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Inequity Aversion

    Inequity Aversion, also die Abneigung gegen Ungleichheit, ist ein wichtiges Konzept in der Verhaltensökonomie und Psychologie. Es beschreibt die Reaktion von Menschen auf wahrgenommene Ungerechtigkeit oder ungleiche Verteilung von Ressourcen, Belohnungen oder Chancen. Diese Abneigung gegen Ungleichheit zeigt sich sowohl auf kognitiver als auch auf emotionaler Ebene.

    Es gibt zwei Hauptformen der Inequity Aversion: Distributive Inequity Aversion und Procedural Inequity Aversion. Distributive Inequity Aversion bezeichnet das Unbehagen, das Menschen empfinden, wenn sie selbst im Vergleich zu anderen benachteiligt sind oder wenn sie sehen, dass andere mehr erhalten, ohne es verdient zu haben. Procedural Inequity Aversion bezieht sich auf das Unbehagen, das entsteht, wenn der Prozess der Ressourcenzuteilung oder Belohnung als unfair oder intransparent wahrgenommen wird, auch wenn das Ergebnis an sich nicht unbedingt ungleich ist.

    Diese Aversion gegen Ungleichheit spielt eine wichtige Rolle in vielen sozialen und wirtschaftlichen Kontexten. Sie beeinflusst das Verhalten in Gruppenarbeit, die Wahrnehmung von Gerechtigkeit am Arbeitsplatz und Verhandlungsprozesse. Auch in Experimenten der Verhaltensökonomie zeigt sich, dass Menschen oft bereit sind, auf eigene Vorteile zu verzichten, um Ungleichheit zu verringern oder um fair behandelt zu werden. Die Bedeutung von Inequity Aversion liegt darin, dass sie ein zentraler Faktor für menschliches Sozialverhalten ist. Sie trägt dazu bei, dass Menschen Ungleichbehandlung und unfaire Prozesse ablehnen und stattdessen auf Fairness und Gleichberechtigung in der Gesellschaft drängen. Gleichzeitig kann diese Aversion gegen Ungleichheit aber auch zu Interessenskonflikten und Spannungen führen, wenn die individuellen Vorstellungen von Gerechtigkeit auseinandergehen. Daher ist ein besseres Verständnis von Inequity Aversion wichtig, um Wege zu finden, Ungleichheit abzubauen und soziale Kohäsion zu fördern.

    Untersucht wurde dieses Phänomen vor allem mit dem „Ultimatum-Spiel“. Dabei geht es um einen Verhandlungsprozess zwischen zwei Personen, bei dem eine Person (der Anbieter) einen bestimmten Geldbetrag vorschlägt, den die andere Person (der Empfänger) entweder annehmen oder ablehnen kann. Wenn der Empfänger das Angebot als unfair empfindet – also wenn der Anteil, den er selbst erhalten soll, zu gering erscheint -, lehnt er es oft ab, auch wenn dies bedeutet, dass am Ende beide Parteien leer ausgehen. Das geschieht, obwohl es für den Empfänger eigentlich rational wäre, das Angebot anzunehmen, da er dann zumindest einen Teil des Geldes bekommen würde.

    Die Ablehnung eines als unfair empfundenen Angebots zeigt, dass Menschen bei solchen Entscheidungen nicht nur die reine Nutzenmaximierung, sondern auch Aspekte wie Fairness und Gerechtigkeit berücksichtigen. Das Ultimatum-Spiel ist daher ein bekanntes Beispiel dafür, wie soziale Präferenzen und Emotionen unser ökonomisches Verhalten beeinflussen können. Forscher haben das Ultimatum-Spiel in vielen Studien untersucht, um mehr über die Motivationen und Verhaltensweisen von Menschen in Verhandlungssituationen zu lernen. Es liefert wichtige Erkenntnisse für Bereiche wie Verhaltensökonomie, Spieltheorie und Konfliktmanagement.

    Inequity Aversion auf den Menschen beschränkt

    Eine umfangreiche Meta-Analyse von Ritov et al. (2024) hat die Frage untersucht, ob nicht-menschliche Tiere eine Aversion gegen Ungerechtigkeit (Inequity Aversion, IA) zeigen. Die Studie analysierte Daten aus 23 früheren Studien mit insgesamt 60.430 Beobachtungen bei 18 verschiedenen Tierarten. Entgegen früherer Annahmen und kleinerer Studien fanden die Forscher keine Belege für IA bei nicht-menschlichen Tieren. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der tief verwurzelte Sinn für Fairness und die damit verbundene Eifersucht möglicherweise einzigartig menschliche Eigenschaften sind. Die Autoren argumentieren, dass frühere Studien, die IA bei Tieren zu beobachten glaubten, möglicherweise unter methodischen Problemen litten, einschließlich kleiner Stichprobengrößen und Schwierigkeiten bei der Replikation. Stattdessen interpretieren sie das beobachtete Verhalten bei Tieren als Reaktion auf unerfüllte Erwartungen gegenüber Menschen, nicht als Protest gegen Ungleichheit zwischen Artgenossen.

    Literatur

    Ritov, O., Völter, C. J., Raihani, N. J. & Engelmann, J. M. (2024). No evidence for inequity aversion in non-human animals: a meta-analysis of accept/reject paradigms. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 291, doi:10.1098/rspb.2024.1452.
    Stangl, W. (2024, 14. Dezember). Doch keine Eifersucht bei Tieren? Psychologie-News.
    https:// psychologie-news.stangl.eu/5514/doch-keine-eifersucht-bei-tieren.

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