Als emotionale Ansteckung bezeichnet die Psychologie jenes Phänomen, wenn Menschen Gefühle und Emotionen anderer übernehmen, d. h., Menschen lassen sich über den Emotionsausdruck eines Gegenübers sprichwörtlich anstecken. Ansteckung kann einerseits über einen Gefühlsausdruck wie zum Beispiel ein Lächeln oder auch über eine Geste passieren. Die Fähigkeit, die Gefühle anderer Menschen erkennen und benennen zu können, ist eine wichtige Komponente der emotionalen Kompetenz. Es ist unter einer entwicklungspsyychologischen Perspektive anzunehmen, dass sowohl die motorische Spiegelung des Emotionsausdrucks einer anderen Person im eigenen Gesichtsausdruck (Mimikry), als auch die als emotionale Ansteckung bezeichnete unwillkürliche Übernahme des affektiven Zustands einer anderen Person helfen sollen, die Emotionen anderer Menschen zu dekodieren. Daher unterscheiden sich Menschen auch darin, wie stark sie einen Emotionsausdruck anderer im eigenen Gesichtsausdruck spiegeln und sich von den Gefühlen eines anderen anstecken lassen.
Wenn Menschen jemanden beobachten, der Gefühle ausdrückt, dann werden im Gehirn nachweislich dieselben Regionen aktiviert, die genutzt werden, um selbst Gefühle auszudrücken. Neueste Studien an der Universität Graz, bei denen Probanden und Probandinnen Filme vorgespielt wurden, in denen eine Person zu sehen ist, die Emotionen ausdrückt, haben gezeigt, dass nicht nur die hinteren Areale des Gehirns für die Wahrnehmung der Gefühle anderer verantwortlich sind, sondern das Frontalhirn verarbeitet die emotionale Informationen schon, bevor sie Auswirkungen zeigen. Das Frontalhirn reguliert also die hereinkommende Information, übt also top-down-Kontrolle aus.
Emotionale Ansteckung wird auch als ein individualistischer Erklärungsansatz für kollektive Verhaltensweisen bemüht, wenn etwa in Massen im Sinne der Massenpsychologie von G. Le Bon Menschen durch emotionale Ansteckung irrational, hysterisch und führungsbedürftig werden.
Emotionale Ansteckung auch in sozialen Netzwerken
2014 hat Facebook ein Psychologie-Experiment (Kramer et al., (2014) mit 689.003 Nutzern durchgeführt und dabei deren Newsfeed manipuliert. Ziel des Experimentes war es, herauszufinden ob Emotionen wie Glück oder Depression über das soziale Netzwerk auf Nutzer übertragen werden können. Dafür wurde der Newsfeed-Algorithmus so manipuliert, dass eine Zeit lang eine außergewöhnlich niedrige Anzahl von entweder positiven oder negativen Postings angezeigt wurde.
In der Analyse von drei Millionen Postings und über 122 Millionen Wörtern zeigte sich, dass User, denen eine Zeit lang weniger positive Posts angezeigt wurden, sich dadurch beeinflussen ließen und selbst auch eher negative Beiträge produzierten. Dies funktionierte auch umgekehrt, denn wenn mehr Positives die User erreichte, posteten die Nutzer ebenso eher Freudiges.
Bisher wusste man zwar, dass sich emotionale Zustände im direkten Kontakt auf andere übertragen lassen, wobei sich nun zeigte, dass emotionale Ansteckung auch ohne direkte Interaktion zwischen Menschen funktioniert, dass sich also die emotionalen Zustände von Social-Media-Kontakten auf die eigenen Gefühle auswirken.
Die Hundeparabel
Zwei Hunde gingen nacheinander in denselben Raum. Einer kam mit freundlich wedelndem Schwanz heraus, der andere hingegen knurrend und mit grimmige Miene. Jemand hatte das beobachtet und ging in den Raum, um nachzuschauen, warum dieser Raum den einen so freundlich und den anderen so grimmig gestimmt hatte. In diesem Raum fand sich nichts außer zahlreichen Spiegeln. Offenbar hatte der fröhliche Hund viele andere glückliche Hunde gesehen, während der grimmige nur grimmig gestimmte vorgefunden hatte. Die Welt um Hunde ist offenbar nur ein Spiegelbild dessen, wie diese Hunde selber gestimmt sind.
Emotionale Ansteckung auch bei Tieren
Um erfolgreich und effizient in sozialen Gruppen zu leben, brauchen nach einer Untersuchung von Adriaense et al. (2019) nicht nur Menschen Informationen über die Emotionen der anderen, sondern auch Tiere, im konkreten Fall Raben. In einer Studie hatte man Daten über das Verhalten und die Reaktionen auf einen Test verwendet, der darauf ausgelegt war, den zugrunde liegenden emotionalen Zustand des Tieres zu verändern. Es konnte gezeigt werden, dass Raben, nachdem sie einen Artgenossen in einem negativen Zustand gesehen hatten, in negativ voreingenommener Weise eine Urteilsaufgabe lösten. Die Tiere benötigten im Schnitt bei der Aufgabe mehr Zeit, wenn sie vorher sichtlich frustrierte Kollegen beobachtet hatten, eine positive Stimmung übertrug sich dagegen nicht so sichtbar. Offenbar findet auch bei Raben Emotionsübertragung statt, doch vorwiegend in Bezug auf negative Ereignisse. Diese Ergebnisse deuten also auf eine negative emotionale Ansteckung bei Raben hin.
Siehe auch soziale Ansteckung.
Literatur
Adriaense, Jessie E. C., Martin, Jordan S., Schiestl, Martina, Lamm, Claus & Bugnyar, Thomas (2019). Negative emotional contagion and cognitive bias in common (Corvus corax). Proceedings of the National Academy of Sciences, doi:10.1073/pnas.1817066116.
Kramer, Adam D. I. , Guillory, Jamie E. & Hancock, Jeffrey T. (2014). Experimental evidence of massive-scale emotional contagion through social networks. PNAS 2014 : 1320040111v1-201320040.
Zombies entwickeln sich nicht, sie sind aus der evolutionären kette praktisch heraus gelöst. eine weitergabe von fähigkeiten durch ansteckung ist zwar ein denkbarer ansatz aber eher unwahrscheinlich da dies ein auf der DNA basierendes Gedächtnis der Spezies sein müsste. nun sind untote aber keine eigene spezies in diesem sinn und die entwicklung eines kollektiven DNA-Gedächtnisses ist nur in form von instiktiven handlungsweisen in unserem menschlichen bauplan vorhanden. eine weitergabe und ein evolutionärer ausbau dieser fähigkeiten ist dadurch ausgeschloissen.