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Gender Mainstreaming

    Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen. Sie bekommen nichts.
    Simone de Beauvoir

    Um die soziale Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft zu realisieren, wird der Ansatz der Gleichstellung oder gender mainstreaming angewendet. Jedes Projekt, jede Massnahme sollte so konzipiert werden, dass sowohl Frauen wie auch Männer gleichen Nutzen ziehen können und deren Gleichstellung gefördert wird. In Verbindung mit spezifischen Projekten zur Förderung von jungen Frauen ist gender mainstreaming eine Strategie, um Geschlechtergleichheit zu erreichen.

    1955 hatte der Psychologe John Money die Unterscheidung von «gender» und «sex», also zwischen sozialem und biologischem Geschlecht, vorgeschlagen, wobei vor allem Feministinnen dieses Modell attraktiv fanden, denn einerseits negierte es die biologischen Differenzen zwischen Männern und Frauen nicht, und ebenso wenig auch einen gewissen Zusammenhang zwischen biologischem und sozialem Geschlecht, anderseits trug es der prägenden Macht gesellschaftlich determinierter Rollenbilder Rechnung, ohne aber die Hoffnung auszublenden, dass diese Rollen durch sozialen, politischen und wirtschaftlichen Wandel aufgeweicht werden und damit Frauen wie Männern neue Möglichkeiten schenken könnten. In der Folge wurde die Rolle der Biologie bei der Herausbildung der Persönlichkeit zunehmend heruntergespielt, während die Bedeutung kultureller und gesellschaftlicher Prägungen in den Vordergrund rückte. Dahinter steht die Überzeugung, dass Unterschiede zwischen Knaben und Mädchen bzw. Männern und Frauen nicht naturbedingt oder gottgegeben sind, sondern auch das Resultat einer entsprechenden Sozialisierung.

    Gender Mainstreaming für Bildungsinstitutionen wie die Schule bedeutet, alle politischen Massnahmen auf ihre potenzielle Wirkung für beide Geschlechter zu durchforsten und nur dann zu realisieren, wenn sie zur Gleichstellung der Geschlechter beiträgt. Gender Mainstreaming in der Schulentwicklung erfordert daher eine Form von Bildungspolitik, dass die Bedeutung von Geschlecht eine relevante Frage für mögliche Veränderungen ist. Am Beginn ist zu prüfen, inwieweit Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern im Bildungssystem vorliegen. Das ist etwa an der Teilhabe von Frauen an höheren Bildungslaufbahnen sowie an Leistungsdifferenzen zwischen Mädchen und Buben in der Lesekompetenz, in Mathematik und in den Naturwissenschaften zu untersuchen. Schulentwicklung sollte in diesem Falle also dazu dienen, erkannte Missstände oder erwünschte Veränderungen in der Planung umzusetzen, um insgesamt eine verbesserte Schulqualität zu erreichen. Daher ist der Abbau von Geschlechterungleichheiten im Sinne des Gender Mainstreaming ein wichtiges Kriterium für Schulqualität.


    Hier noch einige in der Gender-Diskussion verwendete Abkürzungen:

    FLINTA*: Frauen, Lesben, Inter, Non-binary, Trans, Agender, * steht für alle, die sich in der Bezeichnung in keinem der Buchstaben wiederfinden und in unserer patriarchalen Mehrheitsgesellschaft marginalisiert werden. Sprich: nicht cis-hetero-männlich sind.

    TERF: Trans-Exclusionary Radical Feminism(Trans-ausschließender Radikalfeminismus)

    SWERF: Sex Worker Exclusionary Radical Feminism (Sexarbeiterinnen ausschließender Radikalfeminismus)

    FARTs: Feminism-Appropriating Reactionary Transphobes


    Persönliche Anmerkung: Unter (absichtlicher?) Verkennung der Problematik ist es vor allem die katholische Kirche, die versucht, diese Bewegung zu mehr Gleichberechtigung von Mann und Frau zu dämonisieren und bezeichnet die Genderproblematik als Ideologie, was natürlich Unsinn ist. Dabei wird neben anderen Schwachsinnigkeiten auch immer wieder versucht, die Homosexualität als Sünde oder Ergebnis einer Dämonisierung eines Menschen durch den Satan hinzustellen. Leider lassen sich auch manche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vor diesen ideologischen Karren einer Anti-Genderideologie spannen, dass ein sonst seriöser Biologe sich zu Aussagen wie „Gender-Ideologie widerspricht der Biologie des Menschen“ hinreißen lässt, die er dann unter Verbiegung jeglicher Logik auch noch verteidigt, obwohl er wissen müsste, dass es neben dem biologischen auch ein psychologisches und ein soziales Geschlecht gibt. Es ist aber letztlich nicht überraschend und psychologisch gut erklärbar, warum ein Männerbündnis, wie es die katholische Kirche nun einmal darstellt, eine maskuline und frauenfeindliche Ideologie so vehement hochhält. Die Stigmatisierung wissenschaftlicher Geschlechterforschung als „Gender-Ideologie“ durch die römisch- katholische Kirche stellt daher nicht nur eine Diskursverweigerung dar, die eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Vielzahl von ‚Gender Studies'“ unmöglich macht, sondern hindert die römisch-katholische Kirche daran, diejenigen Strukturen zu hinterfragen, die den sexuellen Missbrauch begünstigen (Marschütz, 2014).


