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Querschnittstudie

    Unter einer Querschnittstudie versteht man in die Psychologie eine Vorgehensweise, bei der zu einem Untersuchungszeitpunkt Probanden und Probandinnen verschiedener Altersstufen miteinander verglichen werden. In einer solche Studie werden also Stichproben aus verschiedenen Altersgruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt einmal untersucht, wobei Lebensalter bzw. die Zeit als unabhängige Variable definiert wird und die erfassten Werte als abhängige Variable erfasst werden. Unterschiede zwischen den Stichproben werden dann in der Interpretation auf Altersunterschiede zurückgeführt, obwohl hier eher von Zeitunterschieden gesprochen werden sollte, in denen die Merkmale erhoben worden sind. Im Querschnittdesign können somit etwa Altersunterschiede zweier Stichproben nicht ohne Weiteres auf zu Grunde liegende Entwicklungsprozesse zurückgeführt werden, da bei den verschiedenen Stichproben Kohorteneffekte vorliegen können. Die Querschnittsmethode kann dennoch sinnvoll sein um erste heuristische Anhaltspunkte über Entwicklungsphänomene zu erhalten, ohne gleich eine aufwendige Längsschnittuntersuchung zu machen, bzw. wenn es von der Fragestellung her darum geht, Unterschiede zwischen Altersstichproben zu einem bestimmten Zeitpunkt festzustellen.

    Vorteile der Querschnittmethode liegen vor allem darin, dass nur ein Erhebungszeitpunkt notwendig ist und die Zeitspanne zwischen dem Beginn der Untersuchung und dem Vorliegen der Ergebnisse recht kurz gehalten werden kann. Auch ist der Personalaufwand geringer, da nur zu einem Zeitpunkt eine aufwendige Datenerhebung stattfinden muss. Darüber hinaus ist es leichter, Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine einmalige Untersuchung zu gewinnen als für eine mehrmalige Erhebung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt (Tod der Stichprobe). Etwa 90% der entwicklungspsychologischen Studien verwenden nach Schätzungen diese konventionelle Querschnittmethode und interpretieren ihre Ergebnisse oft im Sinne einer Längsschnittstudie, was in manchen Fällen durchaus nicht gerechtfertigt ist.

    Ein Nachteil der Querschnittmethode ist vor allem, dass keine direkte Information über intraindividuelle Veränderungen und Entwicklungsverläufe gewonnen werden, denn eine durchschnittliche Kurve über das Alter hinweg kann sich aus einer Vielzahl individueller Verläufe zusammensetzen. Die Analyse von verschiedenen Verlaufstypen ist daher unmöglich. Auch sind Alters- und Generationsunterschiede nicht trennbar bzw. konfundiert, denn wenn Unterschiede zwischen den Altersstichproben auftreten, können sie sowohl auf Altersunterschiede als auch auf Generationsunterschiede zurückführbar sein. Wenn z.B. 6-jährige mit 12-jährigen verglichen werden, können die auftretenden Unterschiede möglicherweise lediglich auf Alterseffekte zurückgehen, es kann aber auch sein, dass sich mittlerweile die gesellschaftlichen Bedingungen oder die Bildungsbedingungen geändert haben. Die Unterschiede wären dann zu einem unbekannten Anteil auch durch die Änderung dieser Rahmenbedingungen erklärbar. Auch gelten die Ergebnisse zunächst nur für den jeweiligen Erhebungszeitpunkt, d.h., es bleibt fraglich, ob sie auch auf andere Zeitpunkte übertragbar sind. Möglicherweise sind aber auch die Altersstichproben nicht vergleichbar, was besonders dann problematisch ist, wenn selektive Veränderungen auftreten.


    Beispiel für eine solche Untersuchung: Ballarini, T. et al. (2021) wollten zeigen, dass eine mediterrane Ernährung Menschen mit hohem Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Krankheit vor einer Verschlechterung des Gedächtnisses und vor mediotemporaler Atrophie schützen könnte. Die Daten wurden unter Verwendung linearer Regressionsmodelle in einer Querschnittsstudie an Menschen mit normaler Kognition (n = 169) und Probanden mit höherem Risiko für die Alzheimer-Krankheit aufgrund des Vorhandenseins einer subjektiven (n = 209) oder leichten (n = 81) kognitiven Beeinträchtigung oder eines Verwandten mit der Erkrankung (n = 53) erhoben. Diese Erkenntnisse deuten also darauf hin, dass die mediterrane Ernährung ein protektiver, modifizierbarer Lebensstilfaktor gegen Alzheimer-bedingte Neurodegeneration und eine Verschlechterung des Gedächtnisses ist. Demnach könnten diätetische Interventionen helfen, die Alzheimer-Krankheit bei Risikopersonen zu verzögern.


    Siehe dazu im Vergleich die Längsschnittstudie.

    Literatur

    Ballarini, T. et al. (2021). Mediterranean Diet, Alzheimer Disease Biomarkers and Brain Atrophy in Old Age. Neurology, doi:10.1212/WNL.0000000000012067.
    Stangl, W. (2021). Begünstigt mediterrane Ernährung den Verlauf bei der Alzheimer-Krankheit? – Stangl notiert ….
    WWW: https://notiert.stangl-taller.at/grundlagenforschung/beguenstigt-mediterrane-ernaehrung-den-verlauf-bei-der-alzheimer-krankheit/ (2021-05-19).


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