Als exekutive Funktionen werden jene kognitiven Fähigkeiten zusammengefasst, mit denen man seine Gedanken kontrolliert und koordiniert. Dazu zählt in erster Linie das Arbeitsgedächtnis, das dafür zuständig ist, Informationen zu speichern, die für das Ausführen einer Aufgabe unmittelbar notwendig sind. Auch die kognitive Flexibilität zählt dazu, also die Fähigkeit, sich schnell auf neue Situationen einzustellen, verschiedene Sichtweisen einzunehmen und sich in andere hineinzuversetzen. Wenn bei Menschen etwa nach einem Unfall oder Schlaganfall die exekutiven Funktionen ausfallen, können sie meist auch die anderen betroffenen Fähigkeiten schlechter regenerieren, weil ihnen die Planung dafür schwer fällt.
Unter den exekutiven Funktionen versteht man in der Psychologie grundsätzlich all jene mentalen Prozesse höherer Ordnung, die einem Menschen planmässiges, zielgerichtetes und effektives Handeln ermöglichen, wobei diese u. a. Funktionen wie Antizipation, Planung, Handlungsinitiierung, Sequenzierung und Zielüberwachung, Koordinierung von Informationen und Prozessen, sowie kognitive Flexibilität wie die Umstellungsfähigkeit umfassen.
Die präfrontalen Gehirnregionen sind maßgeblich an der Umsetzung dieser kognitiven Fähigkeiten beteiligt, insbesondere der dorsolaterale präfrontale Cortex, der präfrontale ventromediale Cortex, der präfrontale orbitofrontale Cortex und der cinguläre Cortex. Bei der Entwicklung der exekutiven Funktionen fungiert der präfrontale Cortex als Steuerzentrale, indem er mit den zuvor entwickelten Gehirnteilen kommuniziert und dann aktiv wird, wenn keine automatisierten Abläufe, sondern bewusste Vorgänge nötig sind. Ab dem Alter von zwei bis drei Jahren beginnt sich das exekutive System beim Menschen schnell zu entwickeln, wobei es zwischen dem dritten und siebten Jahr besonders in den Bereichen der Inhibition und der kognitiven Flexibilität zu einem Anstieg der Fähigkeiten kommt. Kinder können in diesem Zeitraum immer besser Situationen und Personen aus unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen und beurteilen. Auch die emotionale Kontrolle verbessert sich bei Kindern ab drei Jahren deutlich. Die markanten Unterschiede im Verhalten eines Erwachsenen gegenüber dem eines Kindes liegen in der Entwicklung der exekutive Funktionen, die bei Kindern noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Der Entwicklungsprozess dauert bis Mitte Zwanzig an, wobei die mit den exekutiven Funktionen zusammenhängenden Fähigkeiten und Fertigkeiten individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können und auch von der Motivation und Intelligenz abhängen. Grundsätzlich können die exekutiven Funktionen aber mit Übung und kognitivem Training stimuliert und verbessert werden.
Schroeter et al. (2020) haben die untere Kreuzungsregion als jenes Hirnareal identifiziert, in denen beim Menschen die exekutiven Funktionen ablaufen, die für die Planung von Handlungen, das Lösen von Problemen und die Kontrolle von Emotionen notwendig sind, um das eigene Verhalten zu steuern. Zu den exekutiven Funktionen gehören auch die selektive Aufmerksamkeit und das Arbeitsgedächtnis, mit dem man Informationen behalten und manipulieren kann. In dieser Studie untersuchte man eine Frau mit einem dysexekutiven Syndrom, die nach mehreren Schlaganfälle unter einer Läsion im Stirnlappen der Großhirnrinde in beiden Gehirnhälften litt, wobei diese Läsion auf diese Region begrenzt war. Aus funktionellen MRT-Untersuchungen an Gesunden wusste man bereits, dass die untere Kreuzungsregion verstärkt aktiviert ist, wenn selektive Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis und die anderen exekutiven Funktionen gefordert sind. Durch diese Verletzung gelang es der Frau nicht mehr, grundlegende psychologische Tests zu bestehen, etwa einen Rundgang durch einen Zoo unter Beachtung verschiedener Vorgaben zu planen, oder den Stroop-Test zu absolvieren, der überprüft, wie gut jemand störende, unwichtige Reize ausblenden kann, um sich auf die eigentliche Aufgabe zu konzentrieren. Bei einem Vergleich mit den Daten zehntausender Teilnehmer von psychologischen Tests und den dabei aktivierten Hirnarealen bestätigte sich die untere Kreuzungsregion als Träger der exekutiven Funktionen.
Die exekutiven Funktionen sind auch an inhibitorischen Mechanismen beteiligt, d.h., sie helfen den Menschen, auf handlungsrelevante Informationen zu fokussieren, und hemmen der Handlungssituation unangemessene Reaktionen. Altersbedingte Beeinträchtigungen der exekutiven Funktionen äußern sich etwa in rein routinemässigem Handeln, Widerwillen gegen Veränderungen, reduzierter kognitiver Flexibilität und mangelnder Initiative und Aktivität.
Literatur
Schroeter, M. L., Eickhoff, S. B. & Engel, A. (2020). From correlational approaches to meta-analytical symptom reading in individual patients: Bilateral lesions in the inferior frontal junction specifically cause dysexecutive syndrome. Cortex, 128, 73-87.