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Anthropologie

    Die Anthropologie erforscht als Wissenschaft vom Menschen sowohl den modernen als auch den prähistorischen Menschen samt seiner Lebensweise, d. h., das Forschungsgebiet ist groß und sehr komplex und hat zahlreiche Berührungen zu Nachbardisziplinen wie Medizin, Soziologie, Pädagogik und Psychologie. Unterschiedliche Zweige der Anthropologie fokussieren daher auf unterschiedliche Aspekte des Menschen. Anthropologie als Lehrfach i.e.S. ist die vergleichende Biologie des Menschen, und hat die Aufgabe, die gruppenspezifische biologische Variabilität aller ausgestorbenen und gegenwärtigen Formen des Menschen zu untersuchen, die entwicklungsgeschichtlichen Beziehungen des Menschen zu nahestehenden Tierformen wie den Primaten zu klären und den Prozess der Menschwerdung zu rekonstruieren, aber auch die Erbstruktur und den Einfluss der verschiedenen natürlichen und gesellschaftlichen Umweltfaktoren zu erforschen, um einen Einblick in die Ursachen zu gewinnen, die zu diesen unterschiedlichen Ausprägungsformen des Menschen geführt haben. Anthropologische Untersuchungen bieten auch Ergebnisse für verschiedenste Anwendungsbereiche wie Industrie, Wirtschaft, Medizin, Pädagogik, Sport usw.

    Innerhalb dieser wissenschaftlichen Domänen gibt es spezielle Ausprägungen der Anthropologie: So beschäftigt sich die pädagogische Anthropologie mit dem Zusammenhang von Menschenbildern und ihren expliziten und impliziten Erziehungs- und Bildungsverhältnissen, will den Menschen von der Erziehung, Bildung und Sozialisation her verstehen und die pädagogischen Implikationen von Menschenbildern untersuchen. Methodisch geht sie dabei historisch-hermeneutisch, begrifflich-theoretisch, qualitativ-empirisch und kulturell-vergleichend vor. Pädagogische Menschenbilder enthalten deskriptive und vor allem normative Vorstellungen darüber, was der Mensch ist und was er aus sich machen kann und soll. Pädagogischen Menschenbildern kommen im pädagogischen Geschehen Deutungs-, Orientierungs- und Legitimierungsfunktionen zu, weil sie Zuschreibungen ermöglichen, Erwartungen strukturieren und erzieherische Maßnahmen legitimieren. Ohne anthropologisches Wissen lassen sich pädagogische Theorien und pädagogische Praxen nur unzureichend verstehen. Unter dieser Prämisse sind zentrale anthropologische Begriffe wie Raum, Zeit, Institution, Tod, Transzendenz, Körper, Technik oder Ökonomie pädagogisch zu erschließen.


    1. Definition
    Die Anthropologie (gr. Anthropos = Mensch und Logos = Lehre) bezeichnet die Lehre von der Natur  bzw. vom Wesen des Menschen. Dabei kann es um verschieden Wissensgebiete gehen. Während sich die philosophische Anthropologie mit einem umfassenden, einheitlichen Gesamtbild des Mensch  beschäftigt, werden in den naturwissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Fachdisziplinen auch bestimmte Aspekte und abgegrenzte Forschungsgebiete als Anthropologie bezeichnet.  Forschungsgebiete sind die biologische Anthropologie, welche sich speziell mit der Evolution des Menschen beschäftigt, die Sozialanthropologie oder die pädagogische Anthropologie (vgl. Pousset, 2010, S. 32 ff).
    2. Definition
    Gegenstand der pädagogischen Anthropologie ist der Mensch unter dem Gesichtspunkt seiner Bildsamkeit. Die Verbindung von Anthropologie und Pädagogik ist in deren sachlichen Verschränkungen begründet, da jede Pädagogik  Aussagen macht über die Voraussetzung der Erziehbarkeit im Menschen, die Erziehungsziele und über die Mittel, die eine Veränderung des Menschen in Richtung auf diese Ziele bewirken können. Sie enthält damit eine implizite Anthropologie, die es bewusst zu reflektieren gilt. Sie beinhaltet die empirische Erforschung des Menschen, die Erforschung des normativ wirkenden Menschenbildes und die Verschränkung beider, da nicht alle wirksamen Erziehungsmittel mit moralischen Überzeugungen vereinbar sind (vgl. Burkard/Weiß, 2008, S. 151).
    3. Definition
    „Spätestens seit Beginn des „pädagogischen Jahrhunderts“ (18. Jahrhundert) wird die pädagogische Anthropologie als Begründung und Rechtfertigung von Erziehung und Bildung verstanden. Die menschliche „Natur“ bedürfe des „kulturellen Überbaues“, damit der Mensch zum Menschen werde. Erziehung wird zur humanisierenden Kraft“ (Gudjons, 2008, S. 175).
    4. Definition
    „Heute versucht Anthropologie, die Geschichtlichkeit und Kulturalität ihrer Begriffe, Perspektiven und Methoden auf die Geschichtlichkeit und Kulturalität ihrer Gegenstände zu beziehen“  (Wulf, 2004, S. 9).
    Historische Anthropologie ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Haltung, mit der Fragen und Themen verschiedener Zeiten und Kulturen untersucht werden. Anthropologie beschäftigt sich mit mehreren Fachwissenschaften, wie der Erziehungs-, Geschichts-, Literatur- und Sprachwissenschaft, der Soziologie und Psychologie  (vgl. Wulf, 2004, S. 9).
    5. Definition
    Anthropologie kann als die Grunddisziplin der Philosophie aufgefasst werden, in der die wesentlichen Aspekte der menschlichen Natur bestimmt und dadurch die Grundzüge eines Systems philosophischer Erkenntnis festgelegt werden (vgl. Kant, 2008, S. 12).