    Gender bedeutet nichts anderes, dass Menschen über ein ausgeprägtes Geschlechtsstereotyp verfügen, ein kulturell geprägtes Meinungssystem über Eigenarten der beiden Geschlechter, das von früh an ihre Erwartungen prägt und dadurch ihre Wahrnehmung beeinflusst.

    1. Definion

    „Eine erziehungswissenschaftlich gestützte inhaltliche Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen, Gender Mainstreaming und geschlechtstypischen Sozialisationsprozessen vom Kindesalter bis hin zum Erwachsensein gehört zur pädagogischen Professionalisierung. Um sich dem Erziehungsziel „Geschlechterdemokratie“ zu nähern, sollten alle Institutionen der Lehrer(innen)bildung im Sinne von Gender Mainstreaming verpflichtet werden, frauen- und geschlechterrelevante Themen in die Studienpläne aufzunehmen“ (Hackl & Neuweg, 2004, S. 60).

    2. Definition
    Gender Mainstreaming ist ein neues Prinzip der Organisationsentwicklung, das für den öffentlichen Sektor mit dem Amsterdamer Vertrag verbindlich geworden ist und im privatwirtschaftlichen Bereich bereits seit längerem angewendet wird. Es besteht darin, dass alle an politischer Gestaltung beteiligten Akteurinnen und Akteure die Perspektive der Gleichstellung der Geschlechter in allen Ebenen und Stufen eingliedern. Indem die Schulen das Prinzip des Gender Mainstreaming in ihr organisationales Denken und Handeln integrieren, können sie von den gestärkten Leistungsstrukturen profitieren (vgl. Kahlert, 2003, S. 9).

    3. Definition
    Gender Mainstreaming erweitert den Blick auf das Gemeinsame. Grunddimensionen von Gender Mainstreaming in der Jugendhilfe ist die Gerechtigkeit zwischen Geschlechtern, Differenz zwischen Geschlechtern und Gemeinsames der Geschlechter  (vgl. Bentheim & Winter, 2004, S. 23).

    4. Definition
    Gender Mainstreaming ist die Verbindung von fachlichem geschlechterbezogenem Wissen mit persönlichen geschlechterbezogenen Kompetenzen unter der Zielsetzung einer Erweiterung der Optionen für beide Geschlechter und der Veränderung der Geschlechterbeziehungen hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern (vgl. Kunert-Zier, 2005, S. 284).

    5. Definition
    Gender Mainstreaming könnte man so umschreiben, dass das Geschlecht in den Hauptstrom gesellschaftlicher Entscheidungsprozesse eingebunden wird (vgl. Faller, 2004, S. 14).


    Literatur

    Bentheim, A. & Winter, R. (2004). Gender Mainstreaming und Jungenarbeit. Weinheim und München: Juventa Verlag.
    Faller, A. (2004). Perspektiven einer geschlechtergeregelten Pädagogik. Norderstedt Germany: GRIN Verlag.
    Hackl, B. & Neuweg, G. H. (2004). Zur Professionalisierung pädagogischen Handelns. Münster: LIT Verlag.
    Kahlert, H. (2003). Gender Mainstreaming an Hochschulen. Anleitung zum qualitätsbewussten Handeln. Opladen: Leske & Budrich.
    Kunert-Zier, M. (2005). Erziehung der Geschlechter. Entwicklungen, Konzepte und Genderkompetenz in sozialpädagogischen Feldern. Wiesbaden: VS Verlag für Sozailwissenschaften / GWV Fachverlage GmbH.
    URL: http://books.google.com/ Begriff der Buchsuche: Gender Mainstreaming Gleichstellung der Geschlechter Pädagogik
    Marschütz, Gerhard (2014). Wachstumspotential für die eigene Lehre. Herder Korrespondenz, 68, 457-462.
    Meyer, K. (2013). Wider Natur und Schöpfungsordnung? NZZ vom 18. Dezember.


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