Der Hawthorne-Effekt beschreibt den verzerrender Einfluss bei experimentellen Untersuchungen, bei denen nicht die durchgeführte experimentelle Manipulation sich auf die abhängigen Variablen auswirkt, sondern allein die Tatsache, dass eine Untersuchung durchgeführt wird. Konkret wurden in einer Produktionsanlage der Western Electric Company von Elton Mayo, Fritz Jules Roethlisberger und William John Dickson Untersuchungen durchgeführt, die sich mit der Frage beschäftigten, welche Effekte technische und physische Merkmale auf die Arbeitsleistung besitzen. Dabei gingen die Forscher von der Annahme aus, dass soziale Faktoren keinerlei Einfluss auf die Produktivität besitzt. Bei den bekannten Beleuchtungsexperimenten wurden Arbeiterinnen separiert und die Lichtstärke immer mehr verringert, wobei deren Leistungskurve erst abfiel, als sich die Sichtverhältnisse so verschlechterten, dass die Mitarbeiterinnen nach Gedächtnis und Gefühl arbeiten mussten. Die Produktivität stieg dabei sowohl in der Versuchsgruppe als auch in der Kontrollgruppe mit gleichbleibender Beleuchtung, war also unabhängig von den Lichtbedingungen. In weiteren Untersuchungen konnten diese Ergebnisse bestätigt werden bzw. es zeigte sich, dass vor allem informelle Beziehungen am Arbeitsplatz eine wesentliche Rolle spielen.
Die Hawthorne-Studien begründeten den Anfang der Human-Relations-Bewegung, denn sie zeigten deutlich, dass auch der Arbeitsplatz ein soziales System ist, bei dem MitarbeiterInnen nicht nur als Individuen sondern als Teil einer Gruppe agieren. Die Produktivität von MitarbeiterInnen hängt unter Umständen wesentlich mehr von den Arbeitsnormen der jeweiligen Gruppe als bloß von der individuellen Leistungsfähigkeit ab. Das Verhalten von MitarbeiterInnen wird wesentlich von nicht ökonomischen Bedingungen gesteuert und nicht allein von ökonomischen Anreizen. Bei der Festlegung und Durchsetzung von Standards für die Produktion spielen informelle FührerInnen eine größere Rolle als formelle Führer wie Vorgesetzte, Meister oder Abteilungsleiter. Die Einbindung von informellen Führern in Entscheidungsprozesse stellt eine wichtige Erkenntnis aus den Hawthorne-Studien dar, die auch generell die Bedeutung von Führung zeigten, denn durch eine erhöhte Partizipation der MitarbeiterInnen im Entscheidungsprozess und durch einem demokratischen Führungsstil konnte eine erhöhte Produktivität erreicht werden.
Man hat übrigens den Hawthorne-Effekt auch beim Stromverbrauch privater Haushalte nachweisen können. In einer Studie wurde eine Gruppe amerikanischer Haushalte mit einer Postkarte darüber informiert, dass in wenigen Tagen eine Untersuchung über den Stromverbrauch ihres Haushaltes beginnen wird, wobei die Studie keine aktive Mithilfe der Teilnehmer erfordere, sondern dass nur der Verbrauch erfasst werde. Im Untersuchungsmonat erhielten diese Haushalte wöchentlich eine weitere Postkarte, in der sie an die Studie erinnert wurde. Eine vergleichbare Gruppe von Haushalten wurde nicht über die laufende Untersuchung informiert. Bei den nicht informierten Haushalten veränderte sich nichts im Stromverbrauch, doch in jenen, die regelmäßig Postkarten erhalten hatten, sank der Verbrauch um durchschnittlich 2,7 Prozent. Dieser Effekt verschwand in den Folgemonaten wieder, sodass man vermuten kann, dass die Information über die Studie das Verhalten der Betroffenen verändert hatte, etwa indem die Menschen bewusster auf ihren Energieverbrauch achteten (Schwartz et al., 2013).
1.Definition
Die Tatsache, dass die den Versuchspersonen während der Untersuchung zuteil gewordene Aufmerksamkeit auch bei Verschlechterung der äußeren Arbeitsbedingungen zu höherer Arbeitsleistung führte, wurde als Hawthorne-Effekt (auch Western-Electric-Effekt) bekannt (Brockhaus, 2006, Band 12, S. 150).
