ausgespieen vor mir…“ In der Antike war es durchaus üblich, vor „Epileptikern“ auszuspucken – sei es aus Abscheu, sei es, um den vermuteten „Ansteckungsstoff“ abzuwehren (Epilepsie als „morbus insputatus„: Krankheit, vor der man ausspuckt). Im christlichen Mittelalter sah man die Epilepsie wieder als „Eingriff von oben“, als göttliche Strafe oder als dämonische Besessenheit an. Im 17. und 18. Jahrhundert erhielt die Epilepsie allmählich wieder ihren Stellenwert in der Reihe der übrigen Krankheiten, doch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelang es wissenschaftlich zu beweisen, dass die Epilepsie einen natürlichen Ursprung hat.


    Kurioses: Wäre die oft getätigte Aussage, dass nur zehn Prozent der Neuronen zur selben Zeit aktiv sind, wahr, dann müsste man sich in der Hirnforschung  auf ein besonderes Lernerlebnis fokussieren: den epileptische Schock. Genau das passiert mit dem Gehirn eines Menschen, wenn zu viele Neuronen auf einmal aktiv sind.


    Literatur

    http://de.wikipedia.org/wiki/Epilepsie (12-02-21)
    Fukunaga, I., Herb, J., Kollo, M., Boyden, E.S., & Schaefer A.T. (2014). Independent control of gamma and theta activity by distinct interneuron networks in the olfactory bulb. Nature Neuroscience, 17, 1208-1216.
    Hermes, D., Kasteleijn-Nolst Trenité, D. G. A. & Winawer, J. (2017). Gamma oscillations and photosensitive epilepsy. Current Biology, 27,  336–338.
    Lemke, J. R., et al. (2013). Mutations in GRIN2A cause idiopathic focal epilepsy with rolandic spikes. Nature Genetics, Online: doi: 10.1038/ng.2728.
    Masala, Nicola, Pofahl, Martin, Haubrich, André N, Islam, Khondker Ushna Sameen, Nikbakht, Negar, Pasdarnavab, Maryam, Bohmbach, Kirsten, Araki, Kunihiko, Kamali, Fateme, Henneberger, Christian, Golcuk, Kurtulus, Ewell, Laura A, Blaess, Sandra, Kelly, Tony & Beck, Heinz (2022). Targeting aberrant dendritic integration to treat cognitive comorbidities of epilepsy. Brain, doi:10.1093/brain/awac455.
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