Intentional Forgetting – absichtliches Vergessen – bezeichnet aus psychologischer Sicht den absichtlichen Prozess, bei dem Menschen bestimmte Informationen gezielt aus dem Gedächtnis unterdrücken oder vergessen. Dabei handelt es sich nicht um ein passives Vergessen, wie es etwa durch Zeitverlauf oder Interferenzen geschieht, sondern um eine aktive, willentliche Regulation des Erinnerns. Beim Intentional Forgetting geht es also um das bewusste Schwächen von Gedächtnisinhalten, um deren Abruf zu unterdrücken. Anders als das klassische Vergessen durch Zeit oder Inaktivität geht es hier darum, kognitiv zu entscheiden, etwas nicht mehr hervorzuholen. In Organisationen wie im persönlichen Lernen bedeutet das letztlich, Reize und Kontexte, die Altes triggern, müssen gezielt entfernt werden.
Zwei zentrale experimentelle Paradigmen, mit denen dieser Prozess untersucht wird, sind das Directed Forgetting und das Retrieval-Induced Forgetting. Beim Directed Forgetting werden München explizit dazu aufgefordert, bestimmte Inhalte zu vergessen – entweder einzeln (item-based) oder in Form ganzer Listen (list-based). Studien zeigen, dass solche Instruktionen tatsächlich die spätere Erinnerung an diese Inhalte beeinträchtigen können, was auf kognitive Kontrollmechanismen schließen lässt. Beim Retrieval-Induced Forgetting hingegen führt das gezielte Erinnern bestimmter Informationen dazu, dass verwandte, aber nicht abgerufene Informationen geschwächt werden. Beide Mechanismen deuten darauf hin, dass Gedächtnisprozesse durch exekutive Funktionen des Gehirns steuerbar sind und dass Menschen in der Lage sind, Erinnerungen nicht nur abzurufen, sondern auch zu hemmen. Dies ist besonders relevant in emotionalen oder traumabezogenen Kontexten, in denen das Vergessen belastender Inhalte funktional sein kann.
Neurowissenschaftliche Studien belegen, dass Regionen wie der präfrontale Cortex und der Hippocampus bei intentionalem Vergessen eine zentrale Rolle spielen. Die Forschung zu diesem Thema zeigt, dass das menschliche Gedächtnis nicht nur speichert, sondern auch selektiv löscht, also ein Vorgang, der sowohl kognitive Effizienz als auch emotionale Regulation fördern kann.
Literatur
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