obstruktive Schlafapnoe

Die obstruktive Schlafapnoe ist eine Form der Schlafstörung, bei der  es während des Schlafs zu wiederholten Verlegungen der oberen Atemwege durch den erschlafften Zungengrund (Obstruktion = Verengung, Verlegung) kommt. Da dadurch der Luftstrom blockiert wird, findet eine forcierte Zwerchfell- und Brustatmung statt, bis der Widerstand dieses Strömungshindernisses überwunden wird bzw. eine Weckreaktion (arousal) stattfindet. Dadurch kommt es unter in der Regel sehr lauten Schnarchgeräuschen zum vorübergehenden Einstrom von Atemluft, bis eine erneute Atemwegsverlegung stattfindet. Da Betroffene oft einen fragmentierten Schlaf haben, sodass ihre Atmung immer wieder unterbrochen wird, steigt durch die Senkung des Sauerstoffgehalts im Blut das Risiko von Herz-Kreislauf-Problemen und Gemüts- und Gedächtnisstörungen.

Rund 30 Prozent dieser Insomnien sind organisch bedingt, 70 Prozent haben eher psychische Ursachen, wobei etwa zwei Prozent der Frauen und vier Prozent der Männer  unter einem behandlungsbedürftigem Schlafapnoesyndrom leiden: Atemaussetzer von mindestens zehn Sekunden aufgrund einer Einengung der muskulären Anteile der oberen Atemwege in Verbindung mit Schnarchen.

Eine aktuelle Studie zeigte, dass obstruktive Schlafapnoe mit Veränderungen in Gehirnregionen verbunden ist, die für das Gedächtnis relevant sind (National Institute on Aging & American Academy of Sleep Medicine Foundation, 2025). Insbesondere wurde festgestellt, dass niedrige Sauerstoffsättigungen während des REM-Schlafs mit einer erhöhten Anzahl sogenannter weißer Substanzhyperintensitäten korrelieren – Schäden an kleinen Blutgefäßen, die auf Gehirnscans sichtbar werden. Diese Veränderungen stehen im Zusammenhang mit einer Reduktion des Hippocampus und des entorhinalen Cortex, zwei für das Gedächtnis zentrale Strukturen, sowie mit einer verminderten Gedächtnisleistung. Die Ergebnisse basieren auf einer Untersuchung von 37 älteren Erwachsenen und deuten darauf hin, dass Schlafapnoe ein Risikofaktor für kognitive Beeinträchtigungen und möglicherweise auch Alzheimer sein könnte. Die Autoren betonen, dass zwar kein kausaler Zusammenhang nachgewiesen wurde, jedoch die kritische Rolle des REM-Schlafs und der Sauerstoffversorgung im Gehirn hervorgehoben wird. Eine Sauerstoffsättigung unter 90 % erwies sich als besonders problematisch.

In einer Studie (Delhikar et al., 2019) wurde die Beziehung zwischen obstruktiver Schlafapnoe und autobiografischem Gedächtnis untersucht. Es zeigte sich, dass bei Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe wichtige autobiografische Ereignisse nicht mit spezifischen Details verbunden und nicht mit den dazugehörigen emotionalen Eindrücken erinnert werden.

Ein Vergleich des semantischen Gedächtnisses mit dem episodischen Gedächtnis zeigte auch, dass das episodische Gedächtnis von Menschen mit Schlafapnoe intakt bleibt, während ihr semantisches Gedächtnis beeinträchtigt wird. Diese Studie legt also nahe, dass obstruktive Schlafapnoe die Fähigkeit des Gehirns beeinträchtigen kann, bestimmte Arten von Lebenserinnerungen zu kodieren oder zu konsolidieren, sodass es den Menschen schwerfällt, sich an Details aus der Vergangenheit zu erinnern. Gehirnscans von Menschen mit Schlafapnoe zeigen außerdem, dass in Regionen, die sich mit dem autobiografischen Gedächtnisareal überschneiden, ein erheblicher Verlust an grauer Substanz auftritt.

