Die Psychologie definiert eine Gruppe als eine Anordnung von mehr als zwei Menschen, die längere Zeit miteinander interagieren, sich wechselseitig beeinflussen, ein gemeinsames Ziel verfolgen und sich als „Wir“ wahrnehmen. Gruppen besitzen bestimmte Gruppenstrukturen und spezifische Werte sowie Verhaltensnormen. Seit Jahrtausenden existieren Gruppen, wobei in allen Kulturen Gruppen natürlich entstanden und zerfallen sind, sich entwickelten oder stagnierten. Gruppen waren und sind so selbstverständlich geworden, dass es den WissenschafterInnen, die sich ihrer Erforschung widmen wollten, manchmal schwer fällt, sie als Gruppe überhaupt auszumachen. Die gesellschaftlichen Veränderungen brachten aber die vertrauten und traditionellen Gruppen wie die Familie, Dorfgemeinden, Religionsgemeinschaften usw. ins Wanken, und die Zusammenballung von vielen Menschen auf kleinstem Raum ließ neue Gruppen und Gruppierungen entstehen. Diese gesellschaftlichen Veränderungen ermöglichten erst die Forschungsfrage zu stellen: Was ist eine Gruppe? Es wurde vor allem in den Sozialwissenschaften der Versuch unternommen, Einteilungen vorzunehmen bzw. Abgrenzungen, um den Forschungsbereich Gruppe in den Griff zu bekommen. Zunächst erfolgte eine Unterscheidung von Primär- und Sekundärgruppen: Primärgruppen sind dabei Gemeinschaften von überschaubarer Größe und gekennzeichnet durch persönliche Verbindung und Zusammenarbeit. Die Individuen empfinden die Primärgruppe als gemeinsames Ganzes und setzen sich für die Aufgaben und Ziele der Gruppe ein. Es kommt zu einer wechselseitigen Identifizierung und damit zu einem „Wir-Gefühl“. Sekundärgruppen hingegen sind gekennzeichnet durch indirekte Beziehungen und ein nur unscharfes Bewusstsein der Zusammengehörigkeit. Für das Individuum sind Sekundärgruppen nicht mehr überschaubar und Kommunikation verläuft indirekt, d. h., sie ist meist institutionell oder sachlich vermittelt. Das Hauptinteresse der Kleingruppenforschung in der Psychologie und eine Hauptkategorie gruppendynamischer Untersuchungen sind dabei die Primärgruppen.
In der Regel entwickeln sich Gruppen in einem mehrstufigen Prozess der Gruppenbildung. Die Formierungsphase ist durch das gegenseitige Kennenlernen geprägt, wobei Gemeinsamkeiten ausgelotet werden und man sich über die zu erreichende Ziele austauscht. Kommt es dabei zu unterschiedlichen Vorstellungen, so geht die Formierungsphase in eine anschließende Konfliktphase über, in der diese anfänglichen Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt werden, damit sich in einer nächsten Phase eine gefestigte Gruppenstruktur entwickeln kann. In der Normierungsphase werden die Rollen verteilt und gemeinsame Ziele, Normen sowie Sanktionen für Normüberschreitungen festgelegt. Durch die zunehmend stärkere Identifikation mit der Gruppe steigt das „Wir-Gefühl“, sodass die gesetzten Ziele in der Leistungsphase in Angriff genommen werden können.
Siehe dazu im Detail die Phasen der Gruppenbildung.
Literatur
Stangl, W. (2003). Gruppenphasen.
WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/Anfangsprobleme.shtml (03-02-21)
Tuckman, B. (1965). Developmental Sequence in Small Groups. Psychological Bulletin, 63, 384-399.