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Attribution

    Der Begriff Attribution oder Attribuierung bezeichnet in der Sozialpsychologie sowohl die subjektive als auch soziale Zuschreibung von Merkmalen wie Fähigkeiten oder Erfahrungen als auch die von angenommenen bzw. vermuteten Ursachen von Handlungen der eigenen Person oder anderer Menschen sowie die der Verursachung von realen äußeren Vorgängen und Situationen (Kausalattribuierung). Auch werden aus diesen Annahmen resultierende Konsequenzen und Wirkungen für das Erleben und Verhalten mit dem Begriff Attribution bezeichnet, wobei unterschiedliche Attributionen von realen Situationen als Wirklichkeitskonstrukte angesehen werden können und unterschiedliche Motivationen für künftiges Verhalten plausibel erscheinen lassen.

    Geprägt wurde der Begriff durch Fritz Heider, der sich dabei u. a. auf gestaltpsychologische Gedankengänge stützte und von einem Menschenbild des naiven Wissenschaftlers ausging, der seine Umwelt begreifen und kontrollieren möchte. Aus diesem Grund bildet jeder Mensch subjektive oder naive Erklärungen für beobachtete Effekte in seiner Umwelt, die sich auf zwei Dimensionen abbilden lassen: der Lokationsdimension und der Stabilitätsdimension. Auf der Lokationsdimension sind interne und externe Effekte zu finden, auf der Stabilitätsdimension hingegen wird beschrieben, ob die Effekte stabil oder variabel sind. Anstrengung etwa wird als intern und variabel erklärt, während Fähigkeiten als intern und stabil erklärt werden. Siehe dazu das Konzept des Attribuierungsstils von Weiner bzw. Rotter.

    Die Attribuierungstheorie (attribution theory) von Fritz Heider beschreibt daher eine Methode, wie Menschen das Verhalten von sich selbst und anderen Personen wahrnehmen, also kausale Erklärungen dafür bilden. In seinem Buch „The Psychology of Interpersonal Relations“, sagt Heider, dass dabei jedes Verhalten berücksichtigt wird, um es  entweder durch interne oder externe Faktoren zu erklären. Die Attributionstheorie legt dabei nahe, wie man das Verhalten eines Menschen erklärt, und zwar indem man die Verantwortung dafür entweder der Situation oder der Veranlagung des betreffenden Menschen zuschreibt.

    Der Begriff macht steht dem soziologischen Begriff der sozialen Zuschreibung nahe, der eine Ähnlichkeit der Mechanismen im interpersonalen Kontakt zu denen des gesellschaftlichen Umfelds beschreibt.


    Definition 1
    Als Attribution werden unmittelbare und unbewusste Zuschreibung von Eigenschaften, die sachlich nicht begründet sind bezeichnet. Wichtig sind in diesem Zusammenhang die subjektiven Vorstelllungen von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, Personen versuchen sich damit ihr eigenes Erleben oder Entwickeln von zwischenmenschlichen Beziehungen zu erklären (vgl. Tewes & Wildgrube, 1992, S. 30).
    Definition 2
    Eine Attribution ist der im Alltag gängige Vorgang des Erklärens eigen und fremden Verhaltens. Attribution ist eine Tendenz, sämtliche beobachtete Ereignisse auf grundlegende Ursachen (Motive, Umwelteinflüsse u.a.) zurückzuführen“ (vgl. Arnold, Eyseneck & Meili, 1980, S. 169).
    Definition 3
    Attribution ist der Vorgang der intuitiven Alltagserklärungen für menschliches Handeln. Ziel von Attributionen ist es, die soziale Umgebung verstehbar, vorhersehbar und kontrollierbar zu machen (vgl. Meyer & Försterling, 2006, S. 46).
    Definition 4
    Attributionen bezeichnet Zuschreibungen. Kausalattributionen identifizieren die Ursachen für eingetretene Ergebnisse. Wenn man Personen mit Eigenschaftsbegriffen beschreibt, ihnen bestimmte Handlungsmotive oder Absichten zuschreibt, geschieht das über Attributionen. Attributionen haben einen epistemischen Status, denn die Merkmale sind nicht direkt beobachtet, sondern erschlossen (vgl. Grau & Bierhofer, 2003, S. 378).
    Definition 5
    „Warum handelt er so, wie er es gerade tut? Das ist die Frage nach der Zuschreibung von Verhaltensursachen, nach der Klausalattribution. Auch hier entwickeln Menschen im Laufe ihres Lebens naive Theorien, nach denen sie sich erklären, wodurch andere zu bestimmten Verhaltensweisen oder Handlungen veranlasst wurden“ (Wagner, Hinz, Rasch & Becker, 2009, S. 186).


    Attribuierungen des menschlichen Verhaltens auf Grund der genetischen Ausstattung sind nicht zuletzt durch die zahlreichen Forschungsanstrengungen in dieser Domäne häufiger geworden. Während genetische Attributionen für das Verhalten meist als relevant für die Beurteilung der Verantwortlichkeit der Betroffenen angesehen werden, ist noch unklar, ob nicht auch Urteile über die Verantwortlichkeit selbst Auswirkungen auf genetische Attributionen haben können. In mehreren Studien (Lebowitz et al., (2019) sahen Probanden Menschen, die sich prosozial oder unsozial verhalten, und bewerteten dabei das Ausmaß, in dem sie glaubten, dass die Genetik eine Rolle bei der Entstehung des konkreten Verhaltens spielen könnte. Dabei wurde asoziales Verhalten konsequent weniger genetisch attribuiert als prosoziales Verhalten, und zwar unabhängig davon, ob in den Situationen genetische Erklärungen explizit angegeben oder widerlegt worden waren. Benimmt sich also jemand anständig, halten das viele Menschen zum wesentlichen Teil als Ergebnis seiner Gene, die für das gute Handeln verantwortlich sind. Vermutlich resultiert diese Asymmetrie aus dem Wunsch der Menschen, Übeltäter für ihr Handeln verantwortlich zu machen. Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass diejenigen, die den Einfluss genetischer Erklärungen auf die Bewertung beispielsweise asozialen Verhaltens untersuchen oder nutzen wollen, überlegen sollten, ob solche Erklärungen überhaupt akzeptiert werden.

    Literatur

    Arnold, W., Eysenck, H. J. & Meili, R. (1980). Lexikon der Psychologie. Basel: Herder Verlag.
    Grau, I. & Bierhofer, H. W. (2003). Sozialpsychologie der Partnerschaft. Berlin: Springer-Verlag.
    WWW: http://books.google.at/books?id=iiyEn7ZPF0EC&pg=PA377&dq=Attribution+sozialpsychologie (10-10-30)
    Hartung, J. (2006). Sozialpsychologie. Stuttgart: W. Kohlhammer Druckerei.
    WWW: http://books.google.at/books?id=yj5L_081BE4C&pg=PA46&dq=Attribution+sozialpsychologie (10-10-30)
    Lebowitz, Matthew S., Tabb, Kathryn & Appelbaum, Paul S. (2019). Asymmetrical genetic attributions for prosocial versus antisocial behaviour. Nature Human Behaviour, doi:10.1038/s41562-019-0651-1.
    Tewes, U. & Wildgrube, K. (1992). Psychologie-Lexikon. München: Oldenbourg Verlag.
    Wagner, R., Hinz, A., Rausch, A. & Becker, B. (2009). Modul Pädagogische Psychologie. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
    WWW: http://books.google.at/books?id=3EmBwC0YWPkC&pg=PA186&dq=Attribution+sozialpsychologie (10-10-30)


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