    Der Begriff der Anthropologie geht zurück auf Magnus Hundt (1449-1519), deutscher Philosoph, Theologe und Arzt, der ihn 1501 erstmals gebrauchte. Das Verständnis vom Menschen der Antike und Spätantike ist von der römisch-griechischen Kultur geprägt. Für Aristoteles etwa ist die Frau ist eigentlich ein misslungener Mann, d. h., nur der Mann ist der richtige Mensch und daher ist das männliche Wesen dem schwächeren weiblichen von Natur aus überlegen. Bei den Römern untersteht die Ehefrau total dem Mann und muss ihm unbedingten Gehorsam leisten, sie kann sich aber im Gehorsam gegenüber dem Mann etwas freier bewegen als bei den Griechen. Im Judentum ist die untergeordnete Rolle der Frau gegenüber ihrem Mann durch den Schöpfungsbericht festgelegt, aus dem man ihre Unterordnung, Minderwertigkeit und ihre Verantwortung für den Sündenfall herauszulesen glaubt. Mitschuldig am negativen Frauenbild ist vor allem Augustinus, denn er wettert über die Frauen als minderwertig und dem Mann nicht ebenbürtig, denn die Frau ist die Ursache allen Übels, ist der Steigbügel Satans und dass Tor zur Hölle. Die Frau war also nicht nur die Verführte, sondern auch Verführerin. Daher kommt zu den frauenverachtenden Tendenzen der antiken Kulturen noch die Stigmatisierung dazu, die Frau sei Eingangstor und Ausgangspunkt des Bösen für die Menschheit, respektive für den Mann. Dies führte zu einer frauenverachtenden und frauenfeindlichen Grundtendenz in Kirche und Gesellschaft im Mittelalter und der frühen Neuzeit, teilweise bis hinein in die Moderne. Thomas von Aquin begründet die Daseinsberechtigung der Frauen, weil Männer keine Kinder bekommen können. Erst durch die allgemeinen Menschenrechte der Aufklärung wurde die Situation der Frau erneut zum Thema, denn nun proklamierte die Elite, vorangetrieben durch die Werte der Französischen Revolution und der sozialistischen Bewegung, die prinzipielle Gleichheit von Mann und Frau. Erst im Vatikanum II wurde die Gleichwertigkeit der Geschlechter endlich anerkannt (Buser, 2022).


    Literatur

    Buser, C. (2022). Frauen zwischen Mitarbeit und Ausschluss in der Kirche – eine kurze Betrachtung der kirchengeschichtlichen Situation.
    WWW: https://www.academia.edu/43044910/
    Pousset, R. (2010). Handwörterbuch für Erzieherinnen und Erzieher,  Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor GmbH &Co KG,
    Burkard, F., Weiß, A. (2008). Atlas Pädagogik, München: Deutscher Taschenbuch Verlag.
    Gudjons, H. (2008).  Pädagogisches Grundwissen, Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
    Wulf, Ch. (2004). Anthropologie, Geschichte, Kultur, Philosophie, Reinbeck bei Hamburg: Rowolth Taschenbuch-Verlag.
    Kant, I. (2008) Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, Stuttgart: Reclam.
    http://www.dgfe.de/sektionen-kommissionen/sektion-2-allgemeine-erziehungswissenschaft/kommission-paedagogische-anthropologie.html (14-08-22)


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