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Tiefenpsychologie

    Die Tiefenpsychologie erforscht das Unbewusste, denn diese psychische Instanz steuert mit seinen psychischen Prozessen das menschliche Verhalten und Erleben, das oft mit hoher Dynamik ausgestattet ist, während die bewussten Bereiche nur eine Bruchteil dazu beisteuern. Zentral sind dabei verborgene Wünsche und Ängste, Triebe, Motive und die Verarbeitung von Konflikten.

    Je nach tiefenpsychologischer Richtung werden unterschiedliche seelische Antriebskräfte als Erklärungen herangezogen, wobei in beinahe allen tiefenpsychologischen Richtungen die Traumdeutung eine wichtige Rolle spielt, da diese als Brücke zum Unbewussten verstanden werden

    Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie basiert auf ähnlichen Grundannahmen wie die analytische Psychotherapie, ist aber für viele KlientInnen praktikabler. Wie die analytische Psychotherapie hält sie ungelöste innere und zwischenmenschliche Konflikte für die Ursachen von seelischen Erkrankungen und Symptomen, dauert jedoch in der Regel nicht so lange wie eine analytische Behandlung und will eher klar begrenzte Probleme lösen als die gesamte Lebensgeschichte aufzuarbeiten. Hinzu kommt, dass der Klient dem Therapeuten gegenübersitzt. Eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie kann aufgrund der vorgegebenen maximalen Frequenz, Stundenzahl und Beantragungsverfahren nur einen verhältnismäßig bewusstseinsnahen aktuellen Konflikt mit klarem Auslöser fokussiert und eingegrenzt bearbeiten, für alle anderen Problemstellungen gibt es die analytische Psychotherapie. Analytisch ausgebildete Therapeuten wenden hier unter der Bezeichnung tiefenpsychologisch fundiert meist psychoanalytische Kurzpsychotherapien wie die Fokaltherapie nach Balint oder die Analytische Psychotherapie nach Luborsky an, wofür in der Regel eine analytische Ausbildung vorhanden sein muss bzw. eine rein tiefenpsychologisch fundierte Ausbildung nicht ausreicht.

    Der Begriff  Tiefenpsychologie wurde von Eugen Bleuler eingeführt, wobei neben Sigmund Freud seine Schüler Alfred Adler und Carl Gustav Jung eigene Schulen, teilweise in Abwendung von den Grundlagen der Psychoanalyse Sigmund Freuds begründeten. Manchmal wird auch Viktor Frankl Logotherapie und Existenzanalyse als Tiefenpsychologie betrachtet.

    Da psychische Störungen durch vergangene Konflikte bedingt sind, stehen m Vordergrund der Therapie Aufdeckung und Auflösung dieser Konflikte sowie unbewusster Motive: Psychoanalyse (Freud), Analytische Therapie (Jung), Individualtherapie (Adler), Ich-Analyse (A. Freud), Fokaltherapie (Balint), Psychodrama (Moreno), Katathymes Bildererleben (Leuner), Transaktionsanalyse (Berne), Imago-Therapie (Hendrix).


    Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT), Georg Schäfer, beklagte in einem Interview die Verarmung der akademischen Lehre durch die Monokultur der Verhaltenstherapie. Die psychodynamischen Verfahren würden lustlos nach Lehrbuch abgehandelt, von Dozenten, die nur oberflächlich mit ihnen vertraut seien oder ihnen mit Skepsis begegneten. Es ist kein Geheimnis, dass insbesondere die Psychoanalyse unter Verhaltenstherapeuten viele Kritiker hat.

    Seit 2020 kann man in Deutschland Psychotherapie studieren, aber in der Praxis stimmt das nur zum Teil. Aus dem Spektrum der psychotherapeutischen Verfahren ist an den staatlichen Universitäten nur die Verhaltenstherapie prominent vertreten, während die psychodynamischen Verfahren, also die Systemtherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Psychoanalyse, aus dem Lehrbetrieb fast verschwunden sind. Einen einzigen Lehrstuhl gibt es in Deutschland noch für die Psychoanalyse (in Kassel), für die tiefenpsychologisch fundierte und die systemische Therapie sieht es kaum besser aus. Das ist umso schwerer zu verstehen, als die psychodynamischen Verfahren von Patienten stark nachgefragt werden (fast die Hälfte wählt diese Behandlungsart) und ihre Wirksamkeit unbestritten ist, was durch die Zulassung bei den Krankenkassen dokumentiert wird.

    Literatur

    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOTHERAPIE/ (10-04-15)
    Frankfurter Allgemeine von 26. April 2023


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