Menschen, die an obstruktiver Schlafapnoe (OSA) leiden, weisen auch ein erhöhtes Risiko für einen kognitiven Abbau auf. Eine Forschergruppe vom College of Medicine and Health der Universität Birmingham untersuchten das Demenzrisiko von Menschen mit und ohne OSA in einer kontrollierten, offenen Kohortenstudie. Als Basis diente die nationale britische Datenbank Clinical Practice Research Datalink. Knapp 200.000 Personen mit OSA und mehr als eine halbe Million ohne OSA wurden mittels Propensity Score Matching miteinander verglichen. Im Fokus der Untersuchung standen die Demenz jeglicher Ursache, vaskuläre Demenz und Morbus Alzheimer. In einem medianen Follow-up von vier Jahren betrugen die Inzidenzraten für Demenz insgesamt in der OSA-Gruppe 2,47 pro 1.000 und in der Kontrollgruppe 2,34 pro 1.000 Personenjahre. Die OSA war mit einem signifikant erhöhten Risiko für Demenz jeglicher Ursache (adjustierte Hazard Ratio, aHR, 1,12) und für vaskuläre Demenz (aHR 1,29) assoziiert. Für das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung ergaben sich hingegen keine signifikanten Zusammenhänge (aHR 1,07).
Eine detaillierte Analyse verschiedener Subgruppen ergab, dass bei Frauen keine signifikante Assoziation zwischen OSA und Demenz jeglicher Ursache besteht, was man darauf zurückführt, dass die Schlafapnoe bei Frauen häufig unentdeckt bleibt. Auch bei Patientinnen und Patienten mit OSA, die mittels CPAP-Beatmung behandelt wurden, konnte keine Unterscheidung in Bezug auf das Demenzrisiko im Vergleich zu den Kontrollen festgestellt werden. Die Studie betont die Relevanz von OSA als einen unabhängigen Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenz, insbesondere in Bezug auf die vaskuläre Form, und unterstreicht die geschlechterspezifische Ausprägung dieses Zusammenhangs. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass sich die Gefahr durch eine CPAP-Therapie reduzieren lässt. Man empfiehlt daher, OSA-Betroffene über dieses Risiko zu informieren und ihnen gegebenenfalls Screenings zur Kognition anzubieten.

Schnarchen kann besonders bei Kindern gefährlich sein, denn durch die Atemunregelmäßigkeiten entsteht Druck auf die Lunge, sodass sich dadurch die rechte Herzseite vergrößern kann. In einer Studie hat sich auch gezeigt, dass Kinder, die häufig schnarchen, Verhaltensauffälligkeiten wie Tagesmüdigkeit zeigen. Isaiah et al. (2021) untersuchten die Beziehung zwischen Symptomen einer obstruktiven schlafbezogenen Atmungsstörung wie Schnarchen und kindlichen Verhaltensproblemen, die auf strukturelle Veränderungen des Gehirns zurückzuführen sein könnten, im Speziellen die Beziehungen zwischen Apnoe-Symptomen, Problemverhalten und der Gehirnmorphometrie an über zehntausend Präadoleszenten. Sie konnten in ihrer Analyse zeigen, dass die Symptome mit speziellen Verhaltensmaßen und morphometrischen Veränderungen im Gehirn einhergehen, besonders im Frontallappen, wobei die Beziehungen zwischen oSDB-Symptomen und Verhaltensmessungen signifikant kleinere Volumina mehrerer Frontallappenregionen betreffen. Zwar ist aus solchen korrelativen Studien keine Kausalität ableitbar, doch es ist plausibel, dass die immer wieder unterbrochene Sauerstoffversorgung das kindliche Gehirn und seine Entwicklung beeinträchtigt. Die Gehirne sind dabei auf ähnliche Weise verändert wie bei Kindern, die unter einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung leiden. Eltern sollten, wenn ein Kind öfter als dreimal die Woche schnarcht, das bei einem Arzt abklären lassen.

Literatur

Delhikar, N., Sommers, L., Rayner, G., Schembri, R., Robinson, S., Wilson, S., & Jackson, M. (2019). Autobiographical Memory From Different Life Stages in Individuals With Obstructive Sleep Apnea. Journal of the International Neuropsychological Society, 1-9. doi:10.1017/S1355617718001091.
Isaiah, A., Ernst, T., Cloak, C.C., Clark, D. B.; Chang, L. (2021). Relationship between obstructive sleep disordered breathing and childhood behavioral problems is mediated by frontal lobe structure. Nature Communications, doi:10.15154/1520518.
Wang, J., Subramanian, A., Cockburn, N., Xiao, J., Nirantharakumar, K. & Haroon, S. (2024). Obstructive sleep apnoea syndrome and future risk of dementia among individuals managed in UK general practice. Thorax. Advance online publication. https://doi.org/10.1136/thorax-2024-221810


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1 Gedanke zu „obstruktive Schlafapnoe“

  1. Schauen wir uns den Bereich zwischen Nase und Kehlkopf genauer an: Die Nase hat ein Knochengerüst und geht selten zu. Der Kehlkopf und die Luftröhre haben ein Knorpelskelett. Aber dazwischen gibt es diese Stützstrukturen nicht. Und trotzdem bekommen wir alle gut Luft. Erst wenn wir schlafen, fangen wir an zu schnarchen. Der Unterschied zwischen Wach und Schlaf ist, das die Muskelspannung, die den Sog beim Einatmen tagsüber spielend ausgleicht, beim Schlafen nachlässt. Dadurch wird es im Rachenbereich enger und wir schnarchen. Das ist zunächst harmlos. Aber es kann sein, dass der Luftweg völlig zusammenfällt und wir dadurch Atempausen haben. Wir sprechen hier von einer Obstruktion, einem Kollaps, also der obstruktiven Schlafapnoe.
    Quelle: Prof. Thomas Verse, Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung im Asklepios Klinikum in Hamburg Harburg (Hamburger Morgenpost vom 20. September 2021).

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