2. Definition
Die Untersuchung von Elton Mayo und seinen Mitarbeitern (ROETHLISBERGER/DICKSON, 1964) in den Hawthorne-Werken brachten die Erkenntnis zutage, dass keineswegs der Lohnanreiz alleine das Verhalten der Arbeiter bestimmt. Die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen als „subjektiver Faktor“ wurde hervorgehoben. Die Führungskraft wurde angehalten, sich auch um die persönlichen Belange der Untergebenen zu kümmern. Arbeitsgruppen sollten nach Sympathiebeziehungen gebildet werden, um die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen und auf diesem Wege auch eine Produktivitätssteigerung zu erreichen. Die „informale Organisation“ als Netz persönlicher Beziehungen sollte genutzt werden, um ohne wesentliche Veränderungen Konflikte zu lösen und Leistungssteigerungen zu ermöglichen (vgl. Asanger & Wenninger, 1980, S. 309).
3. Definition
Ob man es strahlend hell machte oder auf schummeriges Mondlicht drosselte, die Produktivität stieg. Als die Forscher nicht weiter kamen, wandten sie sich an die Arbeiter selbst und fragten sie, ob sie sich das erklären konnten! Sie sagten nämlich, die freuten sich, dass Wissenschaftler ihnen so viel Aufmerksamkeit schenkten, und da wollten sie auch zeigen, was sie können. „Der >>Hawthorne-Effekt<< war entdeckt!“(zit. nach Abels, 2009, S.191)
4. Definition
Der Hawthorne-Effekt ist allgemein weniger bekannt und unterliegt somit auch keiner missverständlichen Interpretation. Er ist nach einer nordamerikanischen Industrieanlage benannt, in der über mehrere Jahre unterschiedliche Variablen überprüft wurden, die vor allem von Mayo (1933) zusammenfassend dargestellt sind. In der ersten Phase (1924-1927) ging es um physikalische, in der zweiten um die sozialen Einflüsse auf das Leistungsverhalten von Arbeitern (vgl. Bausch, Christ, Königs & Krumm, 2000, S. 219).
5. Definition
Der Hawthorne-Effekt bedeutet, dass alleine die Beteiligung an Studien zu einer positiven Rückkopplung führt (vgl. Gams, Korbmacher, Schipke & Sunderdiek, 2005, S.452).
Die Hawthorne-Studie ist eines der berühmtesten Beispiele in der Psychologie, wie die Art eines Experiments den Ausgang beeinflusst. In einem zweiten Experiment wurde ein Teil der Frauen separat untergebracht, hatten günstigere Arbeitszeiten, bekamen mehr Lohn, die Manager waren freundlich zu ihnen. Daraufhin stieg die Produktivität dieser Gruppe um etwa 30 Prozent, wobei man seither darüber diskutiert, ob das eher auf den besseren Lohn oder den menschlicheren Umgang mit den Arbeiterinnen zurückzuführen war – oder auf beides.
Literatur
Abels, H. (2009). Einführung in die Soziologie, Band1: Der Blick auf die Gesellschaft. Wiesbaden: GWV Fachverlage GmbH.
Asanger, R. & Wenninger, G. (1980). Handwörterbuch der Psychologie. Basel: Beltz.
Brockhaus (2006). Leipzig: Bibliographisches Instiut & F.A. Brockhaus AG.
Gams, E., Korbmacher, B., Schipke, J.D. & Sunderdiek, U. (2005). Forschung in der Herzchirurgie. In M.G. Krukemeyer & H. Spiegl (Hrsg.), Chirurgische Forschung (S. 452-484). Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG.
Schiffler, L. (2000). Der Placebo- und Hawthorne-Effekt in der Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden und Lernenden untereinander. In K. Bausch, H. Christ, F. Königs & H. Krumm (Hrsg.), Interaktion im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen (S. 218-225). Tübingen: Narr.
Schwartz, Daniel, Fischhoff, Baruch, Krishnamurti, Tamar & Sowell, Fallaw (2013). The Hawthorne effect and energy awareness. doi: 10.1073/pnas.1301687110.