Unter sensiblen Phasen in der kindlichen Entwicklung versteht Maria Montessori gewisse Empfänglichkeitsperioden, in denen innerhalb kürzester Zeit ein großes Lernvolumen ohne große Mühe bewältigt wird. Am offensichtlichsten ist hier die Sprache, denn nie wieder im Leben kann eine Sprache so schnell und perfekt und ohne spezielles Zutun gelernt werden, wie innerhalb der ersten Lebensjahre.
Diese inneren Empfänglichkeitsperioden bestimmen, was aus der Umwelt aufgenommen wird. Sobald eine solche sensible Phase beginnt, scheint es so, als ob ein Lichtstrahl von dieser ausgehen würde, der nur das beleuchtet, was dafür von Bedeutung ist, während alles andere im Dunkeln bleibt. Diese selektive Wahrnehmung bzw. Fokussierung ermöglicht dem Kind, sich ganz seiner inneren Entwicklungsarbeit zu widmen. Nicht nur, dass das Kind jetzt das lebhafte Bedürfnis empfindet, sich in bestimmte Situationen zu versetzen und bestimmte Dinge um sich zu haben, sondern es entwickelt auch eine besondere und einzigartige Fähigkeit, diese Elemente seinem seelischen Wachstum dienstbar zu machen. Solche Phasen sind aber meist nur vorübergehender Natur und erlöschen, sobald eine konkrete Fertigkeit erlernt ist. Insgesamt ist wohl das frühkindliche Erlernen der Sprache ine der größten Errungenschaften des Menschen, wobei diese sensible Phase für Sprache schon beginnt, ehe ein Kind zu sprechen anfängt. Zu dieser sensiblen Phase der Sprache gehört auch das Auslauten der Worte mit 4 bis 5 Jahren, wobei die Sprache hier wieder in ihre Einzelheiten zerlegt und somit die Voraussetzung für die schriftliche Sprache geschaffen wird.
Literatur
Montessori, Maria (1967). Grundgedanken der Montessoripädagogik. Freiburg: Herder.
Montessori, Maria (1996). Grundlagen meiner Pädagogik. Wiesbaden: Quelle & Meyer.