Der Cortex, genauer der Cortex cerebri oder die Großhirnrinde, ist die äußere, an Nervenzellen reiche Schicht des Großhirns. Die Großhirnrinde ist je nach Areal nur 2 bis 5 Millimeter dick und ist ein Teil der grauen Substanz des Großhirns. Der Neocortex ist jener Teil der Großhirnrinde von Säugetieren, der für die kognitiven Fähigkeiten und komplexen Verhaltensweisen entscheidend ist.
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts legte der deutsche Mediziner Korbinian Brodmann Schnitte menschlichen Gehirngewebes unter sein Mikroskop, um den Aufbau der Großhirnrinde zu untersuchen. Diese äußere Schicht grauer Substanz ist für den überwiegenden Teil des menschlichen Wahrnehmens, Denkens und Erinnerns zuständig. Brodmann unterteilte die Hirnrinde in mehrere Dutzend Areale, wobei er sich an ihrer Gestalt orientierte sowie daran, wie die Zellen in den verschiedenen Regionen nach Färbung mit unterschiedlichen Farbstoffen aussahen.
Die umfangreichen kognitiven Fähigkeiten des Menschen basieren also auf dem relativ großen Gehirn, insbesondere der Größe des Neocortex, die sich im Lauf der Evolution unter anderem durch die vermehrte Bildung und Vernetzung von Nervenzellen entwickelt haben. Experimente haben schon gezeigt, dass bestimmte Mutationen die Gehirnentwicklung beeinflussen, indem sie während der Entwicklung des Neocortex die Bildung von Nervenzellen aus Vorläuferzellen dadurch fördern, indem sie die Vermehrung anstoßen. Untersuchungen haben nun gezeigt, dass möglicherweise eine kleine Mutation im Erbgut des Menschen dieses verstärkte Hirnwachstum ermöglicht. Florio et al. (2016) haben festgestellt, dass das Gen ARHGAP11B die Vermehrung der Vorläuferzellen im Neocortex natürlicherweise ankurbelt, wobei dieses Gen nur beim Menschen vorkommt und in dessen Abstammungslinie rund eine Million Jahre nach der Abspaltung vom Schimpansen auftauchte und durch eine teilweise Verdoppelung des Gens ARHGAP11A entstanden ist. Auf der Suche nach der Ursache für diesen Unterschied stellte man fest, dass der Boten-RNA von ARHGAP11B 55 Bausteine fehlen. Zwar sind diese Bausteine in der DNA-Sequenz des Gens durchaus noch vorhanden und gehen erst während der Bildung der Boten-RNA verloren, wobei eine einzigen veränderte Base der Gensequenz dafür verantwortlich zeichnet, indem sie als molekulare Schere die 55 Bausteine aus der entstehenden Boten-RNA entfernt. Eine Urversion des Gens ARHGAP11B ohne die Mutation produzierte im Experiment eine Boten-RNA, die die 55 Nukleotide enthielt und dementsprechend eine ähnliche Proteinaktivität wie die Normalvariante des Gens, kurbelte aber nicht die Vermehrung der neuronalen Vorläuferzellen an. Diese Fähigkeit ist also nicht durch die Genverdoppelung vor rund fünf Millionen Jahren zustande gekommen ist, sondern muss jünger sein und erst die spätere Punktmutation hat die Vergrößerung des Neocortex ermöglicht.
Details dazu im Aufbau des Gehirns.
Literatur
Florio, Marta, Namba, Takashi, Pääbo, Svante, Hiller, Michael & Huttner, Wieland B. (2016). A single splice site mutation in human-specific ARHGAP11B causes basal progenitor amplification. Science Advances, 12, doi: 10.1126/sciadv.1601941.